Als Ehrengast im Bundestag bei der Gedenkstunde zum Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren würdigte Alfred Grosser die Überwindung des Militarismus in Deutschland. Der deutsch-französische Politikwissenschaftler und Publizist sagte, die Verbände von französischen und deutschen Geschichtslehrern hätten bereits 1952 zum Ersten Weltkrieg festgestellt, "alle seien mitverantwortlich gewesen, aber es habe eine deutsche Besonderheit gegeben: den Platz des Militärs in der Gesellschaft." Doch erst die totale Niederlage im Zweiten Weltkrieg habe den Militarismus in der deutschen Gesellschaft endgültig besiegt und ein neues Deutschland hervorgebracht.
"Die Bundesrepublik bleibt ein Sonderfall in Europa." Grosser erläuterte, aufgebaut worden sei der Staat nicht auf dem Prinzip der Nation, sondern auf dem politischen Prinzip der Ablehnung von Adolf Hitler und Josef Stalin. "Leider hat das deutsche Beispiel die anderen Staaten und Nationen kaum angesteckt", vielmehr gehe der Trend "heute sogar in die andere Richtung", mahnte der Historiker.
Rivalität nur noch auf dem Fußballplatz
Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) rief vor den Abgeordneten im Bundestag die Begeisterung für das Militär im Kaiserreich in Erinnerung. Dass es Europa nach zwei Weltkriegen gelungen sei, der Gewalt ein Ende zu bereiten, sei ein großer Verdienst. Heute sei die Rivalität etwa zwischen Frankreich und Deutschland nur noch auf den Fußballplätzen zu spüren.
Lammert erinnerte noch einmal daran, dass die europäischen Mächte 1914 trotz enger verwandtschaftlicher Beziehungen nicht gewillt waren, den Krieg zu verhindern. Nötig zur Deeskalation seien starke "supranationale Institutionen" gewesen, die heute glücklicherweise existierten.