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"Es geht hier um die Bezeichnung dieses Titels"

Für Margret Wintermantel geht es bei der Debatte um Diplom- oder Masterabschlüsse nur um die reine Bezeichnung des Titels. Dagegen habe sie nichts. Man dürfe jedoch nicht den Bologna-Prozess infrage stellen.

Margret Wintermantel im Gespräch mit Jörg Biesler |
    Jörg Biesler: Brauchen wir das Diplom zurück als Studienabschluss? Margret Wintermantel ist Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz und hat als solche die großen Zusammenhänge im Blick. Guten Tag, Frau Wintermantel!

    Margret Wintermantel: Ja, hallo, guten Tag!

    Biesler: Wie kommt es bei Ihnen an, dass nun die Ingenieure unterstützt von der Bundesbildungsministerin vom Master abrücken?

    Wintermantel: Also wir müssen unterscheiden zwischen dem Titel, der am Ende eines Studiums vergeben wird, und der Logik des Studiengangs, und tatsächlich haben wir ja inzwischen die meisten Studiengänge umgestellt in Deutschland. Wir haben inzwischen 11.000 Studienprogramme in der sogenannten europäischen Studienarchitektur, also in der Bachelor- und Master-Form. Und das bedeutet, es gibt einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss, der mit dem Bachelor-Examen dann abgeschlossen wird, und dann kann man ein Master-Programm anschließen, und das endet dann eben mit einem Master-Zeugnis. Und nun geht es darum, es geht den TU9 darum, dass Sie dann nach eben einem Bachelor- und einem Master-Programm, dass Sie dann ein Diplom vergeben können, also sozusagen das fünfjährige Studium mit einem Diplomgrad. Also es geht hier um die Bezeichnung dieses Titels.

    Biesler: Genau. Ja, das hatte ja Ernst Schmachtenberg gerade auch dargestellt, dass es also nicht darum geht, jetzt noch mal Bologna zurückzudrehen und die Aufteilung des Studiums in ein dreijähriges Bachelor-Studium und dann einen zweijährigen Master zu verändern.

    Wintermantel: Das dürfen wir wirklich nicht infrage stellen.

    Biesler: Da haben Sie ein bisschen Angst davor, dass das infrage gestellt wird, oder?

    Wintermantel: Bitte?

    Biesler: Da haben Sie ein bisschen Angst davor, dass das vielleicht jetzt auch noch infrage gestellt werden könnte?

    Wintermantel: Das kann eigentlich, also das, das geht eigentlich gar nicht. Sehen Sie, ich sagte schon 11.000 Studienprogramme, also es ist in den letzten Jahren in den deutschen Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften eine enorme Anstrengung unternommen worden, um diese europäische Studienarchitektur einzuführen. Und wir wissen alle, dass das also wirklich eine tief greifende Reform ist, die auch noch nicht wirklich beendet ist, wo es auch Holprigkeiten gab, aber die natürlich mit großem Einsatz und mit, ja, mit großer Anstrengung gemacht worden ist, und wir haben heute eben einfach diese neue Studienstruktur, die für unsere jungen Leute wirklich eine große Chance darstellt. Also nicht nur, dass junge Leute sich wirklich ihr Studienprogramm aussuchen können, sondern sie haben eben auch die Möglichkeit, nach einem Bachelor-Studiengang eben einen ersten Abschluss zu haben, damit in den Arbeitsmarkt zu gehen oder ein Master-Programm anzuschließen und dann noch bessere Chancen, vielleicht noch bessere Chancen zu haben und eben auch auf einem internationalen Arbeitsmarkt mobil zu sein.

    Biesler: Diese Internationalisierung, das war ja gerade das, worum es ging bei Bachelor und Master, also ist ja ein europäischer Prozess, der Bologna-Prozess. Die Internationalisierung sollte vergleichbare Abschlüsse und Studienleistungen bringen, und jetzt gehen die deutschen Ingenieure hin und sagen, wir wollen aber diese Vergleichbarkeit gar nicht, wir wollen lieber die starke deutsche Marke wieder. Das ist aber doch schon eigentlich den letzten zehn Jahren etwas entgegengerichtet.

    Wintermantel: Also ich finde, dass hat die HRK auch deutlich gemacht, also man kann natürlich eine Äquivalenz ausstellen. Es ist ja unbenommen, in einer Art Diploma Supplement oder sozusagen, also zu sagen, jawohl, dieser Master ist einem Diplom gleichwertig oder das entspricht, es ist einem Diplom äquivalent. Da haben wir ja gar nichts dagegen.

    Biesler: Ja, aber die Hochschulen setzen ja gerade darauf, dass der Ruf des deutschen Diploms doch besser ist, als der des Masters, also dass eben keine gleichwertigen Abschlüsse am Ende dastehen, sondern die deutschen Abschlüsse dann doch wieder ein bisschen besser sind als die anderen. So sagt es ja auch die Bundesbildungsministerin.

    Wintermantel: Also ich meine, ich kann verstehen, wenn man an dem Diplom, also wenn man meint, dieser Titel wäre ganz wichtig, und deshalb meinen wir auch, dass man durchaus eine Äquivalenzbescheinigung ausstellen kann, wenn man glaubt, dass das Diplom wirklich besser ist und da spricht ja einiges dafür. Aber noch mal: Uns geht es einfach um die hohe Qualität der Studienprogramme, und uns geht es wirklich um die Vergleichbarkeit und die Mobilität, und da kommt es auf die – es kommt wirklich auf die Qualität an, und das haben Sie ja am Anfang bei den Studierenden auch gehört.

    Biesler: Genau.

    Wintermantel: Die brauchen einfach eine hohe Qualität, und ich fände es gut, wir sollten uns darauf konzentrieren.

    Biesler: Dennoch taucht ja jetzt in dem Zusammenhang auch die Frage auf, warum ist es eigentlich in Sachsen weiterhin möglich, einen Diplomstudiengang zu besuchen, im restlichen Bundesgebiet aber nicht?

    Wintermantel: Ja, sehen Sie, wir haben die Situation in Deutschland, dass wir 16 unterschiedliche Hochschulgesetze haben und tatsächlich – und die sind im Einzelnen etwas unterschiedlich – und tatsächlich haben wir in Sachsen als einzigem Bundesland eben die Möglichkeit, weiterhin Diplomstudiengänge zu haben, in allen anderen Bundesländern ist das nicht der Fall.

    Biesler: Aber warum ist das so?

    Wintermantel: Wir sprechen, aber ... habe ich meine Meinung dazu, ich finde es nicht gut, dass wir meinen, wir müssten einen Wettbewerb der Gesetze haben. Wir brauchen einen Wettbewerb der Institutionen, und wir brauchen gute Studienbedingungen, wir brauchen die besten Studienbedingungen für unsere jungen Leute, und wir sollten uns nicht eben verkämpfen an solchen, ja, an solchen eher im Grunde genommen rückwärtsgerichteten Diskussionen.

    Biesler: Bei fast jeder dieser Diskussionen um die Bildung in den letzten Jahren landet man irgendwann bei dem Punkt, dass das doch vielleicht gar nicht so gut ist, dass die Länder alles regeln, sondern dass es bundeseinheitliche Regelungen geben sollte. Jetzt eigentlich auch wieder.

    Wintermantel: Wir würden uns wünschen, dass wir da also eine größere Sicherheit hätten für unsere Studierenden. Sehen Sie, wenn unsere Studierenden – wir werden wieder im Wintersemester doch viele junge Leute vor den Türen der Hochschulen haben, und wir haben die Verantwortung dafür, dass sie wirklich gute Studienbedingungen haben und dass sie sich auch sicher sind, dass man ihnen beste Studienbedingungen bietet, und da sollten wir eben nicht mit so vielen, eben eigentlich eher, ja, eigentlich überflüssigen Diskussionen uns aufhalten. Wir sollten dafür sorgen, dass unsere Studienprogramme wirklich gut sind. Und ich bin sicher – sie sind – wir haben sehr, sehr gute Studienprogramme.

    Biesler: Margret Wintermantel, die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz zur Frage, ob wir doch wieder ein Diplom brauchen in Deutschland. Vielen Dank!

    Wintermantel: Bitte sehr!