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Erziehungsfrage rund um den Sohnemann

Treffen sich zwei Männer. Einer jung, einer alt: Der fragt: Haben Sie gedient? Kein Witz, eher die Erfahrung so mancher Familienfeier. Doch mit der Frage ist es bald vorbei. Schade, findet Irene Geuer und hat einen Brief an die Kanzlerin geschrieben.

Von Irene Geuer |
    Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

    hiermit möchte ich offiziell mein Veto einlegen gegen das, was Baron zu Guttenberg mit der Bundeswehr vorhat. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Aussetzung der Wehrpflicht eine nationale Katastrophe hervorruft.

    Sohn: „Mutti ...!“

    So hört sich das Problem an.

    Sohn: „Mutti, wo ist mein Hemd!“

    Es ging nahtlos ineinander über – nachdem ich meinem Sohn abends nicht mehr vorlesen musste, stand ich stattdessen am Bügelbrett.

    Sohn: „Aber ich brauche doch morgen nicht das Blaue, das Weiße! Wo ist das Weiße ...“

    Er braucht das Weiße und dann doch das Blaue. Also bügele ich beide. Er geht zwar noch zur Schule, aber er will mal Jura studieren, da will er schon mal so aussehen. Ich finde es ja toll, dass er schon solche Pläne hat, aber – er will auch, wenn er studiert, nicht ausziehen. Zu Hause sei es doch so schön.

    Sohn: „Ich bringe morgen ein paar Freunde mit; macht Euch doch nichts aus, oder?“

    Ich würde so gerne schreien: Doch es macht mir was aus. Aber ich tu es nicht. Weil ich weiß, dass ich einen absolut Hilflosen verprelle. Wer macht den Jungs was zu essen, wenn nicht die Eltern?

    Vater: „Liebling, Soll ich schon mal mit dem Kochen anfangen?“

    Das ist mein Mann, der kann kochen und der kann auch seine Hemden falten. Auf ein DIN A 4 Blatt. Ja, ich weiß, Frau Bundeskanzlerin. Sie sagen jetzt, dass ich da als Mutter etwas falsch gemacht habe. Aber das stimmt so nicht.

    Vater: „"Soll ich Bratkartoffeln machen oder Nudeln?“

    Mein Mann dachte als er 18 war auch noch, dass Kochen etwas mit Hexerei zu tun habe und deshalb Frauensache sei. Aber mein Mann ist dann gezogen worden. Zum Bund eben ...

    Sohn: „Warum steht das Bügelbrett noch hier Mutti? Ich muss jetzt duschen.“

    Ja doch. Da lernen die Jungs alles, um tauglich zu werden – Bettenmachen, Schuhe putzen, Ordnung halten. Rücksicht nehmen auf andere. Mein Mann sagt heute noch zu seinen Freunden, wenn es etwas mit mir zu besprechen gibt, dass er mit seiner Kompaniechefin reden muss.

    Vater: „Melde! Kartoffeln geschält!“

    Das hört sich vielleicht ulkig an – aber er trifft keine einsamen Entscheidungen – wie Ihr Baron zu Guttenberg. Meinem Mann haben sie das beim Bund abgewöhnt.

    Sohn: „Mutti!“

    Wie hätte ich meinem Sohn das alles beibringen sollen. Unsere Mütter haben doch auch immer fest mit der Bundeswehr gerechnet. Wer soll meinen Sohn denn jetzt mal heiraten? Und glauben Sie mir, diese Frage stellt sich nicht nur mir – hunderttausende Mütter haben das Problem. Fünf von denen sind gerade heilfroh, dass ihre Jungs morgen bei uns was zu essen bekommen. Also – ohne Bundeswehr – wer soll Sie denn noch wählen?

    Sohn: „Mutti, was schreibst Du denn da?"“

    Ich schreibe an die Frau Bundeskanzlerin.

    Sohn: „Ach, die nennen doch auch alle Mutti!“

    Stimmt – also von Mutti zu Mutti: Sagen Sie ihrem Baron, er soll entweder den Grundwehrdienst beibehalten oder ein Pflichtjahr in Haushaltskunde einführen. Sonst wird das nix mehr – mit Deutschland.

    Viele Grüße.