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Eröffnung der Paralympics
Pfiffe, Fahnen-Protest und eine Schrecksekunde

Ein farbenfrohes Spektakel, aber auch einige Misstöne: In Rio de Janeiro sind die Paralympics eröffnet worden. Wie schon bei der Olympia-Zeremonie gab es Buh-Rufe und Pfiffe für Präsident Michel Temer, und Weißrussland sorgte mit russischen Fahnen für einen Eklat. Emotional wurde es, als eine der Fackelträgerinnen stürzte.

Von Ronald Menn |
    Der brasilianische Schwimmer Clodoaldo Silva entzündet als letzter Fackeltgräger das Feuer bei der Eröffnung der Paralympics im Stadion Maracana.
    Entzündung des Paralympischen Feuers (dpa / EFE)
    Um 2.08 Uhr unserer Zeit sprach der umstrittene brasilianische Präsident Michel Temer die entscheidenden Worte, begleitet von gellenden Pfiffen. Wie schon bei Eröffnung der Olympischen Spiele war seine Eröffnungsformel kaum zu verstehen. Immer wieder waren auch "Fora Temer", "Temer raus"-Rufe zu hören. Weil er die nötigen Mehrheiten für die Absetzung von Präsidentin Dilma Rousseff geschmiedet haben soll, werfen ihm seine Kritiker einen Putsch vor.
    Auf die übliche Begrüßung des Staatsoberhauptes zu Beginn der Feier im Stadion Maracanan war vorsorglich verzichtet worden, nach der Eröffnungsformel startete ein großes Feuerwerk, dadurch konnte der Lärm etwas übertönt werden.
    Für Aufsehen sorgten Sportler der weißrussischen Delegation. Sie trugen beim Einmarsch der Athleten demonstrativ eine russische Flagge ins Stadion.
    Damit wollten sie gegen den Komplett-Ausschluss Russlands von den Paralympics protestieren. Das Internationale Paralympische Komitee zog die Fahne ein. Möglicherweise droht Weißrussland jetzt eine Strafe.
    Sturz der Fackelträgerin
    Für den vielleicht emotionalsten Moment sorgte Brasiliens erste Paralympics-Gewinnerin Márcia Malsar. Sie war bei der Eröffnungsfeier mit der Fackel gestürzt.
    Sie blieb unverletzt, Freiwillige halfen ihr auf, und unter riesigem Beifall absolvierte die frühere 200-Meter-Sprinterin tapfer ihre Etappe, um die Fackel weiter zu reichen. Um 2:51 Uhr unserer Zeit entzündete Schwimmer Clodoaldo Silva das Paralympische Feuer.
    Der brasilianische Schwimmer Clodoaldo Silva entzündet als letzterFackeltgräger das Feuer bei der Eröffnung der Paralympics im Stadion Maracana.
    Entzündung des Paralympischen Feuers (dpa / MAXPPP)
    Auf der Ehrentribüne fehlte Thomas Bach. Der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees hatte seine Teilnahme wegen der Trauerfeier für den früheren Bundespräsidenten Walter Scheel abgesagt. Das Portal O Globo berichtete jedoch, dass Bach in Brasilien im Zusammenhang mit den olympischen Ticket-Skandal als Zeuge vernommen werden soll.
    Rollstuhl-Sprung und Roboter-Tanz
    Die Eröffnungsfeier war im Vergleich zur Zeremonie bei den Olympischen Spiele vor einem Monat bunter, kraftvoller, rhythmischer und verbreitete mit Samba-Klängen und Strandanimationen Partystimmung.
    Der Extrem-Rollstuhl-Artist Aaron Fotheringham zeigt, was trotz Rollstuhl möglich ist. Der US-Amerikaner lässt sich im Maracanã eine 17 Meter hohe Rampe herunterrollen und springt durch einen mit Feuerwerk erleuchteten Ring.
    Extrem-Rollstuhl-Artist Aaron Fotheringham beim Sprung durch den Feuerring (imago sportfotodienst)
    Höhepunkte waren der Sprung des Extrem-Rollstuhl-Artisten Aaron Fotheringham von einer 17 Meter hohen Rampe durch einen Ring und die berührende Klavier-Interpretation der brasilianischen Hymne durch João Carlos Martins beim Hissen der Flagge. Spektakulär war auch der Tanz der beidseitig Unterschenkel amputierten Snowboarderin Amy Purdy mit einem Roboter.
    Bis zum 18. September kämpfen in Rio 4.352 Athleten aus 159 Nationen um Medaillen. Insgesamt stehen 528 Wettbewerbe auf dem Programm. Deutschland ist mit einer 155-köpfigen Delegation vertreten.