Ein Schüttler mischt Nährlösungen, die Klimaanlage rauscht. An einem Lochblech hängt ein dickes Reagenzglas. Darin leben über zehn Milliarden Bakterien der Art Escherichia Coli. Ungefährliche Darmbakterien, wie sie in Wissenschaftslabors überall verwendet werden. Mehr Bakterien in einem Glas als Menschen auf der Erde leben.
Der Biochemiker Nediljko Budisa von der Technischen Universität Berlin hat die Bakterien im Glas dazu gebracht, Substanzen herzustellen, die in der Natur unmöglich sind.
"Was wir machen: Die Zelle hat einen natürlichen Syntheseweg. Diesen natürlichen Weg schalten wir aus und bauen einen alternativen Weg. Dann zwingen wir die Zellen diesen neuen alternativen Weg zu gehen."
Aminosäuren sind die Bausteine aller Proteine. Den Lebewesen reichen 20 Aminosäuren um die biochemische Vielfalt der Natur zu erzeugen. Den Berliner Biochemikern war das nicht genug. Sie brachten ihre Bakterien dazu, künstliche Aminosäuren in natürliche Biomoleküle einzubauen. Nediljko Budisa will so das Spektrum der Natur erweitern.
"Die ganze Chemie des Lebens ist standardisiert. Wenn man chemische Vielfalt erzeugen will, muss man noch während der Synthese die Vielfalt erhöhen. Und wie bringt man die Zelle dazu? Man muss die Zellen konfigurieren. Ich konfiguriere also die Zellen so, dass sie keinen anderen Ausweg haben als diese synthetischen Stoffe aufzunehmen oder zu sterben."
Mit Methoden der Gentechnik blockiert Nediljko Budisa einen Stoffwechselweg der Bakterien. Sie können dann bestimmte natürliche Aminosäuren nicht mehr selbst herstellen. Den Bakterien fehlen nun wichtige Bausteine des Lebens. Um dennoch zu überleben, brauchen sie Ersatz. Den bietet Budisa in Form einer künstlich hergestellten Aminosäure an.
Die meisten Bakterien gehen zu Grunde. Aber einige wenige lernen, den neuen Baustein zu nutzen. Das geschieht nach den Gesetzen der Evolution: Mutation und Selektion. So können neuartige Wirkstoffe entstehen.
In kleinen Bioreaktoren züchteten die Berliner Forscher bereits Bakterien, die mithilfe solcher künstlichen Aminosäuren besondere Antibiotika herstellen, sogenannte Lantibiotika. Der Name stammt von einer bestimmten chemischen Struktur, der Lanthionin-Gruppe. Lantibiotika bestehen – wie Proteine - aus Aminosäuren.
"Man hat bis jetzt diese komplexen Strukturen durch normale chemische Synthese gemacht. Das ist sehr schwierig und sehr aufwendig. Salopp gesagt: Wir versuchen jetzt diese Bakterien, diese Viecher, dazu zu bringen, diese komplexe Chemie für uns zu machen."
An der Technischen Universität Berlin arbeitet Nediljko Budisa mit Roderich Süssmuth zusammen. Das Konzept, mit zusätzlichen Aminosäuren neue chemische Strukturen für Lantibiotika zu schaffen, hat den Chemiker sofort überzeugt.
"Die Lantibiotika sind strukturell so komplex, dass sich eine chemische Synthese auf keinen Fall lohnen würde, um eines Tages eine Anwendung als Wirkstoff zu haben. Aus diesem Grunde ist die Zelle die Maschinerie, die uns den Wirkstoff synthetisiert. Und diese Zelle wird manipuliert, und wir versuchen herauszufinden, wie weit wir diese Manipulation treiben können."
Das einzige bislang gebräuchliche Lantibiotikum ist das Nisin. Krankheitserregern ist es bis heute nicht gelungen, Resistenzen gegen Nisin zu entwickeln. Ob das so bleibt, ist offen. Nun suchen die Forscher der TU Berlin nach weiteren, stärkeren Lantibiotika.
"Zum einen können Sie mit genetischen Methoden versuchen, die Struktur zu modellieren. Zum Beispiel ist es so, dass Lantibiotika Ringe tragen. Das ist ein Charakteristikum dieser Strukturklasse. Und jetzt kann man sagen: Was passiert, wenn wir die Ringgröße ändern. Wir machen sie kleiner, wir machen sie größer, wir modellieren mehrere Ringe ineinander. Was passiert mit der antibiotischen Aktivität? Aber auch: Was passiert mit den pharmakologischen Eigenschaften?"
Die Chemiker und Biochemiker der Technischen Universität Berlin konnten bereits mehrere Formen eines Lantibiotikums namens "Lichenicidin" erzeugen. Damit lassen sich viele Bakterien bekämpfen – auch resistente Bakterien, gegen die andere Antibiotika nicht mehr wirken.
Der Biochemiker Nediljko Budisa von der Technischen Universität Berlin hat die Bakterien im Glas dazu gebracht, Substanzen herzustellen, die in der Natur unmöglich sind.
"Was wir machen: Die Zelle hat einen natürlichen Syntheseweg. Diesen natürlichen Weg schalten wir aus und bauen einen alternativen Weg. Dann zwingen wir die Zellen diesen neuen alternativen Weg zu gehen."
Aminosäuren sind die Bausteine aller Proteine. Den Lebewesen reichen 20 Aminosäuren um die biochemische Vielfalt der Natur zu erzeugen. Den Berliner Biochemikern war das nicht genug. Sie brachten ihre Bakterien dazu, künstliche Aminosäuren in natürliche Biomoleküle einzubauen. Nediljko Budisa will so das Spektrum der Natur erweitern.
"Die ganze Chemie des Lebens ist standardisiert. Wenn man chemische Vielfalt erzeugen will, muss man noch während der Synthese die Vielfalt erhöhen. Und wie bringt man die Zelle dazu? Man muss die Zellen konfigurieren. Ich konfiguriere also die Zellen so, dass sie keinen anderen Ausweg haben als diese synthetischen Stoffe aufzunehmen oder zu sterben."
Mit Methoden der Gentechnik blockiert Nediljko Budisa einen Stoffwechselweg der Bakterien. Sie können dann bestimmte natürliche Aminosäuren nicht mehr selbst herstellen. Den Bakterien fehlen nun wichtige Bausteine des Lebens. Um dennoch zu überleben, brauchen sie Ersatz. Den bietet Budisa in Form einer künstlich hergestellten Aminosäure an.
Die meisten Bakterien gehen zu Grunde. Aber einige wenige lernen, den neuen Baustein zu nutzen. Das geschieht nach den Gesetzen der Evolution: Mutation und Selektion. So können neuartige Wirkstoffe entstehen.
In kleinen Bioreaktoren züchteten die Berliner Forscher bereits Bakterien, die mithilfe solcher künstlichen Aminosäuren besondere Antibiotika herstellen, sogenannte Lantibiotika. Der Name stammt von einer bestimmten chemischen Struktur, der Lanthionin-Gruppe. Lantibiotika bestehen – wie Proteine - aus Aminosäuren.
"Man hat bis jetzt diese komplexen Strukturen durch normale chemische Synthese gemacht. Das ist sehr schwierig und sehr aufwendig. Salopp gesagt: Wir versuchen jetzt diese Bakterien, diese Viecher, dazu zu bringen, diese komplexe Chemie für uns zu machen."
An der Technischen Universität Berlin arbeitet Nediljko Budisa mit Roderich Süssmuth zusammen. Das Konzept, mit zusätzlichen Aminosäuren neue chemische Strukturen für Lantibiotika zu schaffen, hat den Chemiker sofort überzeugt.
"Die Lantibiotika sind strukturell so komplex, dass sich eine chemische Synthese auf keinen Fall lohnen würde, um eines Tages eine Anwendung als Wirkstoff zu haben. Aus diesem Grunde ist die Zelle die Maschinerie, die uns den Wirkstoff synthetisiert. Und diese Zelle wird manipuliert, und wir versuchen herauszufinden, wie weit wir diese Manipulation treiben können."
Das einzige bislang gebräuchliche Lantibiotikum ist das Nisin. Krankheitserregern ist es bis heute nicht gelungen, Resistenzen gegen Nisin zu entwickeln. Ob das so bleibt, ist offen. Nun suchen die Forscher der TU Berlin nach weiteren, stärkeren Lantibiotika.
"Zum einen können Sie mit genetischen Methoden versuchen, die Struktur zu modellieren. Zum Beispiel ist es so, dass Lantibiotika Ringe tragen. Das ist ein Charakteristikum dieser Strukturklasse. Und jetzt kann man sagen: Was passiert, wenn wir die Ringgröße ändern. Wir machen sie kleiner, wir machen sie größer, wir modellieren mehrere Ringe ineinander. Was passiert mit der antibiotischen Aktivität? Aber auch: Was passiert mit den pharmakologischen Eigenschaften?"
Die Chemiker und Biochemiker der Technischen Universität Berlin konnten bereits mehrere Formen eines Lantibiotikums namens "Lichenicidin" erzeugen. Damit lassen sich viele Bakterien bekämpfen – auch resistente Bakterien, gegen die andere Antibiotika nicht mehr wirken.