Christian Bremkamp: Beim sogenannten Fracking wird mit hohem Druck unter Einsatz von Wasser, Sand und Chemikalien Gestein so aufgebrochen, dass Gas entweichen kann – eine Form der Energiegewinnung, die sich in den USA großer Beliebtheit erfreut, hierzulande aber äußerst umstritten ist. Über Pfingsten nun hat EU-Energiekommissar Günther Oettinger einen Vorstoß gewagt: Er stellte EU-eigene Vorschläge zum Umgang mit Fracking in Aussicht und appellierte an Deutschland, mögliche Potenziale nicht außer Acht zu lassen.
Claudia Kemfert ist Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. Sie habe ich kurz vor dieser Sendung gefragt: Hat Günther Oettinger möglicherweise recht mit seiner offenen Herangehensweise? Müsste Deutschland vielleicht doch etwas unverkrampfter mit dem Thema umgehen – Stichwort "schleppende Energiewende"?
Claudia Kemfert: Na ja, man muss immer sehen mit dem Fracking, welche Konsequenzen damit verbunden sind, insbesondere die Umweltgefahren, die da entstehen können durch die Chemikalien, die auch eingeleitet werden. Insofern sehe ich es ähnlich, dass man auch mal Probebohrungen machen kann. Die hat man in Polen übrigens ja auch schon gemacht, da wurden die Potenziale dann wieder nach unten geschraubt. Insgesamt hat Europa viel weniger Potenziale als Amerika und insofern wird es hier keinen Gasrausch geben und auch keine Einflüsse auf die Preise. Aber dennoch, denke ich, kann man ein paar Probebohrungen machen, aber die Umweltauflagen, die müssen natürlich erfüllt werden.
Bremkamp: Trink- und Grundwasservorkommen sollen geschützt werden. Da ist Oettinger ja mit der Bundesregierung d’accord. Neben möglichen Potenzialen, die Sie gerade eingeschränkt haben, wo sehen Sie denn konkret die Risiken beim Fracking?
Kemfert: Ja die Risiken sind eindeutig bei den Umweltgefahren, die man schwer abschätzen kann. In Amerika gab es teilweise Probleme, aber manchmal eben auch nicht. Gerade die Chemikalien, die in die Erde gepumpt werden, da muss man wissen, welche Chemikalien sind dies, wie setzen sie sich zusammen, welche Gefahren entstehen da, gerade wenn das Trinkwasser auch benachteiligt werden kann, oder überhaupt das Trinkwasser hier geschädigt werden kann. Das muss man ausschließen und dafür muss man diese Technik erforschen, auch in Europa. Aber ich glaube, wenn man bohrt, wird man feststellen, dass die Potenziale vermutlich noch geringer sind, als man ohnehin schon dachte. Aber die Umweltgefahren müssen immer auch mit berücksichtigt werden und eingeschränkt werden.
Bremkamp: Was sind denn das für Chemikalien? Wissen Sie da Genaueres?
Kemfert: Na ja, das ist ja genau das Problem, dass selbst die Unternehmen nicht wirklich offenlegen, welche Chemikalien dort hineingepumpt werden. Das ist der Schritt eins, dass man wissen muss, was wird dort hineingepumpt, um welche Chemikalien handelt es sich und kann man ausschließen, dass das Trinkwasser hier in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Wenn man das kann, kann man durchaus bohren. Wenn nicht, muss man sehr aufpassen.
Bremkamp: Welche Regionen in Deutschland kämen für Probebohrungen denn überhaupt infrage?
Kemfert: Das ist in erster Linie Nordrhein-Westfalen, die sich ja auch sehr kritisch schon geäußert haben, Niedersachsen, vielleicht auch in Schleswig-Holstein, aber das sind die wesentlichen Regionen, um die es geht. In allen Bundesländern regieren auch Grüne, die sehr skeptisch sind, ob Fracking überhaupt machbar ist, ohne die Umwelt zu schädigen, und da wird man dann sehen, inwieweit diese Probebohrungen in Deutschland überhaupt möglich sein werden.
Bremkamp: Mal ein ganz anderer Aspekt. Heute gibt es ja schon Proteste gegen Windkraftanlagen, Stromtrassen und Ähnliches, die ja eigentlich für die Energiewende unerlässlich sind. Glauben Sie, dass Fracking in der Bevölkerung überhaupt eine Chance hätte?
Kemfert: Ich glaube, es wird schwer in der Bevölkerung, obwohl die Unternehmen, die sich damit beschäftigen, ja sehr viel tun, um für Transparenz zu sorgen, zu informieren. Das halte ich auch für gut und für richtig. Wenn man die Umweltgefahren ausschließen kann, kann man diese Technik durchaus anwenden. Die Frage ist aber ohnehin – und da hat die Bevölkerung recht: Brauchen wir das jetzt in Deutschland. Es gibt ein Überangebot an Gas auf den internationalen Märkten. Wir haben russisches Gas, was zugegebenermaßen sehr teuer ist, aber auch da gibt es ausreichende Angebote. Müssen wir wirklich in Europa noch zusätzlich fracken? Und da, denke ich, wird man den Menschen erklären müssen, warum wir das überhaupt brauchen, wenn man die Umweltgefahren in den Griff bekommen kann.
Bremkamp: Warum dann jetzt dieser Vorstoß von Energiekommissar Oettinger? Haben Sie eine Erklärung dafür?
Kemfert: Nein, denn es wird ja auch schon gebohrt, in Polen beispielsweise, auch England hat Genehmigungen erteilt. In Frankreich hat man es erst mal ausgeschlossen, aber es gibt ja durchaus auch die Länder, die sich schon geäußert haben. Der Kommissar ist natürlich auch zuständig für dieses Thema. Aber warum er jetzt so intensiv plötzlich das Thema an die Öffentlichkeit bringt, das erschließt sich mir nicht.
Bremkamp: Möglicherweise, weil es in der Tat einige große Unternehmen gibt, die an Fracking interessiert sind?
Kemfert: Ja sicher. Die Unternehmen sind interessiert, das ist auch nicht neu. Sie haben ja auch schon Studien auch in Deutschland in Auftrag gegeben. Es gibt auch entsprechende Informationskampagnen für mehr Transparenz für die Bürger, die eingebunden werden sollen. Das ist erst mal löblich. Aber klar: Die Unternehmen haben Interesse, sie haben in Polen schon gebohrt, haben sich da teilweise wieder zurückgezogen, und das kann ein Grund sein, warum man dieses Thema jetzt so stark auf die öffentliche Agenda gesetzt hat.
Bremkamp: EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat ein europäisches Engagement beim Fracking ins Spiel gebracht – gesprochen habe ich darüber mit Claudia Kemfert, Energieexpertin beim DIW in Berlin.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Claudia Kemfert ist Energieexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin. Sie habe ich kurz vor dieser Sendung gefragt: Hat Günther Oettinger möglicherweise recht mit seiner offenen Herangehensweise? Müsste Deutschland vielleicht doch etwas unverkrampfter mit dem Thema umgehen – Stichwort "schleppende Energiewende"?
Claudia Kemfert: Na ja, man muss immer sehen mit dem Fracking, welche Konsequenzen damit verbunden sind, insbesondere die Umweltgefahren, die da entstehen können durch die Chemikalien, die auch eingeleitet werden. Insofern sehe ich es ähnlich, dass man auch mal Probebohrungen machen kann. Die hat man in Polen übrigens ja auch schon gemacht, da wurden die Potenziale dann wieder nach unten geschraubt. Insgesamt hat Europa viel weniger Potenziale als Amerika und insofern wird es hier keinen Gasrausch geben und auch keine Einflüsse auf die Preise. Aber dennoch, denke ich, kann man ein paar Probebohrungen machen, aber die Umweltauflagen, die müssen natürlich erfüllt werden.
Bremkamp: Trink- und Grundwasservorkommen sollen geschützt werden. Da ist Oettinger ja mit der Bundesregierung d’accord. Neben möglichen Potenzialen, die Sie gerade eingeschränkt haben, wo sehen Sie denn konkret die Risiken beim Fracking?
Kemfert: Ja die Risiken sind eindeutig bei den Umweltgefahren, die man schwer abschätzen kann. In Amerika gab es teilweise Probleme, aber manchmal eben auch nicht. Gerade die Chemikalien, die in die Erde gepumpt werden, da muss man wissen, welche Chemikalien sind dies, wie setzen sie sich zusammen, welche Gefahren entstehen da, gerade wenn das Trinkwasser auch benachteiligt werden kann, oder überhaupt das Trinkwasser hier geschädigt werden kann. Das muss man ausschließen und dafür muss man diese Technik erforschen, auch in Europa. Aber ich glaube, wenn man bohrt, wird man feststellen, dass die Potenziale vermutlich noch geringer sind, als man ohnehin schon dachte. Aber die Umweltgefahren müssen immer auch mit berücksichtigt werden und eingeschränkt werden.
Bremkamp: Was sind denn das für Chemikalien? Wissen Sie da Genaueres?
Kemfert: Na ja, das ist ja genau das Problem, dass selbst die Unternehmen nicht wirklich offenlegen, welche Chemikalien dort hineingepumpt werden. Das ist der Schritt eins, dass man wissen muss, was wird dort hineingepumpt, um welche Chemikalien handelt es sich und kann man ausschließen, dass das Trinkwasser hier in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Wenn man das kann, kann man durchaus bohren. Wenn nicht, muss man sehr aufpassen.
Bremkamp: Welche Regionen in Deutschland kämen für Probebohrungen denn überhaupt infrage?
Kemfert: Das ist in erster Linie Nordrhein-Westfalen, die sich ja auch sehr kritisch schon geäußert haben, Niedersachsen, vielleicht auch in Schleswig-Holstein, aber das sind die wesentlichen Regionen, um die es geht. In allen Bundesländern regieren auch Grüne, die sehr skeptisch sind, ob Fracking überhaupt machbar ist, ohne die Umwelt zu schädigen, und da wird man dann sehen, inwieweit diese Probebohrungen in Deutschland überhaupt möglich sein werden.
Bremkamp: Mal ein ganz anderer Aspekt. Heute gibt es ja schon Proteste gegen Windkraftanlagen, Stromtrassen und Ähnliches, die ja eigentlich für die Energiewende unerlässlich sind. Glauben Sie, dass Fracking in der Bevölkerung überhaupt eine Chance hätte?
Kemfert: Ich glaube, es wird schwer in der Bevölkerung, obwohl die Unternehmen, die sich damit beschäftigen, ja sehr viel tun, um für Transparenz zu sorgen, zu informieren. Das halte ich auch für gut und für richtig. Wenn man die Umweltgefahren ausschließen kann, kann man diese Technik durchaus anwenden. Die Frage ist aber ohnehin – und da hat die Bevölkerung recht: Brauchen wir das jetzt in Deutschland. Es gibt ein Überangebot an Gas auf den internationalen Märkten. Wir haben russisches Gas, was zugegebenermaßen sehr teuer ist, aber auch da gibt es ausreichende Angebote. Müssen wir wirklich in Europa noch zusätzlich fracken? Und da, denke ich, wird man den Menschen erklären müssen, warum wir das überhaupt brauchen, wenn man die Umweltgefahren in den Griff bekommen kann.
Bremkamp: Warum dann jetzt dieser Vorstoß von Energiekommissar Oettinger? Haben Sie eine Erklärung dafür?
Kemfert: Nein, denn es wird ja auch schon gebohrt, in Polen beispielsweise, auch England hat Genehmigungen erteilt. In Frankreich hat man es erst mal ausgeschlossen, aber es gibt ja durchaus auch die Länder, die sich schon geäußert haben. Der Kommissar ist natürlich auch zuständig für dieses Thema. Aber warum er jetzt so intensiv plötzlich das Thema an die Öffentlichkeit bringt, das erschließt sich mir nicht.
Bremkamp: Möglicherweise, weil es in der Tat einige große Unternehmen gibt, die an Fracking interessiert sind?
Kemfert: Ja sicher. Die Unternehmen sind interessiert, das ist auch nicht neu. Sie haben ja auch schon Studien auch in Deutschland in Auftrag gegeben. Es gibt auch entsprechende Informationskampagnen für mehr Transparenz für die Bürger, die eingebunden werden sollen. Das ist erst mal löblich. Aber klar: Die Unternehmen haben Interesse, sie haben in Polen schon gebohrt, haben sich da teilweise wieder zurückgezogen, und das kann ein Grund sein, warum man dieses Thema jetzt so stark auf die öffentliche Agenda gesetzt hat.
Bremkamp: EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat ein europäisches Engagement beim Fracking ins Spiel gebracht – gesprochen habe ich darüber mit Claudia Kemfert, Energieexpertin beim DIW in Berlin.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.