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Eröffnung des MAXXI vor zehn Jahren
Roms jüngstes Museumswahrzeichen

Das MAXXI, das "Nationale Museum der Künste des 21. Jahrhunderts", hat die Museumslandschaft Roms auch wegen seiner Architektur bereichert. Die Baumeisterin Zaha Hadid hinterließ der ewigen Stadt mit dem visionären Bau vor zehn Jahren ein neues, in die Zukunft gerichtetes Wahrzeichen.

Von Henning Klüver |
    Außenansicht des MAXXI, das "Nationale Museum der Künste des 21. Jahrhunderts" in Rom, entworfen von Architektin Zaha Hadid
    Roms jüngstes Museumswahrzeichen - das MAXXI, entworfen von Star-Architektin Zaha Hadid (AFP / ALBERTO PIZZOLI)
    Die Römer staunten nicht schlecht, als sie im November 2009 zum ersten Mal die noch leeren Räume ihres neuen "Nationalen Museums der Künste des 21. Jahrhunderts", abgekürzt MAXXI, besichtigen konnten. Tänzerinnen und Tänzer der Choreografin Sasha Waltz bewegten sich zwischen ihnen durch kurvige Gänge und schräge Galerien. Noch bevor der Neubau, als Museum und Ausstellungsstätte offiziell eröffnet wurde, zeigte diese Raum-Choreografie mit dem Titel "Dialog 09 – MAXXI", dass die Kunst des 21. Jahrhunderts weniger von Wandbild oder Skulptur als von Fotografie, Videotechnik, Rauminstallationen und Performances geprägt ist.
    Staunen über Zaha Hadids Architektur
    Aber vor allem angesichts der Architektur des Gebäudes, das die britische Architektin irakischer Abstammung Zaha Hadid entworfen und in eine ehemalige Kasernenanlage aus dem späten 19. Jahrhundert eingepasst hatte, kamen die Besucher aus dem Staunen nicht heraus. Der Vorplatz wird auf der rechten Seite von ehemaligen Kaserneneinrichtungen begrenzt, in denen Verwaltung, Archiv und Bibliothek des Museums untergebracht sind. Aber links schwingt sich kurvig ein neues, dreistöckiges Betongebäude entlang und biegt am Ende wie bei einem "L" ab, das auf den Kopf gestellt ist. Es setzt sich aus mehreren, teils übereinander gelagerten Strängen zusammen, von denen sich einer mit einer Glasfront frech über die Dachfläche schiebt und gleichsam von oben auf die Platzfläche guckt. Zaha Hadid zeigte sich nach Fertigstellung der Anlage zufrieden.
    "Das Fließende ist gelungen, trotz der Komplexität, denn der Bauplatz ist L-förmig, und wir haben uns lange den Kopf zerbrochen, wie wir die verschiedenen Ebenen übereinanderlegen und verflechten können."
    Fließende Formen, Bewegung - und wenige gerade Wände
    Innen geht es fließend weiter. Von einem hohen Atrium aus gehen Treppen und Rampen ab, die in die verschiedenen Gebäudeteile führen, in denen sich Galerien öffnen, die wiederum mit kurvigen, auf- und absteigenden Gängen verbunden sind. Künstliche Beleuchtung wechselt mit natürlichem Licht. Fließende Formen, Bewegung und eine schnelle Abwechslung der Gestaltung der Räume charakterisieren viele Arbeiten von Zaha Hadid. Im römischen Museumsprojekt wird das besonders deutlich, unterstreicht einer ihrer engsten Mitarbeiter, der Architekt Patrik Schumacher:
    "Es ist mit Sicherheit richtig, dass wir eine Architektur entwickeln für ein bewegtes Publikum. Gerade das Spannende, die Kurve, der der Raum mit jedem Schritt sozusagen weiter sich öffnet und weiterentwickelt, anders wird, ich glaube, das setzt einen in Bewegung."
    Am 27. Mai 2010 wurde das MAXXI mit Ausstellungen der Sammlungsbereiche Bildende Kunst und Architektur offiziell eröffnet. Dazu gehörten unter anderem Arbeiten von Mario Merz, Anselm Kiefer und Joseph Beuys. Im Hof begrüßte eine acht Meter lange Skelett-Skulptur von Gino De Domincis unter dem Titel "Calamita Cosmica – Kosmische Heimsuchung" die Ehrengäste. Unter ihnen auch die Architektin Zaha Hadid. Sie erhielt viel Zustimmung, musste sich aber auch Kritik stellen. Der Kunsthistoriker Vittorio Sgarbi etwa monierte in der römischen Tageszeitung "La Repubblica", das Museum sei eine sich selbst genügende Ikone.
    "Dieser Bau weist die Kunstwerke ab, als wolle er sagen: das Werk bin ich!"
    Baudenkmal für Gegenwartskunst
    Das MAXXI hat die Aufgabe, Werke der Gegenwart vor allem aus Italien in den Bereichen Bildende Kunst, Architektur und Fotografie zu sammeln, Wechselausstellungen zu organisieren und die Forschung zu unterstützen. Die fließenden Räumlichkeiten machen es vor allem den Ausstellungsmachern nicht leicht, gibt heute auch Giovanna Melandri, die Präsidentin der Stiftungsgesellschaft des MAXXI zu:
    "Es gibt wenige gerade Wände, es ist schwer, Bilder zu hängen, doch bei allen Problemen kann gerade das Künstler, Kuratoren und schließlich das Publikum selbst bereichern. Das Projekt von Zaha Hadid ist ein geradezu visionäres Projekt für ein Museum, für das die Architektin auch mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet worden ist. Es lebt von diesem kontinuierlichen Übergang von Bewegen und Anhalten, von Innen und Außen, von Museum und Stadt."
    Zaha Hadid, die 2016 im Alter von 66 Jahren starb, konnte die Stadt Rom so um ein neues, ganz zeitgenössisches und auf die Zukunft verweisendes Wahrzeichen bereichern.