In den vergangenen drei Jahren waren die CO2-Emissionen weltweit nicht mehr gestiegen – und nach dem steilen Anstieg davor sprachen manche Klimaexperten schon vom möglichen Beginn einer Trendwende. Doch eine Studie von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt verpasst dieser Hoffnung jetzt einen Dämpfer: Im Jahr 2017 wird der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen aus Energieerzeugung und Industrie voraussichtlich um rund zwei Prozent steigen, der Gipfel ist also noch nicht erreicht. Hans-Joachim Schellnhuber, der Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.
"Man hatte schon ein bisschen die Hoffnung, dass es vielleicht jetzt abwärts gehen würde wegen technischer Neuerungen, wegen sauberer Möglichkeiten der Stromerzeugung und so weiter. Und jetzt kommt es doch als ein kleiner Schock, dass die Emissionen wohl um zwei Prozent in 2017 steigen werden."
Der Anstieg findet vor allem in China statt: Dort war die Nutzung der Kohle in den letzten zwei Jahren gesunken, jetzt legt sie wieder zu, vor allem in der Industrie. Ein trockenes Jahr mit wenig Stromerzeugung aus Wasserkraft ist ein Grund dafür, aber vielleicht nicht der einzige. Die Wissenschaftler erwarten zwar nicht, dass die Emissionen in den nächsten Jahren wieder stärker steigen, doch wenn der Klimawandel noch wirksam begrenzt werden soll, müssen sie schnell und deutlich sinken – und davon ist die Welt offenbar noch weit entfernt.
"Wir wollten eben mit diesem Report erstens noch mal zeigen, was auf dem Spiel steht, was alles schief gehen kann. Aber zweitens auch, dass wir eigentlich die Möglichkeiten haben, das Problem zu lösen. Und dass in 2017 die Emissionen jetzt steigen, zeigt, dass wir diese Lösungen nicht wirklich versucht haben, in Gang zu setzen. Wir haben sozusagen wieder ein Jahr mehr verloren."
Neue Daten als Ansporn für mehr Klimaschutz
Die Wissenschaftler setzen vor allem auf Wind- und Sonnenenergie. Die installierten Kapazitäten dort wachsen schnell und wenn das Wachstum so weitergeht, können diese erneuerbaren Energiequellen schon in 20 bis 30 Jahren Kohle, Öl und Gas zumindest in der Stromerzeugung komplett abgelöst haben. Allerdings reicht auch das nach Ansicht der beteiligten Institute nicht aus: Auch der Verkehrssektor müsse dekarbonisiert und die Landwirtschaft so umgebaut werden, dass sie Treibhausgase im Boden speichert anstatt welche freizusetzen.
Bei der Bonner Klimakonferenz sehen viele die neuen Daten als Ansporn für mehr Klimaschutz. Ob sie wirklich so wirken, ist allerdings fraglich. Barbara Hendricks, bis zum Amtsantritt einer neuen Bundesregierung amtierende Umweltministerin, kommentiert die Studie so:
"Ja, das wird wiederum natürlich die Verhandlungen beeinflussen. Das ist sicher so. Aber ich glaube nicht, dass man einen zusätzlichen Druck hier in den Verhandlungen aufbauen muss. Denn diejenigen, die hier verhandeln, die kennen ihre Verantwortung."
Noch bis zum Wochenende bemühen sich die Delegierten aus mehr als 190 Staaten, Fortschritte beim Hauptthema des Gipfels, dem Regelbuch für den Klimaschutz, zu machen, es geht um Fragen wie die Messung von CO2-Ausstoß oder die Berichterstattung der einzelnen Staaten dazu. Belastet werden die Gespräche nach wie vor von einem Streit um die Tagesordnung: Entwicklungs- und Schwellenländer fordern eine Debatte über mehr Klimaschutz-Aktionen in der Zeit vor 2020. Industrieländer wie Deutschland sind dagegen, dies würde ihrer Ansicht nach vom eigentlichen Konferenzthema ablenken. Barbara Hendricks sieht aber Kompromissmöglichkeiten.
"Aber, dass es uns gelingen wird, Vertrauenssignale auszusenden, davon gehe ich aus. Wie die im Einzelnen aussehen werden, kann ich Ihnen natürlich vor den Verhandlungen noch nicht sagen."
Im nächsten Jahr findet die Klimakonferenz im polnischen Kattowitz statt. Dort soll das Regelbuch verabschiedet und die Umsetzung des Pariser Abkommens damit beschlossen werden.