Dirk-Oliver Heckmann: Wie schnell kann es die deutsche Automobilwirtschaft schaffen, ihre Fahrzeugflotte auf alternative Antriebe umzustellen? Diese Frage ist von erheblicher Bedeutung, denn in Deutschland hängen Millionen Arbeitsplätze vom Autobau ab und die Konkurrenz schläft nicht. Heute kommen in Berlin die Spitzen von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Industrie und Gewerkschaften zusammen, auch Kanzlerin Angela Merkel wird dabei sein. Konkrete Zusagen aber – das zeichnete sich in den vergangenen Tagen ab -, die wird es angesichts der Haushaltslage derzeit wohl nicht geben.
Am Telefon begrüße ich jetzt Renate Künast, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Schönen guten Morgen, Frau Künast.
Renate Künast: Guten Morgen, Herr Heckmann!
Heckmann: Frau Künast, ich möchte aber zunächst mit Ihnen über Griechenland sprechen. Gestern haben die EU-Finanzminister ja grünes Licht für das Hilfspaket gegeben. Die Milliarden-Kredite auch aus Deutschland, die scheinen beschlossene Sache. Dabei hat der Bundestag noch gar nicht beraten?
Künast: Na ja, natürlich ist es in Deutschland tatsächlich vom Bundestag abhängig, weil der der Haushaltsgesetzgeber ist. Dieses ist für uns jetzt erst mal nur ein allgemeines Programm. Wichtig ist aber dabei, dass es gemeinsam vereinbart wurde von IWF und den Finanzministern der Europäischen Union, weil das eine Aufgabe ist, die gemeinsam zu stemmen ist. Das ist gar nicht mein Problem.
Mir kommt es jetzt darauf an: Was ist Inhalt dieses Pakets, nicht nur die transparente Beteiligung des Bundestages, sondern es geht natürlich, nachdem schon so extrem spät reagiert wurde und Frau Merkel das Ganze noch teuerer gemacht hat, dass tatsächlich die Verursacher, die, die gezockt haben, mit an den Kosten beteiligt werden, und ich will diese Woche auch wissen, wie kann man dafür sorgen, dass in Zukunft sich solche Dinge nicht wiederholen können. Und da braucht man dann schon ein paar Maßnahmen: eine tiefere Währungsunion mit auch Sanktionen, die möglich sind, zum Beispiel bei Subventionen, die nicht mehr gezahlt werden, bis hin zu einer Finanztransaktionssteuer. Also: Spekulieren soll nicht leicht gemacht werden.
Heckmann: Aber mit Verlaub, Frau Künast, diese Themen, die werden doch in dieser Woche sicherlich nicht durch den Bundestag gehen?
Künast: Aber mit Verlaub, Herr Heckmann, der Bundestag könnte in dieser Woche einstimmig die Kanzlerin auffordern, genau das zu verhandeln und dort Druck zu machen. Das wäre ein Zeichen an die Bundesregierung, dass man das sehen will, und nicht nur Lippenbekenntnisse, und es wäre auch ein Zeichen nach Brüssel an die anderen EU-Mitgliedsstaaten, dass der Deutsche Bundestag dort Druck macht, und den müssen wir offensichtlich machen, weil ja nun schon wieder seit der Bankenkrise nichts auf der Ebene passiert ist.
Heckmann: Welche Punkte genau stellen Sie sich jetzt vor?
Künast: Ja, eine Bankenabgabe, die auch weh tut und nicht nur eine Scheinbankenabgabe ist, und dass in Zukunft Finanztransaktionen in der Europäischen Union, auch Kreditversicherungsspekulationen mit einer Steuer versehen werden. Das kann zwei Effekte haben. Erstens: Es wird nicht mehr so billig, derartig zu zocken, auch in Staaten und deren Finanzsystemen reinzuzocken, und zweitens: Man hat dann die Steuereinnahmen, die man vielleicht mal bei Schadenbeseitigung wie jetzt braucht.
Heckmann: Frau Künast, Sie haben gerade eben gesagt, das Zögern der Bundeskanzlerin habe dazu geführt, dass alles nur noch teuerer geworden wäre. Ihr Fraktionskollege Jürgen Trittin hat gesagt, Merkel habe die schnelle Hilfe für Griechenland blockiert, obwohl sie wusste, dass daran kein Weg vorbeiführe. Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass diese Erkenntnis in der Bundesregierung platzgegriffen haben soll?
Künast: Na, weil alle Welt darüber diskutiert hat. Wir selber haben ja auch seit vielen Wochen schon über das Thema diskutiert und darauf hingewiesen, auch im Deutschen Bundestag, was sich dort anbahnt und dass es dafür keine andere Hilfe gibt, weil wir sonst mit in den Strudel gerissen werden, und wir wissen alle, wie Frau Merkel auf europäischer Ebene – teilweise anders als Schäuble – agiert hat und immer nicht heran wollte ans Thema, offensichtlich in der Hoffnung, dass die Finanzspekulanten irgendwie freiwillig nachgeben, und es sah schon verstärkt danach aus, so heißt sie ja auch "Madame Non", also eine Frau, die immer Nein sagt, wenn es in Brüssel um Entscheidungen gemeinsamer Solidarität geht. Man hat das erlebt, Woche für Woche.
Heckmann: Finanzminister Wolfgang Schäuble sagt allerdings, dass sich die Lage erst dramatisch zugespitzt habe, nachdem die Europäische Statistikbehörde neue Zahlen vorgelegt habe.
Künast: Vor ungefähr 14 Tagen ist der IWF und Strauss-Kahn einbezogen worden. Das war ungefähr der Zeitpunkt, wo am Tag vorher im Deutschen Bundestag noch mitgeteilt wurde, es ginge alles noch irgendwie, aber man müsste über Hilfe nachdenken. Einen Tag später war die Spekulation schon noch höher. Was man seit Wochen weiß ist, wenn man griechische Zeitungen liest, sich damit beschäftigt – und die Europäer und der Bundesfinanzminister, auch das Kanzleramt müssen das ja tun -, man weiß seit vielen, vielen Wochen, dass Griechenland nicht sicher ist, im Laufe der nächsten zwei Jahre fällige bis zu 120 Milliarden Euro Kredite zu bedienen. Das stand immer auf der Kippe.
Heckmann: Kommen wir, Frau Künast, zum E-Mobilitätsgipfel in Berlin, der ja heute stattfinden wird. Konkrete Zusagen zur Förderung der Forschung beispielsweise wird es wohl nicht geben, aber das war angesichts der Haushaltslage auch jetzt verschärft durch die Griechenland-Krise auch nicht anders zu erwarten, oder?
Künast: Na ja, die Bundesregierung hat ja vorher schon doppelte Fehler gemacht. Schon seit Jahren hätte Frau Merkel – sie ist ja nun schon länger Bundeskanzlerin – eigentlich sich dieses Themas annehmen können.
Heckmann: Die Bundesregierung hat immerhin 500 Millionen Euro im Konjunkturprogramm dafür bereitgestellt.
Künast: Wissen Sie, das ist eigentlich bisher wenig, zumal bisher eine Abwrackprämie gezahlt wurde für altmodische Autos und damit noch bestärkt wurde, und es gibt keinen systematischen Ansatz. Selbst die Expertenkommission von Merkel sagt bei der Frage, wer wird Leitmarkt für E-Mobility – das bezieht sich nicht nur aufs Auto, sondern Mobilität insgesamt -, man sehe, sagt diese Expertenkommission, dort nur asiatische Städte. Ich sage Ihnen, was Frau Merkel jetzt macht ist, wenn ich das Bild eines Autorennens nehme, ein Boxenstopp: schneller Boxenstopp, Motorerneuerung und dann wird wieder gerast.
Es geht aber jetzt um ein Gesamtkonzept. Man muss jetzt mit fiskalischen Maßnahmen, mit ordnungspolitischen Maßnahmen und mit Forschung als drittes ein Gesamtsystem für Mobilität schaffen. Sie müssten jetzt, nicht nur wie Herr Ramsauer gerade bei Ihnen gesagt hat, der angegeben hat mit Modellprojekten, die schon älter sind, als er Verkehrsminister ist – das macht die Wirtschaft schon selber, weil sie die Autos auf der Straße testen muss -, nein, man braucht jetzt ein Gesamtkonzept von Mobilität großer Städte und wie werden die verbunden. Sie müssten sozusagen, wenn ich den Spruch mal abwandele, "Forschst du noch, oder fährst du schon", man muss Masse schaffen in der Bundesrepublik, ein Konzept, das die großen Städte auch mit Hilfe der Deutschen Bahn miteinander verbindet, auf Elektromobilität umstellt, und da gehört vom Parkplatz bis zum Kaufanreizprogramm bis zu erneuerbarer Energie, die in Autos, in Busse kommt, Vorrang von Schiene. Dann hätten wir ein Gesamtpaket, das sowohl den Klimawandel bearbeitet, als auch die Entwicklung von Fahrzeugen, wobei ich immer noch sagen muss, bei E-Mobility geht es erstens darum, dass es der richtige Strom ist, und zweitens geht es immer noch darum, nicht nur aufs Elektroauto zu setzen, sondern überhaupt auf moderne Antriebe, die unter 60 Gramm sind.
Heckmann: Über den Elektromobilitätsgipfel in Berlin sprachen wir mit Renate Künast, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Danke, Frau Künast, für das Gespräch.
Künast: Ich danke auch.
Am Telefon begrüße ich jetzt Renate Künast, die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Schönen guten Morgen, Frau Künast.
Renate Künast: Guten Morgen, Herr Heckmann!
Heckmann: Frau Künast, ich möchte aber zunächst mit Ihnen über Griechenland sprechen. Gestern haben die EU-Finanzminister ja grünes Licht für das Hilfspaket gegeben. Die Milliarden-Kredite auch aus Deutschland, die scheinen beschlossene Sache. Dabei hat der Bundestag noch gar nicht beraten?
Künast: Na ja, natürlich ist es in Deutschland tatsächlich vom Bundestag abhängig, weil der der Haushaltsgesetzgeber ist. Dieses ist für uns jetzt erst mal nur ein allgemeines Programm. Wichtig ist aber dabei, dass es gemeinsam vereinbart wurde von IWF und den Finanzministern der Europäischen Union, weil das eine Aufgabe ist, die gemeinsam zu stemmen ist. Das ist gar nicht mein Problem.
Mir kommt es jetzt darauf an: Was ist Inhalt dieses Pakets, nicht nur die transparente Beteiligung des Bundestages, sondern es geht natürlich, nachdem schon so extrem spät reagiert wurde und Frau Merkel das Ganze noch teuerer gemacht hat, dass tatsächlich die Verursacher, die, die gezockt haben, mit an den Kosten beteiligt werden, und ich will diese Woche auch wissen, wie kann man dafür sorgen, dass in Zukunft sich solche Dinge nicht wiederholen können. Und da braucht man dann schon ein paar Maßnahmen: eine tiefere Währungsunion mit auch Sanktionen, die möglich sind, zum Beispiel bei Subventionen, die nicht mehr gezahlt werden, bis hin zu einer Finanztransaktionssteuer. Also: Spekulieren soll nicht leicht gemacht werden.
Heckmann: Aber mit Verlaub, Frau Künast, diese Themen, die werden doch in dieser Woche sicherlich nicht durch den Bundestag gehen?
Künast: Aber mit Verlaub, Herr Heckmann, der Bundestag könnte in dieser Woche einstimmig die Kanzlerin auffordern, genau das zu verhandeln und dort Druck zu machen. Das wäre ein Zeichen an die Bundesregierung, dass man das sehen will, und nicht nur Lippenbekenntnisse, und es wäre auch ein Zeichen nach Brüssel an die anderen EU-Mitgliedsstaaten, dass der Deutsche Bundestag dort Druck macht, und den müssen wir offensichtlich machen, weil ja nun schon wieder seit der Bankenkrise nichts auf der Ebene passiert ist.
Heckmann: Welche Punkte genau stellen Sie sich jetzt vor?
Künast: Ja, eine Bankenabgabe, die auch weh tut und nicht nur eine Scheinbankenabgabe ist, und dass in Zukunft Finanztransaktionen in der Europäischen Union, auch Kreditversicherungsspekulationen mit einer Steuer versehen werden. Das kann zwei Effekte haben. Erstens: Es wird nicht mehr so billig, derartig zu zocken, auch in Staaten und deren Finanzsystemen reinzuzocken, und zweitens: Man hat dann die Steuereinnahmen, die man vielleicht mal bei Schadenbeseitigung wie jetzt braucht.
Heckmann: Frau Künast, Sie haben gerade eben gesagt, das Zögern der Bundeskanzlerin habe dazu geführt, dass alles nur noch teuerer geworden wäre. Ihr Fraktionskollege Jürgen Trittin hat gesagt, Merkel habe die schnelle Hilfe für Griechenland blockiert, obwohl sie wusste, dass daran kein Weg vorbeiführe. Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass diese Erkenntnis in der Bundesregierung platzgegriffen haben soll?
Künast: Na, weil alle Welt darüber diskutiert hat. Wir selber haben ja auch seit vielen Wochen schon über das Thema diskutiert und darauf hingewiesen, auch im Deutschen Bundestag, was sich dort anbahnt und dass es dafür keine andere Hilfe gibt, weil wir sonst mit in den Strudel gerissen werden, und wir wissen alle, wie Frau Merkel auf europäischer Ebene – teilweise anders als Schäuble – agiert hat und immer nicht heran wollte ans Thema, offensichtlich in der Hoffnung, dass die Finanzspekulanten irgendwie freiwillig nachgeben, und es sah schon verstärkt danach aus, so heißt sie ja auch "Madame Non", also eine Frau, die immer Nein sagt, wenn es in Brüssel um Entscheidungen gemeinsamer Solidarität geht. Man hat das erlebt, Woche für Woche.
Heckmann: Finanzminister Wolfgang Schäuble sagt allerdings, dass sich die Lage erst dramatisch zugespitzt habe, nachdem die Europäische Statistikbehörde neue Zahlen vorgelegt habe.
Künast: Vor ungefähr 14 Tagen ist der IWF und Strauss-Kahn einbezogen worden. Das war ungefähr der Zeitpunkt, wo am Tag vorher im Deutschen Bundestag noch mitgeteilt wurde, es ginge alles noch irgendwie, aber man müsste über Hilfe nachdenken. Einen Tag später war die Spekulation schon noch höher. Was man seit Wochen weiß ist, wenn man griechische Zeitungen liest, sich damit beschäftigt – und die Europäer und der Bundesfinanzminister, auch das Kanzleramt müssen das ja tun -, man weiß seit vielen, vielen Wochen, dass Griechenland nicht sicher ist, im Laufe der nächsten zwei Jahre fällige bis zu 120 Milliarden Euro Kredite zu bedienen. Das stand immer auf der Kippe.
Heckmann: Kommen wir, Frau Künast, zum E-Mobilitätsgipfel in Berlin, der ja heute stattfinden wird. Konkrete Zusagen zur Förderung der Forschung beispielsweise wird es wohl nicht geben, aber das war angesichts der Haushaltslage auch jetzt verschärft durch die Griechenland-Krise auch nicht anders zu erwarten, oder?
Künast: Na ja, die Bundesregierung hat ja vorher schon doppelte Fehler gemacht. Schon seit Jahren hätte Frau Merkel – sie ist ja nun schon länger Bundeskanzlerin – eigentlich sich dieses Themas annehmen können.
Heckmann: Die Bundesregierung hat immerhin 500 Millionen Euro im Konjunkturprogramm dafür bereitgestellt.
Künast: Wissen Sie, das ist eigentlich bisher wenig, zumal bisher eine Abwrackprämie gezahlt wurde für altmodische Autos und damit noch bestärkt wurde, und es gibt keinen systematischen Ansatz. Selbst die Expertenkommission von Merkel sagt bei der Frage, wer wird Leitmarkt für E-Mobility – das bezieht sich nicht nur aufs Auto, sondern Mobilität insgesamt -, man sehe, sagt diese Expertenkommission, dort nur asiatische Städte. Ich sage Ihnen, was Frau Merkel jetzt macht ist, wenn ich das Bild eines Autorennens nehme, ein Boxenstopp: schneller Boxenstopp, Motorerneuerung und dann wird wieder gerast.
Es geht aber jetzt um ein Gesamtkonzept. Man muss jetzt mit fiskalischen Maßnahmen, mit ordnungspolitischen Maßnahmen und mit Forschung als drittes ein Gesamtsystem für Mobilität schaffen. Sie müssten jetzt, nicht nur wie Herr Ramsauer gerade bei Ihnen gesagt hat, der angegeben hat mit Modellprojekten, die schon älter sind, als er Verkehrsminister ist – das macht die Wirtschaft schon selber, weil sie die Autos auf der Straße testen muss -, nein, man braucht jetzt ein Gesamtkonzept von Mobilität großer Städte und wie werden die verbunden. Sie müssten sozusagen, wenn ich den Spruch mal abwandele, "Forschst du noch, oder fährst du schon", man muss Masse schaffen in der Bundesrepublik, ein Konzept, das die großen Städte auch mit Hilfe der Deutschen Bahn miteinander verbindet, auf Elektromobilität umstellt, und da gehört vom Parkplatz bis zum Kaufanreizprogramm bis zu erneuerbarer Energie, die in Autos, in Busse kommt, Vorrang von Schiene. Dann hätten wir ein Gesamtpaket, das sowohl den Klimawandel bearbeitet, als auch die Entwicklung von Fahrzeugen, wobei ich immer noch sagen muss, bei E-Mobility geht es erstens darum, dass es der richtige Strom ist, und zweitens geht es immer noch darum, nicht nur aufs Elektroauto zu setzen, sondern überhaupt auf moderne Antriebe, die unter 60 Gramm sind.
Heckmann: Über den Elektromobilitätsgipfel in Berlin sprachen wir mit Renate Künast, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Danke, Frau Künast, für das Gespräch.
Künast: Ich danke auch.