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Es geht um die Qualifikation des Führungspersonals an Bord

Eine Möglichkeit, Schiffsunfälle wie bei der havarierten Costa Concordia zu vermeiden, sei die Reedereien zu mehr Sicherheit zu zwingen, bekräftigt Marlene Mortler. Die tourismuspolitische Sprecherin der Union sagt, dass man auch Evakuierungen besser üben müssen.

Marlene Mortler im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Fast 30 Menschen, die an Bord des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia waren, werden noch immer vermisst. Unter ihnen sind auch zehn oder zwölf Deutsche, da gehen die Meldungen auseinander. Vielleicht haben sie sich nur noch nicht gemeldet, aber es wird eher befürchtet, dass sie im Bauch des riesengroßen Kreuzfahrtschiffes gestorben sind. Eine Tragödie, vermutlich durch den Leichtsinn des Kapitäns verursache; er befindet sich auch in Haft. Am Abend gab es noch eine Trauerfeier für die Opfer des Unglücks.

    Warum das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia verunglückt ist, das scheint, klar zu sein. Der Kapitän hat wohl die Costa Concordia zu nah an die Insel Giglio gesteuert, was die anderen Kapitäne aber offenbar in der Vergangenheit auch regelmäßig getan haben. Der Geschäftsführer von Costa Kreuzfahrten Deutschland, Heiko Jensen, hat gestern in Hamburg versichert, seine Crew trainiere alle 14 Tage, wie ein Schiff evakuiert wird.

    Heiko Jensen: "Uns erreichen kontinuierlich weitere Einzelheiten über das Unglück und auch die Evakuierung. Diese lassen erkennen, dass die Crew der Costa Concordia umsichtig gehandelt hat und alles getan hat, um 4.000 Menschen in dieser äußerst schwierigen Lage zu unterstützen. Wir danken der Crew der Costa Concordia für ihren sehr mutigen Einsatz."

    Meurer: Heiko Jensen, der Geschäftsführer von Costa Kreuzfahrten Deutschland, und diese Aussage steht doch in einem erheblichen Widerspruch zu dem, was Augenzeugen, Überlebende des Unglücks inzwischen berichtet haben. - Marlene Mortler ist tourismuspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Guten Morgen, Frau Mortler.

    Marlene Mortler: Guten Morgen, Herr Meurer!

    Meurer: Vielleicht zunächst die Frage: Hätten Sie bis letzten Freitag solch ein Unglück auf einem Kreuzfahrtschiff für möglich gehalten?

    Mortler: Nein, hätte ich nicht. Vor allem die Vorgehensweise des Kapitäns ist unglaublich.

    Meurer: Und da hören wir, dass die Bewohner der Insel sagen, so was kommt regelmäßig vor. In diesem Fall, Freitagabend, war es nicht das erste Mal, es käme regelmäßig sogar vor.

    Mortler: Na ja, es steht im Moment Aussage gegen Aussage: einmal die Menschen vor Ort, die Menschen im Schiff und zum anderen die Unternehmen beziehungsweise der Unternehmer. Da müssen jetzt die Details aufgeklärt werden. Wenn es so ist, dann, muss ich sagen, glaubt man wirklich, wenn man so ein Schiff in der Hand hat, also technisch in der Hand hat, oder zu glauben, dass man es in der Hand hat, dass man sich dann so was erlauben kann. Ich kann mich gar nicht hineinversetzen. Es gibt ja Karten. Es gibt Karten, wo alles eingezeichnet ist, da darfst du mit dem Schiff nicht durch, und insofern sagt mir mein gesunder Menschenverstand, da muss ja einiges schiefgelaufen sein, nach dem Motto, es ist immer gut gegangen, dann wird es diesmal auch gut gehen.

    Meurer: Schiefgelaufen scheinen auch die Evakuierungsmaßnahmen an Bord dieses Schiffes Freitag auf Samstag. Wenn jetzt der Geschäftsführer Costa Deutschlands seine eigene Crew lobt, das steht in einem krassen Gegensatz zu dem, was praktisch alle Augenzeugen berichten. Wie passt das zusammen? Will da Costa sozusagen nicht nur seine eigenen Leute in Schutz nehmen, sondern sich auch selbst mit einer solchen Aussage schützen?

    Mortler: Natürlich! Es ist ja auch immer die Frage der Versicherung: Was muss ich sagen, damit das Ganze doch noch abgewickelt wird im positiven Sinne des Unternehmens. Es geht ja hier um menschliche Schicksale zum einen, es geht aber auch um finanzielle Forderungen zum anderen, und insofern sagt man das halt erst einmal, wo man sagt, das belastet mich am wenigsten. Also das ist meine persönliche Einschätzung.

    Meurer: Wie kommt das, dass eine Branche, von der wir alle glaubten, das ist die sicherste Form des Reisens, doch nicht so sicher ist?

    Mortler: Also noch einmal: Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit. Aber ich glaube, wir haben alle die Pflicht, das Unternehmen an erster Stelle und dann wir als Politiker, Rahmen zu setzen, die zumindest solche Unglücke eingrenzen bis nahezu vermeiden. Aber wenn jemand so gravierend - und ich muss jetzt wirklich die Aussagen glauben, die ich mehrfach gehört habe - verstößt gegen die Regeln, die Route ändert - und ein Kapitän kann das - dann können die Sicherheitsvorkehrungen offensichtlich noch so groß sein, dann bist du quasi vor Ort schutzlos auf dem Schiff ausgeliefert.

    Meurer: Das heißt, der gesetzliche Rahmen ist da, aber er wurde nicht eingehalten?

    Mortler: Die Frage ist natürlich, ob die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Schiff insgesamt ausgereicht haben. Natürlich muss man sich selber in die Lage versetzen: Kann so eine Evakuierung überhaupt in geordneten Bahnen laufen, wenn so viele Tausend Menschen auf einem Schiff sind? Kommt es dann nicht automatisch zu unkontrollierten Entwicklungen? Aber das ist ja gerade die Aufgabe des Kapitäns und des Personals, so weit es irgend geht für Ruhe zu sorgen ...

    Meurer: Sie sind Mitglied im Tourismusausschuss. Was können Sie denn tun, um Passagiere von Kreuzfahrtschiffen besser zu sichern? Kann man beispielsweise hingehen und sagen, jetzt müssen wir Entschädigungsforderungen erleichtern, um die Reedereien zu zwingen, mehr für die Sicherheit zu tun? Wäre das eine Möglichkeit?

    Mortler: Das ist sicherlich eine Möglichkeit, und ich sage Ihnen, mit einem gewissen Abstand werden wir uns im Ausschuss - ich werde das als Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch beantragen - mit diesem Unglück beschäftigen und in aller Sachlichkeit, in aller Ruhe überlegen, wie und wo wir unseren Beitrag leisten können, das Ganze in Zukunft zu verbessern. Hier geht es ja um Qualifikation des Führungspersonals, es geht um die Qualität, es geht einfach darum, dass man Evakuierung noch besser übt, es geht auch um die Frage, hätten Kollisionswarner oder Abstandswarngeräte das Ganze verhindert und reicht eine intensive Sicherheitseinweisung schon aus. Wir müssen uns ja nur in die Lage versetzen im Flugzeug, oder eben auch auf dem Schiff selbst. Uns Passagieren ist es ja oft lästig, immer wieder das Gleiche zu hören, aber es ist nun mal notwendig und ich möchte mich auch nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen, wir hätten auf politischer Ebene nicht alles Machbare gemacht, wobei das Ganze natürlich wenig nützt, wenn wir nur in Deutschland darüber reden. Das ist dann im Grunde genommen eine europäische Aufgabe. Und insofern noch einmal: Wir werden uns da zusammensetzen, aber erst einmal mit mehr Detailwissen, einiges ist ja noch ungeklärt, um dann letztendlich auch zu sehen, wer hat denn, oder welche Aussage, die wir bisher gehört haben, stimmt denn nun wirklich.

    Meurer: Kreuzfahrten, Frau Mortler, boomen. Wie viel spricht dafür, dass der Preiskrieg zwischen den Reedereien und Reisegesellschaften zulasten der Sicherheit ausgetragen wird?

    Mortler: Ich glaube, dass es immer einen bestimmten Punkt, eine Grenze gibt, wo der Preiskrieg dann so extensiv ist, dass man Abstriche bei der Sicherheit, bei der Qualität machen muss. Ich ziehe da Parallelen zum Essen. Bis zu einem bestimmten Punkt kannst du billig, billig machen, aber dann ist einfach gut und Schluss. Natürlich boomt der Markt, natürlich gibt es ganz, ganz viele Anbieter, und alleine das ist ein Grund, weil der Markt boomt und weil es aus meiner Sicht vermutlich auch Anbieter gibt, die man unter die Kategorie schwarze Schafe einordnen muss, das ganze Mal noch näher zu beleuchten.

    Meurer: Wenn über 4000 Menschen auf einem Schiff sind, liegt es auf der Hand, dass das gar nicht so einfach ist, die in kurzer Zeit geordnet und dann auch noch im Dunkeln zu evakuieren. Sind die Schiffe zu groß geworden?

    Mortler: Das möchte ich nicht mit 100 Prozent ja beurteilen. Auch das ist eine Frage, die wir im Detail noch einmal klären müssen. Wie gesagt, es kommt auf die Ausstattung an, es kommt auf die Qualität der Sicherheit an, die grundsätzlich auf so einem Schiff herrscht. Das kann vermutlich auch mit einem 2000er-Schiff passieren, wenn die Crew, also das Personal, und der Kapitän hier einfach nicht optimal arbeiten.

    Meurer: Marlene Mortler, die tourismuspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk. Danke und auf Wiederhören, Frau Mortler!

    Mortler: Ja, gerne!

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