Der See Genezareth sieht bei Konrad Witz dem Genfer See ziemlich ähnlich, sogar die schneebedeckten Alpen kann man im Hintergrund erkennen. Vorne steht Jesus und beobachtet den reich gesegneten Fischzug des Petrus; und die Körper der Fischer auf dem Boot spiegeln sich zart im seichten Wasser.
Die Szene stammt aus dem eher ungewöhnlichen Bildprogramm des Genfer Petrus-Altars, und der ist auch schuld daran, dass man dem Maler Konrad Witz überhaupt auf die Spur kam. Jahrhundertelang war der Mann nämlich einfach verschwunden – weil man im Mittelalter nördlich der Alpen die Werke fast nie signierte. Dann entdeckte man, um 1900, im Keller des Genfer Musée Archéologique einen Altarflügel mit der Inschrift "Hoc opus pinxit magister conradus sapientis de basilea", mit der Datierung 1444. "Sapientis" heißt nicht nur weise, sondern auch "gewitzt" – und jener "Genfer Altar" von Konrad Witz leitete dann die Wiederentdeckung des Meisters ein, der um 1400 in Rottweil zur Welt kam und ab 1434 in Basel bezeugt ist.
Für das frühe 15.Jahrhundert ist das, was Witz malt, unerhört: da arbeitet einer mit Spiegelungen und Schatten und illusionistischen Tricks; manche häusliche Szenen haben schon so etwas wie räumliche Tiefe (und gotische Höhe), und die Gesichter wirken zwar noch flach, aber die Rüstungen und faltenwerfenden Gewänder, die die Leiber der meist biblischen Figuren umhüllen, haben haptische Qualitäten: man möchte sie anfassen. Der arme Alltag des Mittelalters ist in Fensternischen zu sehen, die Farben sind von nahezu poppiger Frische.
Natürlich versucht die Ausstellung, die Anbindung des Malers an Basel zu betonen: offenbar wegen des ab 1431 tagenden Konzils - mit den vielfältigen geschäftlichen und nicht nur kunstsinnigen Verwicklungen der geistlichen Herrn - kam Witz in die Stadt und erhielt ausreichend Aufträge; der sogenannte Heilsspiegel-Altar, wahrscheinlich für die Basler Leonhardskirche gefertigt, ist bis auf vier verschollene Tafeln (von insgesamt 16) erstmals wieder als Ensemble zu sehen. Das relativ frühe, um 1435 gemalte Werk besteht einerseits aus Heiligen und allegorischen Figuren, Ecclesia, Synagoga (mit hebräischer Schrifttafel), andererseits aus biblisch-historischen Szenen vor Goldgrund: die Königin von Saba bei Salomo, Abraham vor Melchisedek, der Kaiser Augustus vor der weissagenden Tiburtinischen Sibylle und dergleichen.
Der Großteil der Tafeln befindet sich im Besitz der Kunstmuseums Basel und wurde nun aufwendig restauriert; die Unterzeichnungen, also Vorzeichnungen für die dann meist auf Eichenholz ausgeführten Gemälde wurden per Infrarotreflektographie sichtbar gemacht - und können ebenfalls besichtigt werden. Der Vollständigkeit halber präsentiert man auch die nur fragmentarisch erhaltenen Wandmalereien.
Bedeutungsvoll fallendes Licht, Plastizität der Figuren, angedeutete Räumlichkeit: woher hatte Witz diese Stilmittel? Alle Indizien deuten darauf hin, dass er die neueste niederländische Malerei kannte. Über eine Straßburger Werkstatt, die vorher ein Zentrum des "weichen Stils" war, und vor allem über Dijon haben reisende holländische Meister offenbar die Errungenschaften der Brüder van Eyck an den Oberrhein importiert. Konrad Witz aber war kein Kopist, sondern zeigte in Komposition, Figurendetails und Landschaftsgestaltung große Eigenständigkeit. Auch seine Bildprogramme beschränken sich nicht auf Verkündigung, Anbetung und Beweinung (wiewohl dies einige der besten Werke sind), sondern suchen auch Entlegenes - der watende Christopherus im Wasser, das konzentrische Kreise zieht, ist ein emblematisches Bild.
Witz muss schon um 1447 gestorben sein, seine Frau wird ab da in Basel als Witwe geführt. Immerhin hat er die große Basler Pest überlebt und ein chaotisch verlaufenes Konzil mit der Wahl eines Gegenpapstes begleitet. Aber auch Werkstatt, Umkreis und Nachfolger werden in dieser prallen Ausstellung ausführlich dargestellt, so ein enorm körperlicher Fürbitt-Altar aus Witzens Werkstatt mit dem ungläubigen Thomas und einer "Geburt Christi" in windschiefem Stall. Das eindrücklichste Nachfolgewerk allerdings ist der Jünteler-Epitaph aus Schaffhausen: eine querformatige Kreuztragung mit geballten, fratzenhaften Massen, ein unglaubliches Bild.
Die Szene stammt aus dem eher ungewöhnlichen Bildprogramm des Genfer Petrus-Altars, und der ist auch schuld daran, dass man dem Maler Konrad Witz überhaupt auf die Spur kam. Jahrhundertelang war der Mann nämlich einfach verschwunden – weil man im Mittelalter nördlich der Alpen die Werke fast nie signierte. Dann entdeckte man, um 1900, im Keller des Genfer Musée Archéologique einen Altarflügel mit der Inschrift "Hoc opus pinxit magister conradus sapientis de basilea", mit der Datierung 1444. "Sapientis" heißt nicht nur weise, sondern auch "gewitzt" – und jener "Genfer Altar" von Konrad Witz leitete dann die Wiederentdeckung des Meisters ein, der um 1400 in Rottweil zur Welt kam und ab 1434 in Basel bezeugt ist.
Für das frühe 15.Jahrhundert ist das, was Witz malt, unerhört: da arbeitet einer mit Spiegelungen und Schatten und illusionistischen Tricks; manche häusliche Szenen haben schon so etwas wie räumliche Tiefe (und gotische Höhe), und die Gesichter wirken zwar noch flach, aber die Rüstungen und faltenwerfenden Gewänder, die die Leiber der meist biblischen Figuren umhüllen, haben haptische Qualitäten: man möchte sie anfassen. Der arme Alltag des Mittelalters ist in Fensternischen zu sehen, die Farben sind von nahezu poppiger Frische.
Natürlich versucht die Ausstellung, die Anbindung des Malers an Basel zu betonen: offenbar wegen des ab 1431 tagenden Konzils - mit den vielfältigen geschäftlichen und nicht nur kunstsinnigen Verwicklungen der geistlichen Herrn - kam Witz in die Stadt und erhielt ausreichend Aufträge; der sogenannte Heilsspiegel-Altar, wahrscheinlich für die Basler Leonhardskirche gefertigt, ist bis auf vier verschollene Tafeln (von insgesamt 16) erstmals wieder als Ensemble zu sehen. Das relativ frühe, um 1435 gemalte Werk besteht einerseits aus Heiligen und allegorischen Figuren, Ecclesia, Synagoga (mit hebräischer Schrifttafel), andererseits aus biblisch-historischen Szenen vor Goldgrund: die Königin von Saba bei Salomo, Abraham vor Melchisedek, der Kaiser Augustus vor der weissagenden Tiburtinischen Sibylle und dergleichen.
Der Großteil der Tafeln befindet sich im Besitz der Kunstmuseums Basel und wurde nun aufwendig restauriert; die Unterzeichnungen, also Vorzeichnungen für die dann meist auf Eichenholz ausgeführten Gemälde wurden per Infrarotreflektographie sichtbar gemacht - und können ebenfalls besichtigt werden. Der Vollständigkeit halber präsentiert man auch die nur fragmentarisch erhaltenen Wandmalereien.
Bedeutungsvoll fallendes Licht, Plastizität der Figuren, angedeutete Räumlichkeit: woher hatte Witz diese Stilmittel? Alle Indizien deuten darauf hin, dass er die neueste niederländische Malerei kannte. Über eine Straßburger Werkstatt, die vorher ein Zentrum des "weichen Stils" war, und vor allem über Dijon haben reisende holländische Meister offenbar die Errungenschaften der Brüder van Eyck an den Oberrhein importiert. Konrad Witz aber war kein Kopist, sondern zeigte in Komposition, Figurendetails und Landschaftsgestaltung große Eigenständigkeit. Auch seine Bildprogramme beschränken sich nicht auf Verkündigung, Anbetung und Beweinung (wiewohl dies einige der besten Werke sind), sondern suchen auch Entlegenes - der watende Christopherus im Wasser, das konzentrische Kreise zieht, ist ein emblematisches Bild.
Witz muss schon um 1447 gestorben sein, seine Frau wird ab da in Basel als Witwe geführt. Immerhin hat er die große Basler Pest überlebt und ein chaotisch verlaufenes Konzil mit der Wahl eines Gegenpapstes begleitet. Aber auch Werkstatt, Umkreis und Nachfolger werden in dieser prallen Ausstellung ausführlich dargestellt, so ein enorm körperlicher Fürbitt-Altar aus Witzens Werkstatt mit dem ungläubigen Thomas und einer "Geburt Christi" in windschiefem Stall. Das eindrücklichste Nachfolgewerk allerdings ist der Jünteler-Epitaph aus Schaffhausen: eine querformatige Kreuztragung mit geballten, fratzenhaften Massen, ein unglaubliches Bild.