Frank Scholzen steht vor drei weiß getünchten Mehrfamilienhäusern mit Solaranlagen auf den Dächern. Für die 24 Familien, die dort wohnen, ist Scholzen nicht mehr nur Vermieter, sondern gleichzeitig Stromversorger, denn seine Häuser werden alle mit Mieterstrom versorgt:
"Dadurch, dass der gesetzliche Rahmen geschaffen worden ist, gab es für uns das erste Mal die Möglichkeit, ein solches Projekt zu realisieren. Und es ist ein ganzes Stück weit Forschung und Entwicklung für uns."
Scholzen will lernen, wie sich Mieterstromprojekte technisch und finanziell darstellen lassen. Beim Mieterstrom beziehen Mieter den Strom direkt von Solaranlagen auf ihren Dächern. Das ist nicht nur ökologisch korrekt. Gleichzeitig können Versorger ihnen den Strom dadurch auch günstiger anbieten als "normalen" Strom aus dem Verteilnetz, sagt Wilhelm Schröder von der Energieagentur NRW:
"Zum Beispiel Strompreisbestandteile wie Konzessionsabgaben oder die Stromsteuer oder andere Umlagen im Rahmen des Erneuerbaren Energiegesetz, diese alle fallen bei dem Mieterstromteil, der im Haus selbst produziert wird, nicht an."
Ersparnis von mehr als zehn Prozent möglich
Betrieben werden solche Mieterstrom-Anlagen oft von Start-ups, Stadtwerken oder, in selteneren Fällen wie in Troisdorf, von Vermietern selbst. Um die staatliche Förderung zu erhalten, müssen die Versorger den Mieterstrom mindestens zehn Prozent günstiger anbieten als den örtlichen Grundversorgertarif. Sprich: Würde ein Haushalt normalerweise 1.000 Euro Stromkosten pro Jahr zahlen, sind es bei Mieterstrom maximal 900. Herkömmliche Ökostrom-Tarife können allerdings unter Umständen eine ebenso große oder gar größere Ersparnis bringen. Für Scholzens Mieter wie die syrische Familie Adnan machen solche Beträge einen großen Unterschied:
"Wenn Strom günstig...wir monatlich weniger zahlen. Das hilft der ganzen Familie"
Daher haben sich alle Mieter des Gebäudekomplexes dafür entschieden, an dem Projekt teilzunehmen. Verpflichtet werden können Mieter nicht. Für Vermieter Scholzen lohnt sich das Projekt ebenfalls. Sein Ziel:
"dass wir uns von dem großen Kuchen Wohnkosten, wozu die Kaltmiete gehört, aber auch Stromkosten, einfach einen größeren Teil des Kuchens davon versprechen."
Hoher Aufwand für Anbieter
Allerdings: Noch gibt es einige Hürden bei Mieterstrom-Projekten, vor allem, wenn diese von Vermietern selbst umgesetzt werden. Selbst private Vermieter werden dann nämlich von ihrem rechtlichen Status her zum Energieversorger und müssen eine Reihe gesetzlicher Vorgaben füllen:
"Sie müssen an die Bundesnetzagentur melden, an den Verteilnetzbetreiber melden. Im Nachhinein betrachtet, war ich überrascht, wie groß der Aufwand ist."
Dazu kommen technische Herausforderungen: Die Strommessung ist aufwändig und weil bisher technische Standards für Mieterstromprojekte fehlen, musste Scholzen diese für seine gut 200 000 Euro teure Anlage selbst mit den Stadtwerken Troisdorf aushandeln. Die Stadtwerke liefern Strom zu, falls seine Solaranlagen mal nicht genug Energie erzeugen.
"Diese technische Abstimmung, dass das konform ist und dass es da eben nicht eine ungenaue Messung gibt, die im Zweifel keiner mehr kontrollieren kann, diese Abstimmung war so aufwändig."
Politik kann noch nachbessern
Scholzen wünscht sich daher von Branchenverbänden einheitliche Vorgaben für derartige Projekte:
"Dass es dort eine klare Abstimmung gibt, wie bindet man solche Anlagen ein?"
Zudem könne die Politik bürokratische Abläufe, etwa bei der Abführung der Stromsteuer, vereinfachen, ergänzt Wilhelm Schröder von der Energieagentur NRW. Um die Verbreitung von Mieterstromprojekten weiter zu fördern, könnte das wohl nicht schaden: Ein Jahr nach Inkrafttreten des Mieterstromgesetzes hat die Bundesnetzagentur bisher gerade einmal 100 Projekte mit einer Gesamtleistung von drei Megawatt registriert. Theoretisch installierbar wäre in Deutschland laut Bundesregierung die 100fache Leistung.