Der Präsident wird nur über Bildschirm präsent sein – doch er schickte mit seinem Finanzminister Mnuchin, mit Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner eine hochrangige Delegation nach Jerusalem. So wird die Eröffnung der US-Botschaft dort zu einer Inszenierung des Paradigmenwechsels in der amerikanischen Nahostpolitik. So, wie sich die Vereinigten Staaten unter Donald Trump einseitig aus internationalen Verträgen wie dem Atomabkommen mit dem Iran zurückziehen, so erlegt sich das Weiße Haus nun auch im Umgang mit dem Verbündeten Israel keine Zurückhaltung mehr auf.
Die Jerusalemfrage galt bis zum 6. Dezember 2017 eigentlich als diplomatisches Tabu – da herrschte Konsens zwischen den Vereinigten Staaten, ihren Verbündeten und den Vereinten Nationen: Der Status Jerusalems sollte erst im Zuge einer umfassenden Friedenslösung mit den Palästinensern geregelt werden. Diesen Konsens hat Donald Trump aufgekündigt.
Am 6. Dezember vergangenen Jahres erklärte Donald Trump, es sei nun an der Zeit anzuerkennen, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels sei. Damit trage man nur den Realitäten Rechnung.
Tatsächlich konnte sich Donald Trump auf mehrere Beschlüsse berufen, wonach die USA beabsichtigen, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Sie waren zwar von allen amtierenden Präsidenten seither mitgetragen, aber niemals umgesetzt worden. Dies nicht zuletzt, um den Oslo-Prozess nicht zu durchkreuzen, der die Klärung des endgültigen Status der Stadt erst am Ende aller Verhandlungen vorsah. Indes betonte Trump Anfang Dezember, er wolle keineswegs der endgültigen Klärung der Jerusalem-Frage vorgreifen.
Ein provozierender Beschluss
Und doch wirkte der Beschluss provozierend. Trump habe nicht nur einseitig Partei für Israel ergriffen, heißt es in Kommentaren, sondern die Rolle des ehrlichen Maklers im Nahen Osten preisgegeben. Folgerichtig sehen die Demokraten auch in der Botschaftseröffnung in Jerusalem eine Absage an 70 Jahre amerikanischer Außenpolitik im Nahen Osten. Ganz abgesehen von der beunruhigenden Leichtfertigkeit inmitten der angespannten Sicherheitslage in der Region, merkte etwa der Abgeordnete Gregory Meeks an.
Die Demokraten mahnen nun die Grundzüge der neuen Nahoststrategie an, die Donald Trump versprochen hat und die sein Schwiegersohn Jared Kushner entwerfen soll. Er kann sich dabei auf ausgewiesene Israel-Lobbyisten stützen, zu denen US-Botschafter David Friedman gehört. Er unterstützte in der Vergangenheit radikale Siedlergruppen. Oder Jason Greenblatt, ein Immobilienanwalt, der ohne jede diplomatische Erfahrung zum Chefunterhändler für den Nahen Osten im Weißen Haus avancierte.
Bedenken des neuen US-Außenministers
Vor diesem Hintergrund kommen nun auch dem neuen Außenminister Mike Pompeo Bedenken – für Staatsbedienstete und amerikanische Staatsbürger seien Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden, sagte er.
Angeblich wurde der Umsiedlungsbeschluss für die US-Botschaft nicht nur vom State Department mit äußerster Zurückhaltung aufgenommen, sondern auch vom Pentagon. Die Rede ist von einer neuen Konstellation der Hardliner im Weißen Haus, bei der moderate Kräfte Einfluss auf den Präsidenten verloren haben. Selbst James Mattis, der Verteidigungsminister, scheint gegenüber John Bolton, dem neuen Nationalen Sicherheitsberater, ins Abseits gedrängt worden zu sein, schrieb die "New York Times". Abzuwarten bleibe, wo sich Mike Pompeo in dieser neuen Gemengelage verorte - Trumps neuer Außenminister, der als absolut loyal gilt. Pompeo stellte sich nicht nur hinter Trumps Israel-Politik, sondern unterstützt auch den Ausstieg aus dem Atomvertrag mit dem Iran bedingungslos. Zurückhaltend äußerte er sich aber zu der Frage, ob die europäischen Partner ebenfalls mit Sanktionen zu rechnen haben, falls sie nicht die Vorgaben Donald Trumps erfüllen.
Anders John Bolton, der Nationale Sicherheitsberater: Die Frage möglicher Sanktionen hänge nicht von Trump ab, sondern einzig und allein vom Verhalten der Europäer, so Bolton gegenüber CNN.