Aus der zugigen Bahnhofshalle in Frankfurt am Main führt eine Rolltreppe nach unten - hinein in eine viel wärmere Unterführung. Es ist nicht nur die Abluft der U-Bahn, die hier wärmt. Tief unter Frankfurt gibt es eine Grundwasserschicht mit Thermalwasser.
Sven Rumohr: "Man hat bereits 1893 eine 300 Meter tiefe Bohrung niedergebracht. Man hat dort ein sehr warmes Wasser gefunden: 30 Grad warm."
Wie groß dieses Vorkommen ist, ist bis heute ungeklärt. Seine Existenz war über hundert Jahre lang in Vergessenheit geraten, tief vergraben in historischen Archiven.
"Das ist eine Information, die ist dokumentiert, aber nicht im Bewusstsein gewesen."
Sven Rumohr vom Landesamt für Umwelt und Geologie in Hessen erfuhr vom Frankfurter Thermalwasser erst jetzt. Seit gut 15 Jahren gingen in seiner Behörde immer mehr Anträge für Bohrungen nach oberflächennaher Geothermie ein. Es ging um rund 100 Meter tiefe Bohrungen, weit oberhalb des warmen Wassers - die trotzdem überdurchschnittlich warm erschienen.
Keine Heilquelle, also nutzbar für andere Zwecke
Auf dem Schreibtisch von Sven Rumohr entstand langsam das Bild einer neuen Energiequelle: einer thermalwasserführenden Schicht in bis zu 700 Metern Tiefe direkt unter dem Stadtzentrum - die aus Behördensicht frei nutzbar ist. Rumohr:
"Eine Heilquelle ist es nicht. Das zeichnet auch den Standort Frankfurt aus. Wir haben verschiedene Standorte in Hessen - Wiesbaden zum Beispiel - wo es Thermalquellen gibt. In Bad Nauheim gibt es eine Thermalquelle. Der dortige Heilquellenschutz verbietet tiefe Bohrungen. Das heißt, diese Thermalquellen, die auch dort vorhanden sind, sind eigentlich nicht nutzbar. In Frankfurt ist das Thermalwasser nutzbar, weil es nicht als Heilquelle genutzt oder auch anerkannt ist."
Für die Energieversorgung nutzbar ist das warme Tiefenwasser allerdings nur mit größeren Anstrengungen. Bis zu 1000 Meter tief müsste gebohrt werden - und damit deutlich tiefer als bisher. Gut 40 Grad Celsius warmes Wasser ließe sich vielleicht erschließen - wenn die bisherigen Schätzungen stimmen. Strom lässt sich daraus nicht gewinnen, wohl aber Heizwärme.
"Wobei man wissen muss, gerade die großen Projekte in Frankfurt wollen eigentlich kühlen. Das heißt, sie wollen Wärme in den Untergrund abführen und haben ein Problem mit den natürlich hohen Temperaturen."
Hochhäuser brauchen kaum Heizung
Die vielen Hochhäuser in Frankfurts Innenstadt mit ihren immensen Glasflächen erzeugen vor allem Abwärme - ihr Heizbedarf ist gering. Zumindest die Wohnhäuser der Stadt könnte die Tiefenwärme aber vielleicht versorgen - wenn auch längst nicht komplett, so Rumohr:
"Für eine Versorgung für ganz Frankfurt bräuchten Sie sehr viele Bohrungen, die sich auch gegenseitig irgendwann beeinflussen würden. Das ist ein sicherlich unrealistisches Szenario. Zudem müssen die Gebäude geeignet sein."
Denn nur Neubauten mit Fußboden- oder Wandheizungen für niedrige Temperaturen ließen sich an solche Thermalbohrungen anschließen. Die tiefe Erdwärme in Frankfurt kann also höchstens eine Nischenlösung bieten - je nachdem was die erste Testbohrung ergibt, die derzeit geplant wird. Ob sich die Erschließung der Wärmezone unter Frankfurt überhaupt lohnt, weiß Sven Rumohr noch nicht: "Es ist auf jeden Fall erschließbar. Es ist eine Frage der Wirtschaftlichkeit."