Archiv

Ernährung
5,40 Euro reichen für ein gesundes Schulessen

Zu wenig Gemüse und Fisch, zu viel Fleisch: Was den gut drei Millionen Kindern und Jugendlichen in der Schulkantine täglich aufgetischt wird, entspricht nur selten den Standards für gesunde Ernährung. Eine Studie zeigt jetzt: Nur vier Cent mehr pro Gericht könnten das ändern.

Von Katharina Hamberger |
    Schüler eines Gymnasiums in Baden-Württemberg beim Mittagessen - ein Studie bemängelt das Schulessen in Deutschland.
    Für Schulessen - wie etwa in diesem Gymnasium in Baden Württemberg - gelten die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (dpa / picture-alliance / Franziska Kraufmann)
    Zwei Fragen lagen der Studie zugrunde, die das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Auftrag gegeben hat: Bundesernährungsministerin Julia Klöckner: "Und jetzt war es uns wichtig herauszufinden, wie sieht denn das Schulessen speziell aus und stimmt es denn, dass wenn man nach sogenannten DGE Standards kocht und Essen anbietet, dass es dann unbezahlbar wird?" So die Ministerin heute bei der Vorstellung der Studie.

    Klöckner: "Ich selbst bin Mitglied im Kreistag von Bad Kreuznach, krieg natürlich die Debatte von Schulträgern auch mit, wenn es um die Frage geht, ja, ihr könnt gut darüber reden, dass etwas gesund sein muss, aber können wir das dann überhaupt zahlen? Und das haben wir untersuchen lassen."
    Das Ergebnis dieser Studie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu Kosten- und Preisstrukturen in der Schulverpflegung, kurz KuPS, ließ auch Klöckner staunen: "Die Studie hat zum einen ergeben, dass mit nur vier Cent pro Schulessen - es geht immer um den Durchschnitt, das will ich vorab sagen- aber dass mit rund vier Cent mehr wir die DGE-Standards einhalten können."
    Qualitätsstandards gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung vor
    Diese Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für Schulverpflegung geben unter anderem vor, welche Nahrungsmittel wie oft beim Essen in der Schule verwendet werden sollen, damit die Ernährung ausgewogen ist - zum Beispiel jeden Tag Gemüse, am besten saisonal und im Schnitt nur zweimal die Woche Fleisch. Aber auch, dass es nur alle vier Wochen das gleiche Menü geben sollte.
    Um diese einzuhalten, würde es laut der Studie ausreichen, statt 5,36 Euro 5,40 Euro pro Essen auszugeben - vorausgesetzt, es wird vor Ort gekocht, es werden sowohl tierische als auch pflanzliche Lebensmittel verwendet, sogenannte Mischkost, und es werden im Schnitt 200 Essen ausgegeben.
    Zur Unterstützung hat sich Ernährungsministerin Klöckner den Bundesgesundheitsminister zur Vorstellung der Studie dazu geholt. Dieser verweist auf die Auswirkungen ungesunder Ernährung. So sei Übergewicht weit verbreitet in Deutschland, sagt Jens Spahn:
    "Zweidrittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland sind übergewichtig oder stark übergewichtig, auch ein hoher Anteil von Kindern, 15 Prozent aller Jugendlichen und Kinder sind bereits betroffen."
    Wichtige Frage: Wer zahlt die vier Cent mehr?
    Zudem verweist Spahn auf Folgekrankheiten. So sei Altersdiabetes bei Jugendlichen bereits eine häufig vorkommende Erkrankung, die auf schlechte Ernährung und zu wenig Bewegung zurück zu führen sei.

    Wer aber soll die Kosten - auch wenn sie offensichtlich gering sind - für das gesunde Essen übernehmen. Die Eltern? Die Kommunen? Die Studie der DGE hat auch ergeben, dass Letztere bereits mit rund 1,2 Milliarden Euro die Verpflegung an den Schulen bezuschussen. Entweder beteiligen sie sich direkt am Essen oder stellen mindestens das Mobiliar für die Schulkantine.
    Und die Eltern zahlen bereits im Schnitt 3,50 Euro pro Schulessen, nicht alle dürften sich eine Preiserhöhung leisten können. Die Bundesernährungsministerin meint, das müssen sie auch nicht:
    "Auch das zeigt unsere Studie: Das Schulessen vom Herd auf den Teller in der Schulkantine zu bringen, das ist ein sehr komplexer Prozess. Also durch strukturelle Anpassung, durch höhere Effizienz in diesen Prozessen, es geht auch um die Frage zum Beispiel der Energieeinsparung, vieles andere auch, sind vier Cent schnell eingespart. Also das heißt, das Essen muss nicht teurer werden und wird auch nicht teurer."
    Besseres Essen wichtig, aber auch mehr Wissen über Ernährung
    Die DGE empfiehlt außerdem unter anderem, dass das Beschaffungs- und Qualitätsmanagement in den Schulen beim Thema Essen verbessert werden soll oder auch, um eine höhere Anzahl an Essen bereitstellen zu können, was wiederum die Kosten senkt, Maßnahmen zu ergreifen, dass mehr Kinder mittags in der Schule essen, zum Beispiel durch verstärkte Informationen über das Essen.
    Der Bund will zudem das Beratungsangebot für die Kommunen über das Nationale Qualitätszentrum für Ernährung in Kita und Schule, NQZ und die Vernetzungsstellen Schulverpflegung der Länder ausweiten. Für Letztere sollen es ab 2019 doppelt so viel Geld geben wie bisher, nämlich zwei Millionen Euro.
    Die Gewerkschaft Nahrung Genuss-Gaststätten, kurz NGG findet, das ist zu wenig. Sie fordert nun auch die Einführung eines Schulfaches Ernährung. Die Bundesernährungsministerin verweist dabei auf die Zuständigkeit der Länder bei diesem Thema, hält das aber grundsätzlich nicht für zwingend notwendig. Das Thema Ernährung müsse vielmehr breit im Schulalltag, in mehreren Fächern eine Rolle spielen.