Auf der anderen Straßenseite stehen Demonstranten, die gegen die Kohlepolitik protestieren. Der Lärm ihrer Trillerpfeifen und Hörner dringt so wie auch der kalte Januarwind ins Foyer der SPD Parteizentrale.
"Geht nicht anders, ok . Guten Morgen."
Es geht nicht anders, entschuldigt sich der Hausherr bei den Journalisten für den eisigen Durchzug und versucht, gute Laune zu verbreiten.
"Herzlich willkommen im Willy Brandt Haus."
Alle Parteien gegen ein "Weiter so"
Auch für die Politiker, die sich in der sechsten Etage der Parteizentrale treffen, geht es jetzt nicht anders. Die Gespräche zwischen CDU, CSU und SPD sind die letzte Chance, ein Regierungsbündnis für Deutschland zu schmieden.
"Ich sage noch mal: Wir müssen uns verständigen."
Macht Horst Seehofer zum Auftakt Druck auf die Verhandlungsführer. Nachdem seine CSU in den ersten Tagen des Jahres mit spitzen Äußerungen und provokanten Gesten die Distanzen zwischen den alten und möglichen neuen Regierungspartnern markiert hat, will er nun deutlich machen, dass es an mangelnden Willen aus Bayern nicht scheitern solle. Eine Sorge treibt die Vorsitzenden aller drei Parteien gemeinsam um:
"Die drei Parteivorsitzenden haben in ihren Eingangsstatements deutlich gemacht, auch angesichts des Wahlergebnisses, dass es ein 'weiter so' nicht geben kann."
Berichtet SPD Generalsekretär Lars Klingbeil als offizieller Sendbote der Parteien am Abend aus den Gesprächen hinter verschlossenen Türen. Dass eine Neuauflage der Großen Koalition keineswegs einfach eine Fortsetzung der bisherigen Politik bedeute, ist eine Botschaft, an der besonders den Sozialdemokraten gelegen ist.
"Wir befinden uns in einer neuen Zeit. Und diese Zeit braucht eine neue Politik."
Schnelle Sondierung angestrebt
Das ist die Messlatte, an der die SPD Führung um Martin Schulz ihre Verhandlungsergebnisse schon in zwei Wochen von einem Sonderparteitag beurteilen lassen will.
"Die Deutschen haben einen Anspruch darauf, dass es schnell geht. Wir haben nach der Bundestagswahl erlebt, dass sich die Jamaika-Parteien acht Wochen Zeit gelassen haben. So viel Zeit werden wir uns nicht nehmen."
Bis Donnerstag sollen Ergebnisse der Sondierungsgespräche vorliegen. Genügen sie die Parteibasis nicht, kann die Spitze nicht mit einem Mandat für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen rechnen. Bis zu einer Regierungsbildung aber dürfte es auch nach einem positiven Votum des SPD Parteitages am übernächsten Sonntag immer noch weitere Wochen dauern.
"Wir glauben, dass die Aufgaben, die vor uns liegen und für die wir auch den Auftrag der Wählerinnen und Wähler haben, gewaltig sind."
Hatte Angela Merkel zum Beginn der ersten Gesprächsrunde erklärt.
Arbeitsgruppen kommen unterschiedlich schnell voran
Nach einem Auftakt im engsten Kreis der sechs Partei- und Fraktionsvorsitzenden tagte ein Plenum der jeweils 13 Delegierten von CDU, CSU und SPD. Dann teilten sich die 39 Unterhändler in 15 Arbeitsgruppen auf.
"Wir sind in manchen Arbeitsgruppen weit vorangekommen, in anderen noch nicht so weit. Sie verstehen, dass es da unterschiedliche Intensitäten gibt, und wir haben gemeinsam vereinbart, dass wir aus diesen Arbeitsgruppen nicht berichten."
Erklärte SPD Generalsekretär Lars Klingbeil am Abend wenig sagend im Auftrag der Delegationen. Alle anderen Beteiligten hatten zuvor ein Schweigegelübde abgelegt. Es scheint zunächst, als hielten sich die Verhandlungsteilnehmer zumindest bis auf weiteres auch daran.
Kompromisswillige Spitzen - Widerstand aus Teilen der Basis
Zur zweiten Gesprächsrunde kommen sie heute um neun Uhr in der Parteizentrale der CDU, dem Konrad Adenauer Haus, zusammen. Am Dienstag zieht die Karawane dann weiter zu Bayerischen Landesvertretung, wo die CSU Gastgeberin sein wird. Die Wege in Berlin Mitte sind nicht weit, mehr als knapp vier Kilometer liegt zwischen keinem der Verhandlungsorte. Die größten Distanzen dürften bei allen Parteien am Ende zwischen den kompromisswilligen Spitzen und den widerstrebenden Teilen der eigenen Basis zu überwinden sein.