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Erste Musterfeststellungsklage
"Widerrufsjoker" für Mercedes-Benz-Kunden?

Die erste Musterfeststellungsklage, die vor Gericht verhandelt wird, betrifft nicht VW, sondern die Mercedes-Benz-Bank. Die Kläger wollen feststellen lassen, ob es Formfehler in ihren Kreditverträgen über den Autokauf gibt - und damit ein "ewiges Widerrufsrecht".

Eva Bahner im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Sammlung von Aktenordnern mit Anklageschriften verschiedener Landgerichte Deutschlands zum Dieselskandal
    Gerichte haben bislang sehr unterschiedlich geurteilt (imago stock&people)
    Christoph Heinemann: Seit dem 1. November 2018 ist sie in Kraft, heute hat die Musterfeststellungsklage ihren ersten Praxistest zu bestehen am Oberlandesgericht Stuttgart. Da wird heute erstmals diese neue Art der Sammelklage verhandelt. Eva Bahner aus der Wirtschaftsredaktion - gegen wen?
    Eva Bahner: Nicht gegen Volkswagen, sondern gegen die Mercedes-Benz-Bank, eine 100-prozentige Daimler-Tochter und eine der größten Autobanken in Deutschland. Der Schriftzug auch zu finden auf den VfB-Stuttgart Trikots, übrigens. Und der Kläger ist die Schutzgemeinschaft für Bankkunden, ein eingetragener Verein, der stellvertretend für viele Betroffene nun Klage eingereicht hat beim Oberlandesgericht Stuttgart. 680 Verbraucher haben sich laut Bundesamt für Justiz der dieser Musterfeststellungsklage angeschlossen. Das Gericht hat nun zu klären, ob es Formfehler gibt in den Kreditverträgen, die ab Mitte 2014 geschlossen wurden, also Fehler bei Widerrufsinformationen oder anderen Pflichtangaben. Diese könnten nämlich dazu führen, dass die Kreditnehmer, also die Autokäufer, ihren Vertrag ewig widerrufen können, normalerweise gilt hier ja nur ein 14-tägige Frist - und dann auch ihren Pkw, möglicherweise ja auch gerade ein wenig geliebter Diesel, ohne größeren Wertverlust zurückgeben könnten, ihre Anzahlung zurück bekommen und die bereits gezahlten Raten. Deshalb sprechen Anwälte hier auch vom "Widerrufsjoker".
    "Widerrufsjoker" könnte weniger attraktiv sein als gedacht
    Heinemann: Wir groß sind die Chancen, dass das Gericht zugunsten der Autokäufer entscheidet?
    Bahner: Gerichte haben bislang sehr unterschiedlich geurteilt. Es gab bereits Urteile des Landgerichts Stuttgart, die tatsächlich Formfehler in den Verträgen der Mercedes-Benz-Bank festgestellt haben. Allerdings wurde da auch entschieden, dass die Bank eine Nutzungsentschädigung erhält, also eine Entschädigung für die Kilometer, die der Pkw gefahren ist. Deshalb kann es sein, dass dieser Widerrufsjoker, der ja auch bei Immobilendarlehen angewandt wird oder auch Lebensversicherungen, am Ende doch gar nicht so attraktiv ist. Und: nicht zu vergessen, bei der Musterfeststellungsklage wird nur grundsätzlich entschieden, anschließend muss jeder einzelne sein Recht noch selbst einklagen.
    Und bei dieser Musterfeststellungsklage heute muss auch erst noch grundsätzlich geklärt werden, ob der klagende Verband, die Schutzgemeinschaft für Bankkunden, überhaupt klageberechtigt ist, sich also hauptsächlich der Aufklärung und Beratung widmet und nicht nur ein Abmahnverein ist. Die Richter am Oberlandesgericht Braunschweig, wo die Schutzgemeinschaft für Bankkunden die Kreditverträge der VW-Bank überprüfen lassen wollte, die hatten da nämlich schon Zweifel, auch was die Mitgliederzahl angeht. Dort wurde diese Klage nicht zugelassen. Zugelassen wurde aber die Musterfeststellungsklage gegen den Volkswagen-Konzern – die der Verbraucherzentrale Bundesverband mit dem ADAC eingereicht hat.
    Heinemann: Gibt es da schon einen Verhandlungstermin?
    Bahner: Den gibt es noch nicht, aber es schließen sich immer mehr Dieselfahrer der Klage an, zuletzt waren es 400.000 gewesen, das ist also eine andere Dimension der Sammelklage. Das sind vom Abgasskandal geschädigte Dieselfahrer, die jetzt auf Schadensersatz hoffen für den Wertverlust ihres Pkw.