"Pius IX. ist derjenige, der das Konzil einberuft. Und das Hauptmotiv ist die Auseinandersetzung mit der französischen Revolution und die große Frage, wie man eigentlich mit den liberalen Freiheiten der Welt umgehen kann und will. Und die Lösung, die das Konzil anbietet, ist Abschottung."
Gisela Muschiol, Institut für Kirchengeschichte, Universität Bonn. Die Französische Revolution von 1848 bewirkt, dass auch in anderen europäischen Ländern die bestehenden Machtverhältnisse und die Position der katholischen Kirche infrage gestellt werden.
Gisela Muschiol, Institut für Kirchengeschichte, Universität Bonn. Die Französische Revolution von 1848 bewirkt, dass auch in anderen europäischen Ländern die bestehenden Machtverhältnisse und die Position der katholischen Kirche infrage gestellt werden.
Presse-, Meinungs- und Glaubensfreiheit als Verfehlung
Papst Pius der IX. versucht dem entgegenzuwirken und veröffentlicht 1864 den Syllabus Errorum. Eine Liste, die 80 Verfehlungen aufzählt.
"Da wird Pressefreiheit verurteilt, Demokratie verurteilt, Meinungsfreiheit verurteilt, Religionsfreiheit verurteilt. Freiheiten insgesamt. Und die werden allesamt im Syllabus als irrig verurteilt."
"Da wird Pressefreiheit verurteilt, Demokratie verurteilt, Meinungsfreiheit verurteilt, Religionsfreiheit verurteilt. Freiheiten insgesamt. Und die werden allesamt im Syllabus als irrig verurteilt."
Mit diesem anti-liberalen Katalog sollen die Gläubigen auf konservativem Kirchenkurs gehalten werden. Auch die obersten Kleriker will der Papst auf seine Seite bringen. Dazu soll das von ihm einberufene Konzil dienen.
Am 8. Dezember 1869, an Mariä Empfängnis, ist es soweit: Über 700 Bischöfe und Kloster-Äbte aus der ganzen Welt versammeln sich in Rom.
Einige Konzilsteilnehmer hegen die Hoffnung, einen liberaleren Kurs der Kirche durchsetzen zu können. Doch durch geschickte Zusammensetzung der Beratungskommissionen wird verhindert, dass sich eine Opposition bilden kann. Außerdem behält sich der Papst das Recht vor, die Kommissions-Präsidenten zu benennen. Diesen gleichgeschalteten Gremien - und nicht etwa einer Generalversammlung - obliegt die Entscheidungsgewalt beim Konzil.
"Es gibt fünf vorbereitende Kommissionen, die erarbeiten insgesamt 65 Schemata. Von diesen 65 Schemata werden dann am Ende nur fünf überhaupt diskutiert."
Am 8. Dezember 1869, an Mariä Empfängnis, ist es soweit: Über 700 Bischöfe und Kloster-Äbte aus der ganzen Welt versammeln sich in Rom.
Einige Konzilsteilnehmer hegen die Hoffnung, einen liberaleren Kurs der Kirche durchsetzen zu können. Doch durch geschickte Zusammensetzung der Beratungskommissionen wird verhindert, dass sich eine Opposition bilden kann. Außerdem behält sich der Papst das Recht vor, die Kommissions-Präsidenten zu benennen. Diesen gleichgeschalteten Gremien - und nicht etwa einer Generalversammlung - obliegt die Entscheidungsgewalt beim Konzil.
"Es gibt fünf vorbereitende Kommissionen, die erarbeiten insgesamt 65 Schemata. Von diesen 65 Schemata werden dann am Ende nur fünf überhaupt diskutiert."
Glaube statt Fortschritt und Vernunft
So entscheidet das Konzil, dass der Glaube unabdingbar über der Vernunft zu stehen habe. Ein Anachronismus in einer Zeit, die von wissenschaftlichem Fortschritt und moderner Technik bestimmt ist. Doch das ist noch nicht alles. Mitten in das Konzil hinein wird im März 1870 ein Punkt zur Abstimmung gebracht, der dem Papst unter den Nägeln brennt: Um seine Machtposition zu stärken, will er sich für unfehlbar erklären lassen.
"Wenn der Papst in höchster apostolischer Amtsgewalt entscheidet, eine Lehre über Glauben oder Sitten sei von der ganzen Kirche festzuhalten, so besitzt er jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei endgültigen Entscheidungen in Glaubens- und Sittenlehren ausgerüstet haben wollte. Diese endgültigen Entscheidungen sind daher unabänderlich. Wer sich aber unterstehen sollte, dieser Unserer Entscheidung zu widersprechen, der sei ausgeschlossen."
Vor der offiziellen Abstimmung über das Dogma will der Papst erst einmal durch einen Probedurchgang Klarheit über die Mehrheitsverhältnisse erhalten.
"Dort sind 601 Bischöfe anwesend und von denen stimmen 451 mit Ja, 88 mit Nein und weitere 62 möchten noch Veränderungen. Das heißt, wir haben eine Minorität von 20 Prozent, die nicht einverstanden ist und diese Minorität reist ab."
"Wenn der Papst in höchster apostolischer Amtsgewalt entscheidet, eine Lehre über Glauben oder Sitten sei von der ganzen Kirche festzuhalten, so besitzt er jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei endgültigen Entscheidungen in Glaubens- und Sittenlehren ausgerüstet haben wollte. Diese endgültigen Entscheidungen sind daher unabänderlich. Wer sich aber unterstehen sollte, dieser Unserer Entscheidung zu widersprechen, der sei ausgeschlossen."
Vor der offiziellen Abstimmung über das Dogma will der Papst erst einmal durch einen Probedurchgang Klarheit über die Mehrheitsverhältnisse erhalten.
"Dort sind 601 Bischöfe anwesend und von denen stimmen 451 mit Ja, 88 mit Nein und weitere 62 möchten noch Veränderungen. Das heißt, wir haben eine Minorität von 20 Prozent, die nicht einverstanden ist und diese Minorität reist ab."
Mit nur zwei Gegenstimmen zur Unfehlbarkeit
Im entscheidenden Wahlgang wird die päpstliche Unfehlbarkeit dann am 18. Juli 1870 mit nur zwei Gegenstimmen verabschiedet. Der Papst hat sein Ziel erreicht. Doch Teile der katholischen Bevölkerung distanzieren sich von ihm und bilden die seitdem bestehende Religionsgemeinschaft der Altkatholiken.
"Ein Konzil, das quasi eine Spaltung bedingt, ist kirchenhistorisch insgesamt auf 2.000 Jahre hochgerechnet ein ganz fatales Ergebnis."
"Ein Konzil, das quasi eine Spaltung bedingt, ist kirchenhistorisch insgesamt auf 2.000 Jahre hochgerechnet ein ganz fatales Ergebnis."
Zu einer Konzil-Fortsetzung kommt es nicht
Nach einer Pause soll das Konzil im November fortgesetzt werden. Doch dazu kommt es nicht. Am 19. Juli erklärt Frankreich Preußen den Krieg. Für den Kirchenstaat, der einmal noch ganz Mittelitalien umfasste, hat das Konsequenzen.
"Frankreich als Schutzmacht des Vatikan zieht seine Truppen ab, um die Truppen für den Deutsch-Französischen Krieg freizuhaben. Und in dem Augenblick marschieren italienische Truppen in den Kirchenstaat ein."
Seitdem begrenzt sich die weltliche Macht der römisch-katholischen Kirche auf das kleinste Staatsgebiet der Welt, den Vatikan in Rom.
"Frankreich als Schutzmacht des Vatikan zieht seine Truppen ab, um die Truppen für den Deutsch-Französischen Krieg freizuhaben. Und in dem Augenblick marschieren italienische Truppen in den Kirchenstaat ein."
Seitdem begrenzt sich die weltliche Macht der römisch-katholischen Kirche auf das kleinste Staatsgebiet der Welt, den Vatikan in Rom.