Moderne Kronleuchter fluten die neue Al-Nour-Moschee mit ihrem hellen, warmen Licht, oben auf Empore ziehen sich Schriftzeichen eines Koranzitats über die gesamte Breite der einstigen evangelischen Kapernaum-Kirche. Das Zitat preist die Jungfrau Maria. Nach der deutschen Übersetzung folgt die arabische Version der Koranstelle.
Die Stuhlreihen auf dem dicken, weichen und reich verzierten Teppich sind voll besetzt. Bei der Eröffnungsfeier der neuen Al-Nour-Moschee im Hamburger Stadtteil Horn halten Senatsmitglieder der Freien und Hansestadt Hamburg kurze Reden. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, ist gekommen, ebenso der Hamburger Landesrabbiner und Vertreter der christlichen Kirche.
Weltoffenes Hamburg
Nach der anderthalbstündigen Feier ist Daniel Abdin, der Vorsitzende der Al-Nour-Gemeinde überglücklich. Seiner Ansicht nach hat es auch mit der Weltoffenheit der Hamburger zu tun, dass das Moschee-Projekt umgesetzt werden könnte: "Ich bin glücklich, dass ich Hamburger bin. Und glücklich, dass ich so viele großartige Menschen kenne. Als Freunde, als Unterstützer, als Bekannte. Großartig! Und heute sowieso, bei der Eröffnung: ein großartiger Tag! Ich bin so glücklich, dass ich ganz Deutschland umarmen kann!"
Daniel Abdin, ein Hamburger Unternehmer libanesischer Abstammung, hatte den Kauf der schon 2002 entwidmeten und zunächst an einen Investor veräußerten Kirche vorangetrieben und danach auch den Umbau gemanagt. Die Kirchenfenster, auch das bunte, in die wabenförmigen Mosaike eingearbeitete Kreuz wurden erhalten, getreu dem Motto des Projekts: "Außen Kirche, innen Moschee". Das neue Gotteshaus solle auch ein Ort der Begegnung verschiedener Religionen werden, erklärt Daniel Abdin:
"Es finden sowieso viele Moscheeführungen statt, viele Seminare mit der evangelischen Kirche, mit der katholischen Kirche, mit der jüdischen Gemeinde. Und das meine ich mit dem 'Haus der Interreligiosität'. Es gibt einen regen Austausch zwischen vielen Religionen. So muss es sein und so ist es halt toll."
Anfängliche Skepsis
Frühzeitig waren die Anwohnerinnen und Anwohner zu Informationsabenden eingeladen worden. Als zu Beginn des Umbaus zwei Dutzend Rechtsextremisten vor der Baustelle demonstrierten, kamen 600 Hamburger zur Gegendemo. Die islamfeindlichen Parolen, die vor drei Wochen an die Moschee gesprüht wurden, verurteilte auch die evangelische Gemeinde. Trotzdem erlebt Pastor Klaus Schäfer vom Zentrum für Mission und Ökumene die Eröffnung der Moschee mit gemischten Gefühlen:
"Es gibt natürlich auch Wehmut. Weil mit dieser Kirche auch viele Erinnerungen verbunden sind. Die Menschen, die hier ein und aus gegangen sind, ihre Familienfeiern hatten, konfirmiert wurden. Das kann ich schon ganz gut nachempfinden, dass man darüber auch ein bisschen traurig ist. Auf der anderen Seite: Wenn man heute erlebt, wie positiv und offen und vertrauensvoll der Umgang miteinander ist und auch wie groß das Interesse aus dem Umfeld hier ist, finde ich das eigentlich eine wunderbare Entwicklung."
Ort der Begegnung
18 Jahre lang nutzte die Al-Nour-Gemeinde eine so gut es ging umgebaute Tiefgarage in Hamburg St. Georg für ihre Freitagsgebete, Feste und Trauerfeiern. Dass nun mit der neuen Al-Nour-Moschee ein heller, repräsentativer Bau dafür zur Verfügung steht, sei ein gutes Gefühl, erklärt Gemeindemitglied Jil Övgü-Cebeli:
"Da fühlen wir uns wohl als Muslime, als Gläubige in diesem Raum. Und es ist ein Segen! Diese Wertschätzung, die man sich selber geben kann, indem man so ein Projekt annimmt und durchhält, die Wertschätzung durch die Unterstützung aus der Gesellschaft erfreut das Herz und bringt noch mehr Motivation, sich in der Gesellschaft zu engagieren. Es ist einfach eine große Dankbarkeit."
Die nächste Gelegenheit, die Moschee in der einstigen Kirche zu erleben, bietet sich schon kommende Woche. Am 3. Oktober, am "Tag der offenen Moschee".