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Erzähl mir was vom Pferd

Das Glück der Erde liegt bekanntermaßen auf dem Rücken der Pferde. Um Deutschlands pferdeverrückten Studenten auch Berufe in ihrem Hobby zu ermöglichen, richtet die Universität Göttingen jetzt den ersten Masterstudiengang für Pferdewissenschaften ein. Das Angebot richtet sich vornehmlich an studierte Agraringenieure, Tiermediziner oder Biologen.

Von Carolin Hoffrogge |
    "Andre: Ich glaube, wenn man einmal beim Pferd gewesen ist und geritten ist – es gibt ja den so genannten Pferdevirus – den wird man dann nicht so schnell los. Es ist die Faszination des Pferdes."

    "Ulrike: Es ist eigentlich so, seitdem ich 12/13 bin lange und viel im Stall gewesen bin, auch die Arbeit mitgemacht habe, dann habe ich meine Ausbildung zur Pferdewirtin gemacht, Zucht und Haltung und mir dann gewünscht, das noch weiter auszubauen. "

    Für Studenten wie Andre Hahn und Ulrike Saal hat Professor Erich Bruns den Master of Science in Pferdewissenschaften entworfen. Dieser Aufbaustudiengang ist in Deutschland, sogar in Europa einmalig.

    "Die werden ein ganzes Paket an Modulen erleben können, das fängt in der Zucht an, das geht über die Ernährung, Haltung, Betriebswirtschaft, Unternehmensführung. Es sind insgesamt 15 Module. Man kann dann Module aus dem Pferdebereich wählen, aber man hat auch die Möglichkeiten aus dem Bereich der Agrarwissenschaften oder aus der Universität zu wählen. Und in einem Semester macht man dann seine Masterarbeit."

    Die Pferde sollen wissenschaftlich stärker unter die Lupe genommen werden, meint Erich Bruns. So will er zusammen mit den angehenden Göttinger Pferdewissenschaftlern die Zucht guter Sportpferde verbessern. Dafür müssen seine Studenten ins Labor, um molekularbiologische Analysen zu machen.

    "Der ganze Bereich der Reproduktion liegt im Argen, wir haben nur eine Fruchtbarkeitsrate von 70 Prozent. Wir haben Probleme in den einem oder anderem Gesundheitsmerkmalen. Und wir müssen dann auch die genetischen Ursachen dieser einzelnen Merkmale genauer erkunden. Und dazu brauchen wir auch die moderne Molekulargenetik."

    Neben der Molekulargenetik arbeiten die Pferdewissenschaftler in spe auch über verschiedene Haltungsformen, betont Professor Matthias Gauly, Professor für Tierhaltung an der Göttinger Universität. Denn vielerorts lässt die Haltung der Vierbeiner zu wünschen übrig. Da sich - neben den Landwirten - besonders viele Hobbyreiter in größeren Städten Pferde halten.

    "Im Freizeitbereich haben die Menschen nur begrenzt Zeit zur Verfügung und das ist in manchen Haltungssystemen dann nicht gewährleistet, den Tieren die Bewegung zu ermöglichen, die sie brauchen. Deswegen versuchen wir im Bereich der Haltung Systeme zu entwickeln, die genau dem Bedürfnissen gerecht werden. Auf der einen Seite der Mensch, der wenig Nutzung des Tieres betreibt, auf der anderen Seite Haltungssysteme, die die Bewegung des Pferdes stillt, also Gruppenhaltungssysteme. Da gibt es ganz neue Ansätze. "
    Aber bei den Göttinger Pferdewissenschaften geht es nicht nur wissenschaftlich zu. Die Studierenden besuchen auch Pferdeställe oder Reitturniere. Professor Erich Bruns:

    "Ein Modul von den 15 Modulen, die wir anbieten, wird ein praktisches Modul sein, sodass die Absolventen hier zum Beispiel eine Richterausbildung oder ihren Besamungswart machen können. Das soll eine praktische Weiterbildung sein, die die Absolventen in die Lage versetzt in einer Führungsposition mit praktischen Fähigkeiten zu glänzen."

    Die Göttinger kooperieren mit der medizinischen Hochschule in Hannover und der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf. Dabei ist es kein Zufall, so Professor Bruns, dass sich der Master of Science an der Universität in Südniedersachsen ansiedelt.

    "Wir haben ja in Deutschland laut einer Erhebung circa 1,2 Millionen Pferde, davon stehen 200.000 in Niedersachsen. Das ist zum einen eine große Anzahl, zum anderen ist der Erfolg der niedersächsischen Pferde beeindruckend. Denn auf der letzten Olympiade hat Deutschland 16 Medallien erhalten, davon wurden 11 von niedersächsischen Pferden errungen, das zeigt eigentlich die Qualität der niedersächsischen Pferde. "

    Studierte Agraringenieure, Tiermediziner oder Biologen können nach ihrem Bachelorstudiengang den zweijährigen Aufbaustudiengang Pferdewissenschaften belegen. 30 Plätze sind zu vergeben, wobei die ausbildenden Professoren gute Aussichten auf dem Arbeitsmarkt versprechen. Denn Zuchtverbände, Gestüte und die Deutsche Reiterliche Vereinigung erkundigen sich jetzt schon bei ihnen nach qualifizierten Pferdeexperten.

    Studentin Christina Münch hat einen der begehrten Göttinger Studienplätze bekommen. Den Bedarf für den Master of Science der Pferdewissenschaften sieht Christina allemal. Die 25-jährige gibt ein Beispiel:

    "Gerade auch zu Trainingsmethoden, das ist ja derzeit sehr umstritten. Das man sich da Parameter überlegt, wie man Trainingsmethoden bewerten kann, auch unter Tierschutzmethoden die Trainingsmethoden berücksichtigen kann, das sich das positiv für das Pferd auswirkt. "