Archiv

Erstes TV-Duell Clinton - Trump
Trump war "wie immer mit sich selbst beschäftigt"

Bei der Fernsehdebatte zwischen den US-Präsidentschaftsbewerbern habe die demokratische Kandidatin Hillary Clinton bewiesen, dass sie ein Profi sei, sagte Jackson Janes, Präsident des American Institute for Contemporary German Studies, im DLF. Er sieht die Demokratin im Vorteil, wenn es darum geht, bislang unentschiedene Wähler zu überzeugen.

Jackson Janes im Gespräch mit Bettina Klein |
    Der republikanische Bewerber für das Präsidentenamt, Donald Trump, habe vor allem "seine Persona verkaufen" wollen. Während er "wie immer mit sich selbst beschäftigt" und "drohend in seinem Benehmen" gewesen sei, sei Clinton profiartig und sachlich aufgetreten und habe versucht, sehr ruhig zu bleiben. Das sei ein deutlicher Kontrast gewesen. Viel Zeit für sachliche Auseinandersetzungen habe es nicht gegeben.
    Diejenigen, die bereits eine Meinung pro Trump oder pro Clinton gebildet hätten, würden sich durch die jeweiligen Auftritte bestätigt fühlen, so Janes.
    Trump erkenne Ängste und artikuliere sie, habe aber keine Rezepte, sie zu bewältigen. Das reicht aber nach Janes' Einschätzung nicht. "Ich denke, die meisten Leute werden sagen: Wir brauchen sachliche stabile Vorstellungen, wie es weitergeht." Eine Wahl Trumps würde Unberechenbarkeiten mit sich bringen, unter anderem darüber, wer mit ihm mitregieren würde, so Janes.

    Das Interview in voller Länge:
    Bettina Klein: Wir schauen noch mal auf das TV-Duell Hillary Clinton/ Donald Trump, und zwar zusammen mit dem US-Politikwissenschaftler Jackson Janes vom American Institute for Contemporary German Studies. Wir erreichen ihn heute Morgen in London. Schönen guten Morgen!
    Jackson Janes: Guten Morgen!
    Klein: Ein Fazit wird heute schon von vielen Beobachtern gezogen. Hillary Clinton hat sich sehr gut, sehr souverän geschlagen, mit viel Authentizität und mit viel Humor. Donald Trump ist in den Statements nicht so gut weggekommen. Ist das auch Ihr Eindruck?
    Janes: Ja, an sich schon. Ich meine, sie war sehr profiartig, sachlich und versuchte natürlich, irgendwie sehr ruhig zu bleiben. Er war mit sich selbst wie immer beschäftigt und zum Teil auch ziemlich drohend in seinem Benehmen und ständigen Unterbrechungen, fast ein Schreihals. Insofern war das ein ziemlich eindeutiges Kontrastbild.
    Klein: Aber nicht viel Neues haben wir in der Debatte gehört. Oder doch?
    Janes: Nein, es war nicht so die Zeit für sachliche Auseinandersetzungen. Insofern meine ich, zum Teil wird das wahrscheinlich so wirken auf die Leute, die sowieso schon bei Trump oder bei Clinton waren, bevor die Sendung es bestätigen würde. Aber das ist natürlich immer so bei diesen Debatten.
    "Es gibt eine Menge Wähler, die schon ihre Meinung gebildet haben"
    Klein: Manche hatten schon den Eindruck, dass sie relativ entspannt wirkte und insofern auch präsidiabel, und dass dieser Kontrast einfach, was auch die Optik der beiden anging, deutlich, entspannter und präsidiabler, einfach rüberkam als der Konkurrent Donald Trump. Das heißt, da würden Sie nicht sagen, dass das eventuell noch mal Skeptiker überzeugt?
    Janes: Ich denke. Ich meine, die Tatsache ist, dass das, was Sie eigentlich angesprochen hatten, seine Schwachpunkte waren. Ich sage es noch mal: Ich meine, die Leute, die sowieso an Trump glauben, werden das sowieso vergessen und nicht wahrnehmen wollen.
    Es gibt natürlich dann eine ganze Menge Wähler, die schon ihre Meinung gebildet haben. Das wissen wir jetzt. Es sind noch weniger als 45 Tage. Aber diese unentschiedenen Wähler konnten doch deutlich sehen, dass sie ein Profi ist, und er will einfach mehr seine Person verkaufen als einen Vorteil, und das müsste eigentlich schon einen wirksamen Eindruck hinterlassen haben, negativ und positiv.
    Klein: Welchen Stellenwert hat jetzt diese TV-Debatte, dieses TV-Duell? Es folgen ja noch mal zwei weitere.
    Janes: Ja, und das ist dann natürlich die Frage. Ich meine, man kann natürlich davon ausgehen, dass die gesamte Beratung um Trump herum wohl diskutieren wird, wie machen wir das dann besser nächstes Mal. Und meiner Ansicht nach hat sich das auch in der Vergangenheit schon gezeigt, was dazu gelernt werden kann. Aber ich glaube nicht, dass er sein Benehmen und seine Art und Weise, wie er sich darstellt, radikal ändern kann in zwei folgenden Debatten. Insofern: Man sah, was man bekommt, man bekommt, was man sah gestern Abend. Ich glaube, es wird sich nicht viel ändern in den nächsten Wochen.
    Klein: Jackson Janes, in Deutschland können viele bis heute nicht verstehen, dass überhaupt Menschen Donald Trump wählen möchten und wie viele Anhänger er inzwischen mobilisiert hat. Kurz auf einen Nenner gebracht: Wie erklären Sie das dem deutschen Bürger, dem deutschen Publikum?
    Janes: Er ist eigentlich auf gewisse Schwachpunkte gestoßen, die für viele Amerikaner - übrigens ist das auch nicht nur in Amerika der Fall - sehr wirksam wirken. Er erkennt Ängste, er erkennt Unsicherheiten und natürlich auch die Gefahren, die ringsherum auf der Welt, und zwar auch in Amerika, existieren. Das ist ja eine Realität. Und er kann das artikulieren. Er hat natürlich keine Rezepte, wie man das bewältigen kann, aber er spricht diese Ängste an und ich glaube, Leute sagen, okay, das ist mir im Herzen, was er sagt, so komme ich mir auch vor, sprachlos und nicht vertreten. Das kann er gut dann verkörpern. Aber das ist der Punkt: Er verkörpert das, nicht mehr.
    Klein: Er spricht Dinge aus, die aber vielleicht bisher nicht so deutlich ausgesprochen wurden. Ich erinnere mich gerne an das Stichwort "Amerika - in Teilen sieht es aus wie ein Dritte-Welt-Land oder Entwicklungsland". Das ist eher etwas, das man von frustrierten Europäern hört, wenn sie in die USA reisen, aber ich habe das noch nie von einem Amerikaner gehört. Donald Trump hat das so ausgesprochen, so drastisch und so deutlich. Gleichzeitig verbindet er das mit einem großen Patriotismus. Ist das ein bisschen auch der Trick gewesen?
    Janes: Vielleicht ein verfehlter Trick. Ich meine, die Leute wählen meistens, was eine positive Darstellung des Landes darstellt. Das hat Reagan gemacht, das hat Clinton gemacht, Obama auch. Ich meine, dass er ein so dunkles Bild darstellt, das hat man auch bei dem Parteitag in Cleveland deutlich bemerkt. Es ist die Frage: Wollen Leute einfach hören, wie schlimm die Sache ist, oder wollen sie hören, wie man irgendwie eine bessere Zukunft vorstellen kann.
    "Die meisten werden wohl sagen, wir brauchen mehr sachliche, stabile Vorstellungen"
    Klein: Wir machen uns ja doch relativ große Sorgen, auch gerade vor dem Hintergrund, dass Populisten auch in Europa zunehmend Zulauf bekommen, teilweise in einigen Ländern. Und manche befürchten sogar, dass in mehreren Staaten und am Ende auch in den USA autoritäre Politiker qua Wahlen an die Macht kommen und Demokratien verändern. Hegen Sie selbst auch diese Sorge im Augenblick, sechs Wochen vor der Wahl, oder sollten wir da mehr Vertrauen in eine mehr als 200 Jahre alte Demokratie haben, wie die USA eine ist?
    Janes: Winston Churchill hat irgendwann gesagt, Amerika kriegt es immer hin, nachdem sie eine ganze Menge anderer Dinge ausprobiert haben. Ich glaube, wir sind beim Ausprobieren in den nächsten Wochen, aber am Ende glaube ich schon, die meisten Leute werden wahrscheinlich sagen, wir brauchen mehr sachliche, etwas stabile Vorstellungen, wie das weitergeht, und nicht, sagen wir mal, ungehaltene Aufregung.
    Klein: Und wenn nicht, was wäre dann das Schlimmste, was eintreten würde mit einer Präsidentschaft Donald Trump?
    Janes: Unberechenbarkeiten und zum Teil auch die Frage, wer kommt mit ihm ins Boot, wer wird mitregieren. Und das ist aus jetziger, heutiger Sicht nicht sehr deutlich klar.
    Klein: Nicht deutlich klar. Das heißt, auch nach diesem TV-Ereignis, dem hoch gefeierten, ist für Sie der Wahlkampf genauso offen, wie er vor zwölf Stunden war?
    Janes: Wissen Sie, die nationalen Umfragen sind momentan nicht richtig wahrzunehmen. Die Frage ist, was passiert in den 50 einzelnen Bundesländern. Wir haben keine nationale Wahl. Wir haben 50 Wahlen. Und da ist eigentlich die Frage, in diesen verschiedenen Bundesländern, wie wird eigentlich gestern Abend wahrgenommen. Insofern denke ich, am Ende werden wohl nicht die jetzigen Umfragen darstellen können, was die Leute in 40 Tagen haben.
    Allerdings sage ich auch: Die meisten Leute haben wahrscheinlich ihre Meinung gebildet, und die Frage ist, was bleibt bei diesen 15, 20 Prozent Unentschiedenen, was noch unentschieden bleibt.
    Klein: Der US-Politikwissenschaftler Jackson Janes heute Morgen im Deutschlandfunk. Danke Ihnen für Ihre Einschätzung.
    Janes: Gerne!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.