Ein Schlaraffenland der Gourmetrohkost türmt sich auf: geschrotet, geschnitten, gemahlen, geraspelt und gekeimt. Aber nichts ist gekocht.
"Das war jetzt ein superleckerer Schokokuchen."
Zum Roh-Potluck bringt jeder etwas mit und alle kosten von allem:
"Ich hab Buletten mitgebracht aus Walnüssen und Sonnenblumenkernen."
Saftig und nussig liegen sie auf dem Teller, gedörrt, also warmluftgetrocknet, Andrea bekommt gleich Appetit.
"Wie immer die Regina die gemacht hat, ich weiß das nicht. Wir haben mitgebracht: ein Dattel-Konfekt und Champignon-Zucchini-Antipasti."
"Da wird viel ausgetauscht, man sieht wieder ah!!! Da hat wieder jemand etwas Neues mitgebracht, man fragt, wie hast du das gemacht ... toll! Und dann probiert man das zu Hause auch."
Selbst Langzeit-Rohköstlerin Regina lernt immer wieder dazu, vor drei Jahren hat sie den Roh-Potluck in Dresden gegründet.
"Meine Intention war selber in Austausch mit Rohköstlern zu kommen."
Gut 25 Rohköstler finden an diesem Sonntagmittag zusammen: tiefenentspannte Frauen und Männer aus allen Berufsgruppen, vom Landwirt bis zum Mathematiker, geschätztes Durchschnittsalter: Mitte 30.
Entdeckerfreude und Küchenkunst
Weil beim Erhitzen von Nahrung wertvolle Stoffe zerstört werden und schädliche zum Teil erst entstehen, verzichten Rohköstler darauf. Alle eint die Entdeckerfreude in aufwendige Grenzbereiche der Küchenkunst vorzustoßen: Einweichen, Vorkeimen und Ziehen lassen, eine ganz eigene Welt der Zubereitung, die Lars, wie viele vom Roh-Potluck auch, im Netz für sich entdeckt hat:
"Vor zwei Jahren habe ich ein Interview im Internet gesehen von einer Frau in Chicago, die ein Rohkostrestaurant eröffnet hat, das war mir ein völlig neuer Begriff, Rohkost, und ab da habe ich vorrangig die ganze amerikanische Rohkost versucht kennenzulernen."
Bis hin zum eigenen Gemüsegarten auf dem Balkon in seiner Wohnung.
"Ich glaub, die Minze hat grad wenig Wasser, die könnte mal wieder gegossen werden."
Dresden-Striesen, historisches Villenviertel.
"Zum Beispiel dieser Salat, die werden richtig groß hier, schmeckt köstlich."
Hier gedeihen auch Endivie, Kohlrabi und Zucchini, alles aus eigener Ernte - mit Langzeitbewässerungssystem, Topf in Topf, aber es grünt auch ganz simpel in einer Obstkiste.
"Spinat wuchs im Frühjahr hier ganz viel, da konnte ich lange davon essen."
Dörrmaschine und Co
Seine Küche ist vollständig auf Rohkost umgerüstet: in der Dörrmaschine liegt die Ration für frisches Brot,
"Da entstehen sehr verschiedene Sorte, hier ist auch noch was mit Tomate."
Die Zubereitung dauert zwei Stunden, haltbar wenigstens einen Monat, daneben steht die Elektro-Mühle und ohne Turbomixer geht gar nichts. Ohne frisch gekeimte Sprossen, aber auch nicht.
"Die Zauberzutat oder das Wichtigste in der Rohkost. Täglich müssen die etwas gespült werden."
Schon seit er 18 ist, erzählt der gut gelaunte sportliche Typ, interessiert er sich für Ernährung. Doch erst die Rohkost brachte alles ins Lot, nicht nur die Verdauung.
"Ja, das Energielevel steigt. Auch viele Beschwerden auch kleinerer Natur, zum Beispiel, auch wenn man früh aufsteht, dass man verschlafen ist, das hat sich immens verbessert."
Vor zwei Jahren hat Lars es geschafft, die Rohkost in Alltag, Arbeit und Familie zu integrieren. Gar nicht so leicht, wenn man auch noch Sport, Yoga und Freundschaften pflegt.
"Hier ist noch eine Art Zwischenlager."
Unzählige Großverpackungen an Saaten, Körnern, Nüssen, Trockenfrüchten und Ölen deponiert Lars immer im Haus, das kostet weniger und reduziert die Einkäufe auf frisches Grünzeug vom Markt oder aus der Kaufhalle. Einmal mit teurer Technik ausgestattet, wird Essen sogar preiswerter, sagt er.
Der Aufwand hindert zumindest keinen in der Dresdner Potluck-Runde am Rohkost-Lebensstil, im Gegenteil: Die meisten haben eine auffällig rosige und glatte Haut hier und schwärmen von einem guten Körperduft. Vegetarische und vegane Vorgeschichten hört man viele und jeder erzählt eine andere Geschichte, warum er ganz oder teilweise zur Rohkost fand: Freunde, Bauchweh, dauerschlapp, aber vor allem Neugier ist ein wichtiger Grund. Und: Wohlgefühl im Bauch geht offensichtlich vor Ideologie. Heike, sie geht oft zum Roh-Potluck:
"Ich finde es einfach toll, inspirierend, gesund, lecker, das sind die Kombinationen."