Martin Kneer redet nicht lange drum herum. Keines der Ziele der Energiewende sei bisher erreicht worden, sagt der Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Metalle:
"Wir haben jetzt mehr CO2-Ausstoß, wir haben letztlich gesehen deutlich höhere Strompreise und es gibt natürlich angespannte Situationen in der Versorgung."
Die Industrie nun stärker an den Kosten der Energiewende beteiligen, so wie es Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel plant, löst aber keines der Probleme. Da sind sich die Vertreter des Verbandes Energieintensiver Industrien, zu denen die Bereiche Baustoffe, Chemie, Glas, NE-Metalle, Papier und Stahl gehören, einig. Über diesen Branchen schwebt das Damoklesschwert einer drohenden Deindustrialisierung, warnt Utz Tillmann vom Verband der Chemischen Industrie:
"Wir haben 2012 das erste Mal wieder mehr Sachanlageinvestitionen außerhalb Deutschlands gehabt als im Inland. Das war das erste Mal seit 2001, dass sich diese Situation wieder so eingestellt hat, das heißt, dass mehr Auslandsinvestitionen getätigt worden sind als Inlandsinvestitionen."
Auch wenn es der energieintensiven Industrie insgesamt zurzeit noch gut gehe, drohe eine schleichende Abwanderung, sagt auch Martin Kneer von der Wirtschaftsvereinigung Metalle:
"Keiner käme im Augenblick auf die Idee. Letztlich gesehen, ich spreche schon gar nicht mehr von Hütten in dem Bereich, aber auch Teile der Weiterverarbeitung entsprechend in Deutschland anzusiedeln."
Große Teile der energieintensiven Industrie sind bisher weitgehend von der EEG-Umlage befreit, über die der Ausbau erneuerbarer Energien gefördert wird. Künftig sollen nur noch Unternehmen befreit werden, die nachweislich im internationalen Wettbewerb stehen. Und das auch nicht mehr komplett. Von 15 bis 20 Prozent ist die Rede, die auch diese Betriebe von der EEG-Umlage zahlen sollen. Das verlangt die EU-Kommission, die in den Industrierabatten eine unerlaubte Beihilfe vermutet.
Die Branchenvertreter halten die Befreiung dagegen nicht für eine Subvention, sondern für einen Ausgleich für internationale Wettbewerbsverzerrungen, so Kneer. Er warnt:
"Dass, wenn wir weg sind, es für den Bürger nicht billiger wird, sondern gegebenenfalls teurer. Wenn man die Umlage nimmt von 23,6 [Milliarden Euro, Anm. d. Red.] in diesem Jahr, dann zahlt der Verbraucher 8,3 davon, und was häufig nicht wahrgenommen wird, die Industrie eben 7,4 Milliarden."
Klaus Windhagen vom Verband Deutscher Papierfabriken rechnet vor, dass die rund hundert Papierunternehmen in Deutschland schon jetzt etwa 38 Millionen Euro EEG-Umlage pro Jahr bezahlen:
"Wenn nach den Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien ein Betrag von 20 Prozent gefordert würde, stiege das ungefähr auf 150 Millionen Euro im Jahr. Das nähert sich dann dem, was die Branche im letzten Jahr insgesamt über alle Betriebe verdient hat."
Dazu kämen allein in der Papierindustrie rund 80 Millionen Euro, sollte Wirtschaftsminister Gabriel wie geplant den Verbrauch von Eigenstrom ebenfalls mit der EEG-Umlage belasten, so Windhagen:
"Wir produzieren knapp 50 Prozent unseres Stroms als Eigenstrom."
Anfang April soll die EEG-Novelle vom Bundeskabinett verabschiedet werden.