"Es erscheint vor Ihnen - hohe und richtende Zuhörer - der Angeklagte Arnolt Bronnen, geboren am 19.8.1895 zu Wien. Er ist, laut seinem Personalausweis, einen Meter achtzig groß, wiegt 74 Kilo, hat schütteres, graumeliertes Haar und trägt Brillen, die er oft absetzt. Das Gesicht scheint mehr Maske als Ausdruck."
Diese Selbstcharakterisierung gab Arnolt Bronnen in seiner 1954 publizierten Autobiografie zu Protokoll. Noch in der Diktion des einst hochberühmten Autors scheint auf, was der Literaturwissenschaftler Hans Mayer als eine "fast immer hochfahrende und in fast rätselhafter Weise zugleich auch selbstsichere" Eigentümlichkeit beschrieb. Ob in den frühen, expressionistischen Dramen wie "Die Geburt der Jugend", "Vatermord", "Die Exzesse", "Anarchie in Sillian" oder in den späteren, nicht minder umstrittenen Stücken und Schriften, immer war die, so Mayer ...
"Gewalttätigkeit als scheinbar tragische Katharsis eng benachbart der aggressiven Grobheit. Auch die Lustspielwelten Arnolt Bronnens kennen immer nur Kampf und Schwindeleien, Gewalttat und ein Obsiegen der angeblich Lebenskräftigsten."
Als Arnolt Franz Bronner wurde er 1895 geboren, Sohn eines jüdischen Vaters und Gymnasiallehrers, der selbst Stücke schrieb und von dem er sich später, als sogenannter Halbjude geschmäht, meinte lossagen zu müssen, indem er die Mutter zwang, an Eidesstatt zu versichern, dass er, Bronnen, die Frucht eines Seitensprungs mit einem so protestantischen wie arischen Pfarrer war.
An Gewalt hatte es im Elternhaus nicht gefehlt. Bereits als Jugendlicher schrieb Bronnen dagegen an. Im Ersten Weltkrieg, zunächst Freiwilliger in einem ordinären Infanterieregiment, endlich bei den Südtiroler Kaiserjägern, geriet er 1916 an der Dolomitenfront schwer verwundet in italienische Gefangenschaft. Das dort verfasste, später umgearbeitete aber nie aufgeführte Stück "Sturmpatrull" gibt ein brillantes, wortmächtiges Zeugnis davon.
Wortmächtig blieb Bronnen auch nach seiner Wende ins Lager der nationalistischen Rechten. Er suchte den Schulterschluss; nicht selten so überzeugend wie in einem Monolog der "Rheinischen Rebellen" von 1925, hier gesprochen von der Schauspielerin Claudia Michelsen in der Inszenierung von Frank Castorf 1992 an der Berliner Volksbühne.
"Wir sind begnadet, in einem großen Volke zu sein. Das Schicksal goss es in uns. Die Leidenschaften schwanken, die Kulturen wachsen in den Wahnsinn, die Wirtschaft wird alles vertiefen, die Technik wird alles erhöhen. Die Größe bleibt. Sie kann nicht verloren gehen. Wir haben die Erstgeburt, wir verschachern sie nicht."
Ende der 20er-Jahre lernte er Joseph Goebbels kennen und schätzen. Der hatte ihn für seinen 1929 publizierten, bluttriefenden Freikorpsroman O.S. - Oberschlesien - gelobt.
"Eine gute Nachricht","
... so höhnte Kurt Tucholsky in seiner Besprechung zu Recht.
""Eine gute Nachricht, heißt es in einem unsterblichen Wort des Lord Northcliffe, enthält dreierlei: Blut, Vagina und Nationalflagge. - Zur Stelle, sagt Bronnen."
Die Suche nach der Nähe zur Macht bekam ihm nicht gut. Nach 1933 denunzierte er jüdische Kollegen und publizierte öffentliche Ergebenheitsadressen. Die Anbiederungen haben ihm am Ende nichts gebracht. Verfolgt vom NS-Ideologen Alfred Rosenberg, der in ihm wie in seinem Gönner Goebbels nichts als "Schmieranten" vermutete, schließlich als "Wehrkraftzersetzer" kurzzeitig in Haft, gehörte er am Ende des Krieges in seiner österreichischen Heimat dem kommunistischen Widerstand an.
Wieder in Wien lebend, erschien ihm nach ihrer Gründung 1949 die DDR als das Gelobte Land. Dessen Kulturstaatsminister, Johannes Becher, kannte er flüchtig, mit dem zurückgekehrten Bertolt Brecht war er einmal eng befreundet. 1955 siedelte er nach Ostberlin über; doch nach Brechts Tod im August 1956 vereinsamte er zusehends. Arnolt Bronnen starb am 12. Oktober 1959 in Ostberlin. Friedbert Aspetsberger schreibt in seiner umfassenden Bronnen-Biografie:
"Ein re-etablierter ehemals faschistischer, nun aber kommunistischer Schriftsteller Bronnen, der die bürgerlichen Werte auch jetzt nicht anerkannte, also nicht dahin zurückkehrte, wo die Allgemeinheit endlich wieder gesichert stehen wollte, musste Ablehnung hervorrufen."
Sein dramatisches Werk steht nach wie vor sperrig zu allen Zeitläufen und Moden. Es lädt zur Wiederentdeckung ein.
Diese Selbstcharakterisierung gab Arnolt Bronnen in seiner 1954 publizierten Autobiografie zu Protokoll. Noch in der Diktion des einst hochberühmten Autors scheint auf, was der Literaturwissenschaftler Hans Mayer als eine "fast immer hochfahrende und in fast rätselhafter Weise zugleich auch selbstsichere" Eigentümlichkeit beschrieb. Ob in den frühen, expressionistischen Dramen wie "Die Geburt der Jugend", "Vatermord", "Die Exzesse", "Anarchie in Sillian" oder in den späteren, nicht minder umstrittenen Stücken und Schriften, immer war die, so Mayer ...
"Gewalttätigkeit als scheinbar tragische Katharsis eng benachbart der aggressiven Grobheit. Auch die Lustspielwelten Arnolt Bronnens kennen immer nur Kampf und Schwindeleien, Gewalttat und ein Obsiegen der angeblich Lebenskräftigsten."
Als Arnolt Franz Bronner wurde er 1895 geboren, Sohn eines jüdischen Vaters und Gymnasiallehrers, der selbst Stücke schrieb und von dem er sich später, als sogenannter Halbjude geschmäht, meinte lossagen zu müssen, indem er die Mutter zwang, an Eidesstatt zu versichern, dass er, Bronnen, die Frucht eines Seitensprungs mit einem so protestantischen wie arischen Pfarrer war.
An Gewalt hatte es im Elternhaus nicht gefehlt. Bereits als Jugendlicher schrieb Bronnen dagegen an. Im Ersten Weltkrieg, zunächst Freiwilliger in einem ordinären Infanterieregiment, endlich bei den Südtiroler Kaiserjägern, geriet er 1916 an der Dolomitenfront schwer verwundet in italienische Gefangenschaft. Das dort verfasste, später umgearbeitete aber nie aufgeführte Stück "Sturmpatrull" gibt ein brillantes, wortmächtiges Zeugnis davon.
Wortmächtig blieb Bronnen auch nach seiner Wende ins Lager der nationalistischen Rechten. Er suchte den Schulterschluss; nicht selten so überzeugend wie in einem Monolog der "Rheinischen Rebellen" von 1925, hier gesprochen von der Schauspielerin Claudia Michelsen in der Inszenierung von Frank Castorf 1992 an der Berliner Volksbühne.
"Wir sind begnadet, in einem großen Volke zu sein. Das Schicksal goss es in uns. Die Leidenschaften schwanken, die Kulturen wachsen in den Wahnsinn, die Wirtschaft wird alles vertiefen, die Technik wird alles erhöhen. Die Größe bleibt. Sie kann nicht verloren gehen. Wir haben die Erstgeburt, wir verschachern sie nicht."
Ende der 20er-Jahre lernte er Joseph Goebbels kennen und schätzen. Der hatte ihn für seinen 1929 publizierten, bluttriefenden Freikorpsroman O.S. - Oberschlesien - gelobt.
"Eine gute Nachricht","
... so höhnte Kurt Tucholsky in seiner Besprechung zu Recht.
""Eine gute Nachricht, heißt es in einem unsterblichen Wort des Lord Northcliffe, enthält dreierlei: Blut, Vagina und Nationalflagge. - Zur Stelle, sagt Bronnen."
Die Suche nach der Nähe zur Macht bekam ihm nicht gut. Nach 1933 denunzierte er jüdische Kollegen und publizierte öffentliche Ergebenheitsadressen. Die Anbiederungen haben ihm am Ende nichts gebracht. Verfolgt vom NS-Ideologen Alfred Rosenberg, der in ihm wie in seinem Gönner Goebbels nichts als "Schmieranten" vermutete, schließlich als "Wehrkraftzersetzer" kurzzeitig in Haft, gehörte er am Ende des Krieges in seiner österreichischen Heimat dem kommunistischen Widerstand an.
Wieder in Wien lebend, erschien ihm nach ihrer Gründung 1949 die DDR als das Gelobte Land. Dessen Kulturstaatsminister, Johannes Becher, kannte er flüchtig, mit dem zurückgekehrten Bertolt Brecht war er einmal eng befreundet. 1955 siedelte er nach Ostberlin über; doch nach Brechts Tod im August 1956 vereinsamte er zusehends. Arnolt Bronnen starb am 12. Oktober 1959 in Ostberlin. Friedbert Aspetsberger schreibt in seiner umfassenden Bronnen-Biografie:
"Ein re-etablierter ehemals faschistischer, nun aber kommunistischer Schriftsteller Bronnen, der die bürgerlichen Werte auch jetzt nicht anerkannte, also nicht dahin zurückkehrte, wo die Allgemeinheit endlich wieder gesichert stehen wollte, musste Ablehnung hervorrufen."
Sein dramatisches Werk steht nach wie vor sperrig zu allen Zeitläufen und Moden. Es lädt zur Wiederentdeckung ein.