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Erzürnte Grenzgänger
Frankreich, Luxemburg und die deutsche Maut

Bewohner der Grenzregionen müssen sich in Zukunft genau überlegen, ob sie mal eben nach Deutschland fahren, um einzukaufen oder ins Theater zu gehen. Denn schon bald sollen ausländische Autofahrer in Deutschland Maut bezahlen müssen. In der Grenzregion zwischen Saarbrücken, Metz, Luxemburg und Trier, wo täglich mehr als 250.000 Menschen grenzübergreifend unterwegs sind, fürchten daher viele die ungeliebte Gebühr.

Von Tonia Koch |
    Symbolbilder zur PKW Maut
    Bald sollen ausländische Autofahrer in Deutschland Maut bezahlen. (imago stock&people)
    Der Einzelhandel im Saarland hat in den vergangen beiden Jahren keine Gelegenheit ausgelassen, gegen die Maut zu Felde zu ziehen. Der stellvertretende Verbandsvorsitzende, Max Schönberg ist daher frustriert, dass seine Argumente bei der Politik auf taube Ohren stießen. "Das ist für uns katastrophal. Dreißig Prozent aller Kunden im Saarbrücker Raum sind Franzosen, die Innenstadt lebt von Franzosen und wir haben unsere gesamte Tourismus- und Handelspolitik darauf ausgerichtet, statt zu sagen: 'Willkommen!', sagen wir: 'Erst einmal zahlen und eigentlich wollen wir euch gar nicht.'"
    Die Gäste aus Frankreich und Luxemburg planten ihre Einkäufe nicht strategisch sondern die Entscheidung in der Großstadt auf der anderen Seite der Grenze Besorgungen zu machen, falle spontan.
    "Ja, wir entscheiden das morgens, ob wir eine kleine Tour nach Deutschland machen, wie jetzt den Weihnachtsmarkt besuchen, wenn wir dafür eine Vignette kaufen müssen, ist das was anders."
    "Wir bleiben dann in Frankreich, wir haben nur ein paar Kilometer bis Saarbrücken und dafür jedes Mal bezahlen, das gefällt einem nicht, die Grenzgänger müssten befreit werden."
    "Wir sind nicht dafür, aber es hängt von den Tarifen ab, in Frankreich ist es auf alle Fälle zu teuer. Wenn die Deutschen nach Frankreich kommen müssen sie auch bezahlen, also es ist ausgleichende Gerechtigkeit, aber es müsste Ausnahmen geben für die Grenzgänger."
    Grenzgänger müssen von der Maut befreit werden.
    Die saarländische Wirtschafts- und Verkehrsministerien Anke Rehlinger von der SPD will sich dafür einsetzen. "Für uns bleibt es bei der Forderung, die wir schon ehedem erhoben haben, dass es Befreiungstatbestände für die Grenzregionen geben muss."
    Keine europäische Region hat sich in den vergangenen Jahren im Hinblick auf einen zusammenwachsenden Arbeitsmarkt so stark entwickelt wie der Landstrich zwischen Saar, Mosel und Ardennen. Aber mehr als einen Dämpfer werde die Maut dieser anhaltenden Entwicklung nicht versetzen, glaubt der luxemburgische Verkehrsminister Francois Bausch: "Ich sehe vor allem ein Problem finanzieller Art für die vielen Grenzpendler, aber ich sehe nicht grundsätzlich den Austausch in der Region gefährdet. Es ist ein gewisses Hemmnis und es schadet der Entwicklung und dem Austausch von Luxemburg in Richtung Deutschland aber ich würde nicht sagen, dass es die Dynamik bricht im Austausch der Großregion."
    Bausch ist ein Grüner und hegt durchaus Sympathien für den ökologischen Ansatz der deutschen Maut, aber er weiß auch, dass die Autofahrer nach Schleichwegen suchen werden.
    "Das Risiko ist ja ziemlich groß, dass wenn man das macht, natürlich ausgewichen wird auf die Nebenstraßen und wir eine gegenteiligen Effekt bekommen, das heißt, dass eine höhere Belastung entsteht der urbanen Räume oder auf Straßen wo wir eigentlich nicht möchten, dass der Verkehr stattfinden soll."
    Wir haben die Chance verpasst, ein europäisches System einzuführen.
    Francois Bausch denkt dabei auch an die französischen Nachbarn. Bislang waren die französischen Autobahnstrecken entlang der Grenze in Richtung Deutschland und Luxemburg überwiegend kostenfrei, aber mit dem geplanten dreispurigen Ausbau der Autobahn wird sich das wohl ändern. Luxemburg möchte selbst kein Maut System einführen und zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht dagegen klagen, wie das Österreich bereits angekündigt hat. Allerdings hadert Bausch mit der EU-Kommission, die eine Chance vertan habe, weil sie kein einheitliches europäisches System geschaffen habe.
    "Ich sehe, dass es wenig Sinn macht, dass wir in 27 europäischen Ländern eine andere Herangehensweise haben. Weil Deutschland ja so viele Grenzübergänge mit verschiedenen Ländern hat, hätte man hier ein Zeichen setzen können, um etwas auf die Schiene zu bringen, was für den Rest von Europa Modellcharakter gehabt hätte. Jetzt wird hier ein Kompromiss gesucht, nur damit Deutschland zufriedengestellt wird, das finde ich einfach schade."
    Viele Landespolitiker hatten darauf gesetzt, dass Brüssel die deutschen Maut Pläne vereiteln möge, nun ist es anders gekommen.