Genau vor einer Woche landet erstmals eine Raumsonde auf einem Kometen. Philae bleibt aber nicht sofort stehen: Weil eine Bremsdüse und zwei Harpunen an Bord versagen, springt die Landefähre über einen Kilometer hoch und weit.
"Ungefähr in dieser Phase haben wir die erste Messung gemacht. Die Daten sind heil runtergekommen."
Fred Goesmann vom Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung sitzt zu diesem Zeitpunkt im Kölner Kontrollraum des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt, irgendwo in der hintersten Reihe - und ist skeptisch.
"Alle waren vorne am Jubeln: Ja, wir sind gelandet, ganz prima. Dann sah man viele besorgte Gesichter: Nein. Wir sind irgendwie unten, aber das Ding bewegt sich. Der Lander steht nicht still. Verdammt."
Während Philae noch schwebt, glaubt sein Bordcomputer, schon sicher zu stehen. Und Goesmanns Instrument an Bord zeichnet automatisch Daten auf:
"Aus irgendwelchen Gründen haben wir damals geplant: Lass uns mal den Auspuff von unserem Instrument nach unten legen. Da ist er im Schatten. Da ist es immer schön kalt. Das heißt, wir sind Auspuff voran in den Dreck geplumpst. Ich glaube, das war gut in diesem Fall: Wir haben einfach Glück gehabt."
Harter Untergrund lässt Lander mehrfach abprallen
Mit seinem nach unten gerichteten Rohr konnte Goesmanns Instrument vermutlich aufgewirbelten Staub aufsammeln. Es heißt COSAC, ist ein chemischer Schnüffler für organische Moleküle und könnte den Ursprung des Lebens auf der Erde erhellen. Fred Goesmann hofft daher bis zu Philaes Ende, dass COSAC auch noch eine vom Bohrer eingesammelte Probe aus dem Untergrund erhält. Zunächst fotografieren aber Kameras die Umgebung. Ein Radar durchleuchtet den Kometen. Wie hart der Boden ist, zeigen die ungewollten Sprünge des Landers, sagt Goesmann:
"Die Oberfläche war nicht sofort hart. Also da ist Puderzucker auf dem Asphalt oder so. Am Anfang ist das anscheinend nicht so fest. Aber dann auf einmal wird das derartig bretthart darunter."
Als Freitag früh ein hammergetriebener Messfühler ausfährt, schafft der es kaum, in den Boden einzudringen. Mit den letzten Energiereserven fährt Philae schließlich am Nachmittag seinen Bohrer aus, um eine Probe für den Schnüffler COSAC zu nehmen. Philae steht aber schief. - Ob der Bohrer überhaupt den Boden erreicht hat, versucht Fred Goesmann noch immer herauszufinden:
"Ob da eine Probe drin war: Wir kauen noch an den Daten rum. Wenn, dann war das verflixt wenig. Ja, gute Güte. Wir wussten nicht, wo der Bohrer wirklich hin zeigt. Ob der denn überhaupt eine Chance hatte, den Boden zu berühren."
Philae könnte wiedererwachen
Deshalb ist jetzt Detektivarbeit gefragt. Die Forscher wollen prüfen, ob der Bohrer selbst einen Widerstand spürte - und ob in den Landefüßen installierte Sensoren durch den Bodenkontakt leicht erschüttert wurden. Wenn nicht, bleibt die Staubmessung vom ersten Kometenhüpfer, bei der Fred Goesmann bereits organische Moleküle nachweisen konnte, deren Natur sein Team aktuell untersucht. Und vielleicht erwacht Philae auch noch einmal: Denn der Komet kommt der Sonne in den nächsten Monaten immer näher. Bis dahin darf nur die Kälte von rund minus 170 Grad Celsius dem seit Samstag früh abgeschalteten Lander nicht zu sehr zusetzen, hofft der Forscher:
"Es ist sehr wohl möglich, dass eine Menge kaputt geht bei den sehr tiefen Temperaturen. Ich habe da so ein paar Teile bei mir im System drin, bei denen ich weiß: Minus hundert Grad geht, aber danach funktionieren die nicht mehr allzu gut. Das sind so Sachen, wo die thermischen Ausdehnungen nicht mehr zusammen passen und wo dann einfach etwas bricht."
Wenn der Komet der Sonne im Frühjahr deutlich näher gekommen ist, könnten sich die Solarzellen der Landesonde vielleicht wieder aufladen. Und dann könnte Philaes ungewollter Landeort sogar von Vorteil sein.
"Wir sitzen am Äquator. Wir gehen also nicht in irgendeine Winterjahreszeit. Wenn wir Glück haben, funktioniert unser Krempel noch sehr viel dichter an der Sonne."