Der Blick ist großartig: Über das schmale Tal streift er bis zum Erzgebirge, hinweg über die sanften Hügel. Die Anhöhe über dem Ort ist einer der Lieblingsplätze von Vladimir Zicha. Er ist Ratsherr in der 900-Einwohner-Gemeinde Kyselka. Auf einer Lichtung bremst Zicha seine Schritte; er steht jetzt vor einem langgestreckten Gebäude, das der Wald langsam verschluckt. Der Stuck und die Marmorsäulen sind noch intakt, aber die Fensternischen sind mit Brettern vernagelt und das Dach ist mit Planen notdürftig abgedeckt.
"Das hier war die Kolonnade unseres Kurorts. Wie es einmal von innen ausgesehen hat, kann man nur noch erahnen, wenn man alte Fotografien ansieht – es war alles mit Marmor vertäfelt, eine fantastische Pracht! Ich kann mich an die Zeit erinnern, als die Fenster noch verglast waren. Erst in den letzten zehn Jahren ist das so heruntergekommen."
Was hier mitten im Wald steht, ist ein kompletter Kurort. Er heißt Kyselka – so wie die Gemeinde von Vladimir Zicha mit ihren unscheinbaren Einfamilienhäusern, die ein paar Hundert Meter entfernt von der alten Kurpromenade entstanden ist. Mit seinem Mineralwasser ist das alte Kyselka im 19. Jahrhundert zu sagenhaftem Reichtum gekommen, entlang des Flusses Eger reihen sich Dutzende Jugendstilgebäude aneinander.
Heute sind sie mit einem Bretterzaun vernagelt, die einstigen Kuppelsäle sind von Moos überwuchert und durch die morschen Dachstühle regnet es hinein. Die Gebäude stehen kurz vor dem Einsturz; dass sie jetzt möglicherweise doch noch gerettet werden, liegt an Pavel Ries. Er sitzt 130 Kilometer von Kyselka entfernt in einem Prager Café. Ries ist der Vorsitzende einer Bürgerinitiative, die für die Erhaltung von historischen Gebäuden kämpft.
"In Tschechien ist das ein einzigartiger Fall. Es ist bisher noch nie passiert, dass ein ganzer Komplex von Denkmälern so verkommt. Es gibt immer wieder einmal einzelne Gebäude, das schon. Aber nicht so ein Komplex! Wir reden ja von 22 Gebäuden, die alle denkmalgeschützt sind. Dadurch ist es für uns einfach geworden, darauf aufmerksam zu machen. Die Eigentümer haben sich darauf verlassen, dass niemand in dieses vergessene Tal hinter den Bergen schaut."
Es ist ein mächtiger Gegner, mit dem sich Pavel Ries und seine Mitstreiter angelegt haben: Die verfallenden Gebäude gehören einer riesigen Mineralwasserfirma – in unmittelbarer Nähe hat sie ihre modernen Produktionshallen gebaut, die alten Kurgebäude waren für sie offenbar nichts als ein Kostenfaktor. Die Denkmalschutzbehörde vor Ort blieb aus dubiosen Gründen jahrelang untätig, die Politik verschloss die Augen – bis die private Initiative auf den Plan trat. Sie hat innerhalb weniger Monate den Kurort in ganz Tschechien bekannt gemacht. Pavel Ries:
"Man muss sich richtig reinknien und durchhalten – und die sozialen Netze nutzen. Wir haben mit einfachen Mitteln eine Internetseite gebaut und sie regelmäßig aktualisiert – dann kommen die Leute schon von allein und diskutieren. Man kann darauf Fotos und Videos zeigen, die sich jeder von seinem Sofa aus anschauen kann. Wenn die andere Seite lügt, dann können Sie das ganz einfach aufdecken."
Es ist das neue Tschechien, das auf die alten Methoden trifft: Während die Mineralwasserfirma versucht, die unliebsamen Kämpfer mit teuren Klagen in die Ecke zu drängen, hat die private Initiative im Internet fast 30.000 Unterstützer gefunden und mit Tausenden Besuchern ein Volksfest im einstigen Kurort gefeiert.
Ratsherr Vladimir Zicha staunt, wie viele Neugierige seit der Kampagne in seinen abgelegenen Ort kommen. Er freut sich über den Ansturm; die Gemeinde hofft auf eine Rettung der Gebäude, ist aber selbst weitgehend machtlos eingekeilt zwischen dem Denkmalschutz und dem einflussreichen Investor. Vor einem Brunnen an der alten Kurpromenade bleibt Zicha stehen.
"Die Leute kommen hier hin und füllen sich das Wasser in mitgebrachte Flaschen. Das ist natürliches Wasser mit vielen Mineralien, so, wie es hier aus der Erde kommt. Hier in diesen Gebäuden fand der Kurbetrieb statt, da vorne war die Anlage, in der das Mineralwasser in Flaschen gefüllt wurde. Über die Schienen hier fuhr eine Schmalspurbahn, mit der wurden die Flaschen aus dem Tal gebracht und in die Welt exportiert."
Jetzt gibt es erstmals die Chance, dass Kyselka an seine glorreichen Tage anknüpfen kann – offenbar ist der Druck zu groß geworden. Die alten Eigentümer haben die verfallenen Gebäude mittlerweile auf eine gemeinnützige Gesellschaft übertragen, die jetzt Geld für den Wiederaufbau sammelt. Erste Arbeiten sind bereits angelaufen – wohl gerade noch in letzter Minute.
"Das hier war die Kolonnade unseres Kurorts. Wie es einmal von innen ausgesehen hat, kann man nur noch erahnen, wenn man alte Fotografien ansieht – es war alles mit Marmor vertäfelt, eine fantastische Pracht! Ich kann mich an die Zeit erinnern, als die Fenster noch verglast waren. Erst in den letzten zehn Jahren ist das so heruntergekommen."
Was hier mitten im Wald steht, ist ein kompletter Kurort. Er heißt Kyselka – so wie die Gemeinde von Vladimir Zicha mit ihren unscheinbaren Einfamilienhäusern, die ein paar Hundert Meter entfernt von der alten Kurpromenade entstanden ist. Mit seinem Mineralwasser ist das alte Kyselka im 19. Jahrhundert zu sagenhaftem Reichtum gekommen, entlang des Flusses Eger reihen sich Dutzende Jugendstilgebäude aneinander.
Heute sind sie mit einem Bretterzaun vernagelt, die einstigen Kuppelsäle sind von Moos überwuchert und durch die morschen Dachstühle regnet es hinein. Die Gebäude stehen kurz vor dem Einsturz; dass sie jetzt möglicherweise doch noch gerettet werden, liegt an Pavel Ries. Er sitzt 130 Kilometer von Kyselka entfernt in einem Prager Café. Ries ist der Vorsitzende einer Bürgerinitiative, die für die Erhaltung von historischen Gebäuden kämpft.
"In Tschechien ist das ein einzigartiger Fall. Es ist bisher noch nie passiert, dass ein ganzer Komplex von Denkmälern so verkommt. Es gibt immer wieder einmal einzelne Gebäude, das schon. Aber nicht so ein Komplex! Wir reden ja von 22 Gebäuden, die alle denkmalgeschützt sind. Dadurch ist es für uns einfach geworden, darauf aufmerksam zu machen. Die Eigentümer haben sich darauf verlassen, dass niemand in dieses vergessene Tal hinter den Bergen schaut."
Es ist ein mächtiger Gegner, mit dem sich Pavel Ries und seine Mitstreiter angelegt haben: Die verfallenden Gebäude gehören einer riesigen Mineralwasserfirma – in unmittelbarer Nähe hat sie ihre modernen Produktionshallen gebaut, die alten Kurgebäude waren für sie offenbar nichts als ein Kostenfaktor. Die Denkmalschutzbehörde vor Ort blieb aus dubiosen Gründen jahrelang untätig, die Politik verschloss die Augen – bis die private Initiative auf den Plan trat. Sie hat innerhalb weniger Monate den Kurort in ganz Tschechien bekannt gemacht. Pavel Ries:
"Man muss sich richtig reinknien und durchhalten – und die sozialen Netze nutzen. Wir haben mit einfachen Mitteln eine Internetseite gebaut und sie regelmäßig aktualisiert – dann kommen die Leute schon von allein und diskutieren. Man kann darauf Fotos und Videos zeigen, die sich jeder von seinem Sofa aus anschauen kann. Wenn die andere Seite lügt, dann können Sie das ganz einfach aufdecken."
Es ist das neue Tschechien, das auf die alten Methoden trifft: Während die Mineralwasserfirma versucht, die unliebsamen Kämpfer mit teuren Klagen in die Ecke zu drängen, hat die private Initiative im Internet fast 30.000 Unterstützer gefunden und mit Tausenden Besuchern ein Volksfest im einstigen Kurort gefeiert.
Ratsherr Vladimir Zicha staunt, wie viele Neugierige seit der Kampagne in seinen abgelegenen Ort kommen. Er freut sich über den Ansturm; die Gemeinde hofft auf eine Rettung der Gebäude, ist aber selbst weitgehend machtlos eingekeilt zwischen dem Denkmalschutz und dem einflussreichen Investor. Vor einem Brunnen an der alten Kurpromenade bleibt Zicha stehen.
"Die Leute kommen hier hin und füllen sich das Wasser in mitgebrachte Flaschen. Das ist natürliches Wasser mit vielen Mineralien, so, wie es hier aus der Erde kommt. Hier in diesen Gebäuden fand der Kurbetrieb statt, da vorne war die Anlage, in der das Mineralwasser in Flaschen gefüllt wurde. Über die Schienen hier fuhr eine Schmalspurbahn, mit der wurden die Flaschen aus dem Tal gebracht und in die Welt exportiert."
Jetzt gibt es erstmals die Chance, dass Kyselka an seine glorreichen Tage anknüpfen kann – offenbar ist der Druck zu groß geworden. Die alten Eigentümer haben die verfallenen Gebäude mittlerweile auf eine gemeinnützige Gesellschaft übertragen, die jetzt Geld für den Wiederaufbau sammelt. Erste Arbeiten sind bereits angelaufen – wohl gerade noch in letzter Minute.