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Erneuerbare Energien
"Der weltweite Ausbau ist beeindruckend"

Ist die Energiewende eine deutsche Angelegenheit? Nein, behauptet die Organisation Germanwatch in einer neuen Studie. Die weltweite Energiewende habe bereits eingesetzt, sagte Jan Burck, einer der Autoren der Studie im DLF. Er forderte von den G7-Staaten sowie vom Klimagipfel in Paris "klare Zeichen" für eine Unterstützung dieses Trends.

Jan Burck im Gespräch mit Georg Ehring |
    Eine Windkraftanlage in Alsleben in Sachsen-Anhalt
    Der Trend zum Ausbau von erneuerbaren Energien wird sich fortsetzen, glaub Jan Burck von der Organisation Germanwatch. (picture alliance / dpa / Revierfoto)
    Georg Ehring: Was nützt es, hier in Deutschland Solarpaneele zu installieren und die Landschaft mit Windrädern zuzupflastern, wenn in China jede Woche ein neues Kohlekraftwerk ans Netz geht? Im Alleingang können wir das Klima nicht retten. Das ergibt sich schon daraus, dass unser Land nur etwas mehr als zwei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen zu verantworten hat. Aber der Eindruck, dass sich in anderen Ländern nur wenig bewegt, ist vielleicht falsch. Die Nichtregierungsorganisation Germanwatch behauptet in einer neuen Studie, eine weltweite Energiewende habe bereits eingesetzt. Jan Burck ist einer ihrer Autoren. Guten Tag, Herr Burck!
    Jan Burck: Hallo! Ich grüße Sie.
    Ehring: Herr Burck, beginnen wir mit China. Gehen da keine Kohlekraftwerke mehr ans Netz?
    Burck: Doch, natürlich gehen in China noch neue Kohlekraftwerke ans Netz. Allerdings momentan werden mehr Kohlekraftwerks-Kapazitäten abgeschaltet als neue ans Netz gehen, und gleichzeitig werden zum ersten Mal mehr Erneuerbare-Energien-Kapazitäten zugebaut als Kohlekraftwerks-Kapazitäten.
    Ehring: Ist China da Trendsetter?
    Burck: China ist da nicht alleine. Auch in den USA sehen wir ähnliche Entwicklungen und in Deutschland ja schon länger eh. Aber auch kleinere Länder wie Costa Rica oder auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten sehen wir ähnliche Entwicklungen. Das ist sehr spannend.
    "Die Kohle kommt wirtschaftlich unter Druck"
    Ehring: Ist das ein weltweiter Trend weg von der Kohle, der eingesetzt hat? Würden Sie so weit gehen?
    Burck: Die Kohle kommt auf jeden Fall momentan unter Druck. Das sehen wir aus verschiedenen Richtungen. Einerseits ziehen immer mehr Investoren ihr Geld aus der Kohle ab. Der norwegische Staatsfonds hat das jetzt zum Beispiel angekündigt. Und auf der anderen Seite werden die erneuerbaren Energien immer wettbewerbsfähiger, sodass auch wirtschaftlich die Kohle hier unter Druck kommt.
    Ehring: Woran machen Sie das fest, dass die Erneuerbaren immer wettbewerbsfähiger werden? Wie steht es um den Ausbau?
    Burck: Der weltweite Ausbau ist beeindruckend. Insgesamt werden auch weltweit mehr Kapazitäten an Erneuerbaren zugebaut als an fossilen Kraftwerkskapazitäten. Und gleichzeitig sehen wir weiterhin massive Kostensenkungen bei den erneuerbaren Energien, sodass wir sehen, dass dieser Trend weitergehen wird.
    Ehring: Das heißt auch ohne Subventionen?
    Burck: Die Subventionsfrage ist eine interessante und spannende. Auf der einen Seite haben wir natürlich immer noch massive Subventionen in die Kohle und in die fossilen Energien. Hier müssen wir auf jeden Fall ran, das muss abgebaut werden. Gleichzeitig haben wir bei den erneuerbaren Energien schon manche Länder, wo das ohne Subventionen funktioniert. Allerdings ist die Finanzierung der erneuerbaren Energien etwas komplizierter. Man braucht immer sehr viel Geld am Anfang und danach ist sie sehr billig. Und wie kommt man an das Geld am Anfang, das ist eine spannende Frage.
    "Paris und der G7-Gipfel müssen klare Zeichen setzen"
    Ehring: Was heißt denn dieser Trend für die CO2-Emissionen weltweit? Macht sich das da schon bemerkbar?
    Burck: Wir würden sagen, langsam ja. Es gibt erste Indizien dafür. Der Anstieg der CO2-Emissionen verlangsamt sich seit 2012 ungefähr und war jetzt zum allerersten Mal 2014 nicht mehr zu sehen, und das bei einem gleichzeitigen Wirtschaftswachstum. Wir hatten schon vorher mal eine Senkung der CO2-Emissionen gesehen, aber das war immer mit großen Krisen verbunden. Jetzt haben wir zum ersten Mal eine Abflachung der Emissionen bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum. Das heißt, das entkoppelt sich hier, das ist schon interessant.
    Ehring: Anderswo steigen die Emissionen aber doch weiter, beispielsweise im Verkehr oder auch durch die Entwaldung der Tropenwälder. Haben Sie das berücksichtigt?
    Burck: Die Verkehrsemissionen sind in unserer Studie mit berücksichtigt. Wir haben alle Emissionen betrachtet, die bei der Verbrennung von fossilen Rohstoffen entstehen. Die Entwaldung ist nicht berücksichtigt. Allerdings gibt es auch hier positive Tendenzen, insbesondere im Amazonas-Regenwald sinken die Entwaldungsraten gerade relativ stark. Aber das ist in der Studie nicht berücksichtigt und muss natürlich auch weiter beobachtet werden. Das Gleiche gilt auch für die Methan-Emissionen.
    Ehring: Kann man sich dann zurücklehnen irgendwann und das Klima rettet sich im Selbstlauf?
    Burck: Das funktioniert leider nicht. Wenn wir sehen, wie viel fossile Reserven schon bei den großen Energiekonzernen in den Büchern stehen, die sie alle noch verbrennen wollen, bräuchten wir noch vier bis fünf Erden. Das heißt, Paris und auch der G7-Gipfel muss jetzt hier klare Zeichen setzen, dass dieser Trend gestützt wird.
    Ehring: Herzlichen Dank! Das war Jan Burck von der Organisation Germanwatch zu einer neuen Studie zur weltweiten Energiewende.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.