Ernüchterung am vierten Tag der Berlinale. Nach einem schlichten Auftakt mit der chinesischen Familiengeschichte "Apart Together" von Wang Quan'an wollte der Wettbewerb mit Roman Polanskis "Ghost Writer" und Martin Scorseses "Shutter Island" auftrumpfen und bot doch nur mehr oder weniger spannungsvolles Konsumkino im Hochglanzdesign. Auch der große Zhang Yimou aus China lieferte heute mit seiner altchinesischen Kostümkomödie "A woman, a gun and a noddle shop" nur eine Fingerübung in postmodernem Zitatenspaß, wobei man die Vorlage von "Blood Simple" der Coen-Brüder gar nicht kennen muss.
So ragt künstlerisch und thematisch bislang nur ein Film heraus, in dessen Mittelpunkt kein Star und auch keine Weltverschwörung stehen, sondern die kleinste künstlerische Form, ein Gedicht, "Howl", "Das Geheul" von Allen Ginsberg, DAS Poem der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts über eine Generation, die ihre Freiheit und ihren Frieden in und mit der Welt voller Ingrimm suchte. Verfilmt von den zwei amerikanischen Dokumentarfilmern Rob Epstein und Jeffrey Friedman. Und letztlich ist ihr Film "Howl" auch weniger ein Spielfilm als eine fiktionalisierte Dokumentation des Gedichts, seiner Entstehung und Rezeption.
Nicht weniger als sechs Erzählebenen werden im Film zu einem pulsierenden Organismus verwoben. Erstens, in schwarz-weiß Ginsbergs Ur-Lesung in einem verrauchten kleinen Club, gespielt von James Franco mit der Kraft und Verletzlichkeit der geschlagenen Jugend jener Zeit; zweitens, die nachgespielte Gerichtsverhandlung, in der Ginsbergs Verleger Ferlinghetti sich gegen den Vorwurf der Obszönität verteidigen musste, worin die öffentliche Debatte um den radikalen Rhapsoden nachhallt; drittens, ein nachgespieltes Radiointerview, das Ginsberg in der Zeit des Prozesses über sich, seine Poesie und "Howl" im besonderen gab; viertens, gespielte Lebensabschnitte des jungen Dichters; fünftens, kurzes dokumentarisches Material und sechstens, vom Gedicht inspirierte Zeichentrickphantasien, psychedelische Bilder eines Rausches zu wilden Jazzklängen, Bilder, die auf eigenen Zeichnungen Ginsbergs beruhen.
So gut die Animationen ästhetisch eingebunden sind, so sind doch ihre triviale Eindeutigkeit und Texthörigkeit der einzige Schwachpunkt dieses ansonsten ambitionierten, fesselnden und mutigen Filmunternehmens. Hier ist das Material nicht nur collagiert, sondern zu einem dramatischen Bogen komponiert, der auf das Finale des Poems abzielt, in dem die Welt und alles, was sie enthält, heilig gesprochen werden.
"Ich denke, es geht darum, was Allen selbst im Film sagt","
… erläuterte Rob Epstein auf der Pressekonferenz,
""Es geht um eine alltägliche Aufmerksamkeit und darum, sich im Zusammenhang mit dem Universum zu fühlen und das jeden Moment. Das war für Ginsberg auch die Voraussetzung des Schreibens."
Soweit der Regisseur.
Auch zwei ordentlich gemachte, psychologisch einfühlsame sozialrealistische Wettbewerbsfilme bleiben ästhetisch weit hinter der Wucht ihrer eigenen Kinokulturen zurück: Thomas Vinterberg mit "Submarino" hinter dem dänischen Dogma-Wunder und Florin Serban mit "Wenn ich pfeifen möchte, pfeife ich" hinter der rumänischen Kinowucht. Beide erzählen von jungen Menschen aus kaputten Familien, in denen die Väter abwesend, die Mütter Huren und Alkoholiker sind, von jungen Menschen, die im Knast landen, von ihren Nöten und ihrem Kampf, es besser zu machen, als die Eltern. Schwermütige Filme sind das, lange Einstellungen, träger Erzählfluss. Aber weder zeigen sie etwas Neues, noch zeigen sie es auf eine neue Weise. So schaut man zurück betroffen und muss auf die nächste Woche hoffen.
So ragt künstlerisch und thematisch bislang nur ein Film heraus, in dessen Mittelpunkt kein Star und auch keine Weltverschwörung stehen, sondern die kleinste künstlerische Form, ein Gedicht, "Howl", "Das Geheul" von Allen Ginsberg, DAS Poem der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts über eine Generation, die ihre Freiheit und ihren Frieden in und mit der Welt voller Ingrimm suchte. Verfilmt von den zwei amerikanischen Dokumentarfilmern Rob Epstein und Jeffrey Friedman. Und letztlich ist ihr Film "Howl" auch weniger ein Spielfilm als eine fiktionalisierte Dokumentation des Gedichts, seiner Entstehung und Rezeption.
Nicht weniger als sechs Erzählebenen werden im Film zu einem pulsierenden Organismus verwoben. Erstens, in schwarz-weiß Ginsbergs Ur-Lesung in einem verrauchten kleinen Club, gespielt von James Franco mit der Kraft und Verletzlichkeit der geschlagenen Jugend jener Zeit; zweitens, die nachgespielte Gerichtsverhandlung, in der Ginsbergs Verleger Ferlinghetti sich gegen den Vorwurf der Obszönität verteidigen musste, worin die öffentliche Debatte um den radikalen Rhapsoden nachhallt; drittens, ein nachgespieltes Radiointerview, das Ginsberg in der Zeit des Prozesses über sich, seine Poesie und "Howl" im besonderen gab; viertens, gespielte Lebensabschnitte des jungen Dichters; fünftens, kurzes dokumentarisches Material und sechstens, vom Gedicht inspirierte Zeichentrickphantasien, psychedelische Bilder eines Rausches zu wilden Jazzklängen, Bilder, die auf eigenen Zeichnungen Ginsbergs beruhen.
So gut die Animationen ästhetisch eingebunden sind, so sind doch ihre triviale Eindeutigkeit und Texthörigkeit der einzige Schwachpunkt dieses ansonsten ambitionierten, fesselnden und mutigen Filmunternehmens. Hier ist das Material nicht nur collagiert, sondern zu einem dramatischen Bogen komponiert, der auf das Finale des Poems abzielt, in dem die Welt und alles, was sie enthält, heilig gesprochen werden.
"Ich denke, es geht darum, was Allen selbst im Film sagt","
… erläuterte Rob Epstein auf der Pressekonferenz,
""Es geht um eine alltägliche Aufmerksamkeit und darum, sich im Zusammenhang mit dem Universum zu fühlen und das jeden Moment. Das war für Ginsberg auch die Voraussetzung des Schreibens."
Soweit der Regisseur.
Auch zwei ordentlich gemachte, psychologisch einfühlsame sozialrealistische Wettbewerbsfilme bleiben ästhetisch weit hinter der Wucht ihrer eigenen Kinokulturen zurück: Thomas Vinterberg mit "Submarino" hinter dem dänischen Dogma-Wunder und Florin Serban mit "Wenn ich pfeifen möchte, pfeife ich" hinter der rumänischen Kinowucht. Beide erzählen von jungen Menschen aus kaputten Familien, in denen die Väter abwesend, die Mütter Huren und Alkoholiker sind, von jungen Menschen, die im Knast landen, von ihren Nöten und ihrem Kampf, es besser zu machen, als die Eltern. Schwermütige Filme sind das, lange Einstellungen, träger Erzählfluss. Aber weder zeigen sie etwas Neues, noch zeigen sie es auf eine neue Weise. So schaut man zurück betroffen und muss auf die nächste Woche hoffen.