Die Jugend der Welt sollte nicht länger auf Schlachtfeldern sterben, sondern sich lieber bei großen, internationalen Sportfesten messen. Diese Vision konnte der französische Pädagoge Pierre de Coubertin nach langer Vorbereitung im April 1896 in Athen endlich verwirklichen.
Knapp 250 männliche Sportler aus 14 Nationen nahmen an den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit teil. In neun Sportarten traten sie gegeneinander an. Den Marathonlauf, der als letzter Leichtathletikwettkampf gestartet wurde, hatte man bei den ersten Spielen seit der Antike sozusagen als historische Reverenz mit ins Programm aufgenommen.
Knapp 250 männliche Sportler aus 14 Nationen nahmen an den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit teil. In neun Sportarten traten sie gegeneinander an. Den Marathonlauf, der als letzter Leichtathletikwettkampf gestartet wurde, hatte man bei den ersten Spielen seit der Antike sozusagen als historische Reverenz mit ins Programm aufgenommen.
Der Legende nach hat ein Läufer nach der Schlacht bei Marathon, 490 v. Chr., die Botschaft vom Sieg der Athener über die Perser überbracht. Nachdem er die 40 Kilometer lange Strecke zurückgelegt hatte, soll er in Athen tot zusammengebrochen sein.
Auch am 10. April 1896 führt der Weg wieder von Marathon über staubige Straßen nach Athen. 13 der 17 Starter des ersten olympischen Rennens sind Griechen. Drei Kilometer vor dem Ziel im Panathinaikostadion, wo 70.000 Menschen die Ankunft der Läufer kaum erwarten können, liegt Edwin Flack in Führung.
Der Mann mit der Pferdelunge
Aber die Beine des Australiers werden immer schwerer. Jetzt schlägt Spiridon Louis´ große Stunde. Der Lokalmatador, der sein tägliches Brot als Wasserträger in der griechischen Hauptstadt verdient, hat nicht nur eine Pferdelunge, auch den Streckenverlauf kennt der ehemalige Schafhirte wie seine Westentasche:
"Meine Füße liefen fast von alleine, als ich den Australier überholte. Aber auch meine Kräfte schwanden wegen des hohen Tempos." So hat der 23-jährige Spiridon Louis die qualvollen letzten fünf Minuten des ersten Olympischen Marathons hinterher beschrieben. Doch er hält durch:
"Nein, habe ich mir gesagt, wenn ich jetzt aufgebe, bringe ich Schande über Griechenland und meine Familie. Ich werde nicht aufgeben, und ich werde gewinnen. Die griechische Fahne wird wehen und unsere Nationalhymne wird erklingen. Ich begann, die Hymne zum Takt meiner Schritte zu singen."
Königliche Freudentränen
Als Louis, braungebrannt und verschwitzt, knapp drei Stunden nach dem Start ins Athener Stadion einbiegt, ist das Publikum völlig aus dem Häuschen. Hüte und Schals werden geschwenkt, Böller gezündet. Wildfremde Menschen fallen sich um den Hals. Der erste Marathon-Olympiasieger ist ein Grieche! Auch auf den besseren Plätzen, bei König Georg und Prinz Konstantin, fließen Freudentränen.
Für den Sporthistoriker Alexander Kitroeff war dies nicht nur ein stolzer Moment für die Griechen. Die Bedeutung des Marathons ging weit über das Nationalgefühl hinaus:
" Man kann sagen, dass die Szenen am Schluss des Marathonlaufs das Ausrufezeichen waren, das die Olympischen Spiele 1896 brauchten. Das gemeinsame, emotionale Erlebnis von Louis´ Sieg sorgte für eine Verbindung zwischen Athleten und Publikum. Diese besondere Erfahrung hat dazu geführt, dass die Olympischen Spiele im Gedächtnis blieben und im Verlauf des 20. Jahrhunderts zu einem der wichtigsten Sportereignisse der Welt werden konnten.
Ehrengast 1936 in Berlin
Spiridon Louis jedoch kehrte nach seinem phänomenalen Olympiasieg in sein altes, arbeitsreiches Leben als Bote und Träger zurück. Abgesehen von einem Pferd, einem neuen Karren, täglichen Gratismenüs in seiner Lieblingstaverne sowie einer goldenen Uhr soll der Volksheld keine nennenswerten Zuwendungen erhalten haben. Auch einen Marathonlauf soll Louis nicht mehr in Angriff genommen haben. Seinen letzten großen öffentlichen Auftritt hatte er als Ehrengast bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin. Vier Jahre später starb der erste Marathonolympiasieger mit 67 Jahren an einem Herzinfarkt.