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Erste Ausstrahlung von "Wünsch Dir was"
Spiele, Provokation und ein Eklat

Ende der 1960er-Jahre versuchte sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen an neuen Formen der abendlichen Familienunterhaltung. Nicht mehr nur biedere Ratespiele waren angesagt, sondern innovativer Wettstreit mit angesagten Tabubrüchen. Am 20.12.1969 ging die ZDF-Eurovisions-Show "Wünsch Dir was" auf Sendung.

Von Hartmut Goege |
    Eine Sequenz aus der TV-Sendung "Wünsch Dir was" in der Wiener Stadthalle im März 1971. 24 Folgen lang wurde die Show bis zu ihrer Einstellung vom Ehepaar Dietmar Schönherr und Vivi Bach (ganz rechts) moderiert.
    Eine Sequenz aus der TV-Sendung "Wünsch Dir was" in der Wiener Stadthalle im März 1971. 24 Folgen lang wurde die Show bis zu ihrer Einstellung vom Ehepaar Dietmar Schönherr und Vivi Bach moderiert. (picture alliance/IMAGNO/Votava)
    "Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren …" "Guten Abend, da sind wir!" "Vivi!" "Dietmar" "Und Wünsch Dir was!"
    Es war die beste Sendezeit für klassische TV-Familienunterhaltung. Als am Samstagabend, den 20. Dezember 1969, die ZDF Show "Wünsch Dir was" live auf Sendung ging, bot sich den Zuschauern nicht etwa eine weitere Variante biederer öffentlich-rechtlicher Quizsendungen. Das Ehepaar Vivi Bach und Dietmar Schönherr, das neue Traumgespann des deutschen Fernsehens, betrat die Bühne mit einem radikal neuen Konzept.
    "So, und schon geht’s los, meine Damen und Herren, gleich gehen wir in die erste Spielrunde."
    Nicht Weltmeister des Wissens wurden gesucht, sondern Familien, die möglichst harmonisch und optimal untereinander kooperierten. In gruppendynamischen Spielen traten jeweils drei Durchschnittsfamilien aus der Schweiz, Österreich und Deutschland gegeneinander an. Idealerweise Vati, Mutti, halbwüchsiger Sohn und ältere Schwester:
    "Welches Kleid gefällt Ihrer Meinung nach Ihrer Tochter am besten?" "Ich würde sagen: das letzte." "Sie würden sagen dieses!" "Weil meine Tochter schrecklich gerne Hosen trägt." "Aha, mir scheint die Hose nicht das bemerkenswerteste an diesem Kostüm ..."
    … sondern die dazugehörige Bluse, denn die war durchsichtig. Dass die Tochter sich anschließend darin dem Millionenpublikum präsentierte, empfanden viele als Skandal. Empörte Zuschauer und vor allem Kirchenvertreter beklagten später die "Obszönität" der Show. Die Republik aber hatte neue Gesprächsthemen. Und noch mehr Aufregendes für die regelmäßig rund 30 Millionen Zuschauer sollte folgen.
    "Deswegen gab´s 50 Prozent der Zuschauer, die das begeistert angeschaut haben und 50 Prozent, die es angeschaut haben, weil sie sich richtig ärgern wollten."
    Das Moderatoren-Duo und Ehepaar Vivi Bach (links) und Dietmar Schönherr während einer Sendung von "Wünsch Dir was". Showgast Elke Sommer hält einen Telefonhörer in der Hand.
    Das Moderatoren-Duo und Ehepaar Vivi Bach (links) und Dietmar Schönherr während einer Sendung von "Wünsch Dir was" mit Showgast Elke Sommer (imago images / United Archives / Arthur Grimm)
    Beschwerden gegen die Verantwortlichen zählten fortan zum alltäglichen Geschäft. Selbst Anrufe während der Sendung waren keine Seltenheit, wenn beispielsweise Dietmar Schönherr linke politische Statements in der laufenden Sendung unterstellt wurden:
    "Inzwischen haben viele Leute angerufen, und haben gesagt, ich sollte doch endlich diese rote Nelke aus dem Knopfloch nehmen. Es wäre hier gar kein Platz für irgendwelche Propaganda."
    Provokante Themen als Zuschauermagnet
    Und immer wieder trieben provokante Themen die Zuschauer vor die Bildschirme. Etwa wenn die Autorin Esther Vilar mit ihrem Buch "Der dressierte Mann" Stimmung gegen die aufkommende Frauenbewegung machte.
    "Die Männer sind den Frauen völlig ausgeliefert und können sich selbst nicht helfen." "Pfuii!!" "Danke schön, vielen Dank, Esther, für so viel Mut!"
    Als Einlagen gab es natürlich Auftritte von bekannten Musikern wie Udo Jürgens oder Ivan Rebroff, aber auch mal von Künstlern wie Friedensreich Hundertwasser, der mit originellen, Grünflächen fordernden Städtebaukonzepten noch weitgehend Belustigung hervorrief:
    "Da kann man doch ganz einfach das Dach wegnehmen und eine Wiese drauf stellen."
    "Wünsch Dir was" entwickelte sich aber auch zum Vorreiter des interaktiven Fernsehens. Um die jeweiligen Rundengewinner zu ermitteln, wurden die Zuschauer einer Stadt aufgefordert, zu einer bestimmten Uhrzeit alle Stromquellen einzuschalten oder die Toilettenspülung zu bedienen. Städtische Mitarbeiter überwachten den Verbrauch. Der höchste Anstieg ermittelte den Sieger.
    "Herr Wiedhagen!" "Ja?" "Was sagt die Anzeige?" "Für die Schweizer Familie waren 80 Megawatt!" "Also, das ist ein klarer Punkt für die Familie Lutz aus der Schweiz!"
    Einstellung nach 24 erfolgreichen Sendungen
    Eklat bei der Show "Wünsch Dir was": Eine Kandidaten-Familie wurde für ein Spiel in einem Auto in einem Wasserbassin versenkt wurde und sollte sich daraus befreien. Eine Kandidatin konnte die Tür nicht öffnen und musste von Tauchern gerettet werden.
    Eklat bei der Show "Wünsch Dir was": Eine Kandidaten-Familie wurde für ein Spiel in einem Auto in einem Wasserbassin versenkt wurde und sollte sich daraus befreien. Eine Kandidatin konnte die Tür nicht öffnen und musste von Tauchern gerettet werden. (IMAGNO)
    Für die Gewinner gab´s kein Geld, sie durften sich tatsächlich etwas wünschen, eine Reise etwa oder ein Segelboot. Doch nicht alles lief glatt im neuen Live-Format. Vielen stockte der Atem, als eine Familie sich in einem Auto drei Meter tief in einen Pool versenken ließ.
    "Wir simulieren hier einen sehr häufig vorkommenden Unfall, wo Menschen, wenn sie die Geistesgegenwart behalten, sich aus einem solchen Fahrzeug retten können."
    Doch die Mutter konnte nicht. Ihre Tür klemmte. Und so mussten Taucher die Frau aus dem Auto retten. Die hatte zwar einiges an Wasser geschluckt, doch schon bald lächelte sie wieder tapfer in die Kamera:
    "Sie haben es am schwersten gehabt. War es unangenehm?" "Ja, schon etwas!" "Ja, aber Sie lachen schon wieder!" "Ja, ich lach schon wieder!" "Also, ich bin a bisserl erschrocken."
    Nach 24 erfolgreichen Sendungen wurde "Wünsch Dir was" Ende 1972 eingestellt.
    "Man wollte es nicht mehr haben. Und wir wollten es eigentlich auch nicht, wir haben drei Jahre das gemacht. Es hatte sich erschöpft."
    Dietmar Schönherr aber sollte weiter Fernsehgeschichte schreiben. Drei Monate später startete er als Gastgeber in "Je später der Abend" mit der ersten deutschen Talk-Show.