Dirk-Oliver Heckmann: Am Telefon begrüße ich Steffen Flath, den Fraktionschef der CDU in Sachsen. Er ist Mitglied des erwähnten Berliner Kreises, also des konservativen Netzwerks innerhalb der CDU. Schönen guten Morgen, Herr Flath.
Steffen Flath: Schönen guten Morgen, Herr Heckmann.
Heckmann: Herr Flath, erst Köln, dann Frankfurt, Hamburg, Stuttgart, jetzt auch noch Karlsruhe hat die CDU verloren, von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ganz zu schweigen. Wahlforscher sagen, der CDU gelinge es nicht mehr, das Lebensgefühl der Städter anzusprechen. Vor allem junge Frauen kann sie nicht mehr erreichen. Können Sie an diesem Befund vorbei?
Flath: Also bestätigen zumindest kann ich den Befund nicht. Es stimmt wohl, dass wir schon mal in Großstädten bessere Wahlergebnisse hatten, aber in Großstädten werden nicht in erster Linie Parteien gewählt; da kommt es auch darauf an, Kandidaten zu haben, die sowohl die Programmatik der CDU vertreten, aber auf der anderen Seite auch eine Sprache sprechen, die in einer Großstadt ankommt. Und da haben wir offensichtlich gegenwärtig Probleme. Ich meine, ich kann von Sachsen aus das nicht in jedem einzelnen Fall einschätzen, ob in Stuttgart oder in Karlsruhe. Vielleicht wäre es auch notwendig gewesen, sich bei der Kandidatensuche etwas mehr Sorgfalt walten zu lassen.
Heckmann: Welche Probleme inhaltlicher Art sind es denn? Hat Ole von Beust Recht, der ehemalige Erste Bürgermeister von Hamburg, der sagt, die CDU gebe Antworten auf Fragen, die niemand mehr stellt?
Flath: Das würde ich so nicht sagen, weil eine Diskussion, die ist notwendig. Wer hätte gedacht, dass ein CDU-Bundesparteitag diese Frage behandelt, wie man mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften umgeht. Das gehört dazu. Aber auf der anderen Seite wird der Parteitag ja nicht von diesem Thema dominiert, sondern hier geht es tatsächlich um die Fragen, wie geht es in Europa weiter, oder wie meistern wir eine Energiewende, ohne dass uns die Leute auf die Barrikaden gehen, weil sie das nicht bezahlen können. Das sind schon Fragen, die die Leute bewegen, und darauf wird es auch heute bei diesem Parteitag Antworten geben.
Heckmann: Aber, Herr Flath, der Streit um die Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Steuerrecht steht ja doch in gewisser Hinsicht symbolisch. Sie vom Berliner Kreis sagen, das darf auf gar keinen Fall kommen. Der Bündnis-Grüne Volker Beck sagt, die CDU solle endlich aufhören, Homosexuelle zu diskriminieren.
Flath: Diesen Vorwurf kann ich nicht stehen lassen. Es geht nicht mehr darum, solche Lebensgemeinschaften zu diskriminieren - ganz im Gegenteil. Es wird auch in der CDU mit Respekt über Lebensgemeinschaften gesprochen, wo man eben nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere Verantwortung übernimmt.
Heckmann: Aber dieser Respekt, der drückt sich nicht aus.
Flath: Ach doch, dieser Respekt drückt sich schon aus, indem eben gerade nicht diskriminierend darüber gesprochen wird. Nur - und darauf kommt es uns ja im Berliner Kreis an - muss auch darüber eine Debatte geführt werden. Die ist im ländlichen Raum vielleicht schneller geführt als in der Großstadt. Aber die CDU stellt sich dieser Frage und ich meine, es gibt einen entscheidenden Unterschied zur Ehe. Die Ehe ist nicht nur hergeleitet aus der christlichen Tradition und Kultur, sondern es geht eben auch darum, nicht nur fürs Leben Verantwortung füreinander zu übernehmen, sondern die Ehe ist schon rein biologisch auch angelegt durch Frau und Mann, dass sie auch auf Nachwuchs, auf Kinder angelegt ist, und deshalb findet sie Erwähnung in der Verfassung, und zwar an ziemlich zentraler Stelle ...
Heckmann: Aber auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen können Kinder aufwachsen.
Flath: ... , dass der Staat zunächst einmal Ehe und Familie unter besonderen Schutz stellt, und damit ist überhaupt nicht in Abrede gestellt, dass auch in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften vieles gut und richtig gemacht wird. Nur man stelle sich vor, es würden alle in unserer Gesellschaft in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben, dann wäre es um die Zukunft wahrscheinlich schlecht bestellt, und deshalb halte ich es für gerechtfertigt, die Ehe zu privilegieren.
Heckmann: Na ja, gut. Ob diese Gefahr besteht, das bleibt dahingestellt. Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak, der sieht das ganz anders. Der sagt, die CDU müsse endlich die gesellschaftlichen Realitäten anerkennen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière meint, die Ungleichbehandlung werde in Karlsruhe wohl keinen Bestand haben. Und auch Julia Klöckner, die designierte Vizeparteichefin, die hat sich gestern zu dem Thema geäußert. Hören wir mal kurz rein:
O-Ton Julia Klöckner: "Wenn eingetragene Lebenspartnerschaften füreinander Pflichten übernehmen sollen, das heißt füreinander einstehen auch in den Bedarfsgemeinschaften, so wie das Ehepaare tun, dann ist es schwierig, ihnen die Rechte zu verweigern."
Heckmann: Soweit also Julia Klöckner, die heute zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt werden soll. Haben Sie, Herr Flath, also die Zeichen der Zeit nicht erkannt?
Flath: Also so sehr unterscheiden sich ja diese Stellungnahmen auch wieder nicht. Vielleicht das Ergebnis könnte unterschiedlich sein in einem Abwägungsprozess. Das ist aber nicht ungewöhnlich in der Politik. Ich glaube, es ist wichtig - und auch das erwartet eine klare Mehrheit in der Bevölkerung; deshalb regieren wir auch nicht etwa an der Mehrheit vorbei und ich denke, als CDU (und das ist ja, was wir als Berliner Kreis immer wieder in die Debatte einbringen) denken wir auch an die Wähler, denken wir vor allen Dingen auch an unsere Stammwähler, und die verstehen so manche Diskussion nicht.
Heckmann: Und Ihre Stammwähler, die werden verschreckt durch eine solche Diskussion, oder durch solche Entscheidungen, dann möglicherweise diese Gleichstellung herbeizuführen?
Flath: Nein. Die würden verschreckt sein, wenn jetzt auch noch die CDU Ehe und Familie in ihrem Wert aufgeben würde. Dann würden wir die Mehrheit der Wähler verschrecken, aber das tun wir nicht. Aber gleichzeitig diskriminieren wir auch nicht andere, sondern erkennen durchaus an, dass in Lebenspartnerschaften auch Verantwortung gelebt wird.
Heckmann: Sie sagen's! Wenn Partner füreinander sorgen, ist das nicht auch ein konservativer Wert? Und wenn Sie sagen, Sie erkennen das an, in welcher Form tun Sie das?
Flath: Ja natürlich erkennen wir das an, indem wir das aussprechen. Und das ist doch wichtig. Und auf der anderen Seite aber auch: Es ist ja nur eine Form, wo der Staat Ehe und Familie, weil es eben das Fundament in der Gesellschaft bildet, steuerlich im Grunde gleichstellt, wie man in der Wirtschaft zum Beispiel mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts umgeht. Das drückt auch den Respekt gegenüber einer Ehe aus, wenn man sagt, wenn sich jemand dazu entschließt. Und eine Mehrheit in der Bevölkerung achtet die Ehe viel mehr, als vielleicht so manche tägliche Diskussion glauben machen will. Und da geht es auch um den Respekt, dass in einer Ehe entschieden wird, wie man das macht, wie man sich die Arbeit teilt, und ich glaube, das hat sich bewährt und dabei sollte die CDU unbedingt bleiben. Und ich gehe auch davon aus, dass es da heute auf dem Parteitag eine klare Mehrheit dafür gibt.
Heckmann: Neue Köpfe rücken in die Parteispitze auf. Julia Klöckner habe ich gerade eben schon erwähnt, Armin Laschet, Thomas Strobl. Sie sollen alle drei zu neuen stellvertretenden Vorsitzenden gewählt werden, sie alle gelten als Reformer. Geht das für Sie als Mitglied des Berliner Kreises eigentlich in die richtige Richtung?
Flath: Ja mit den Begriffen "Reformer" - In vielen Dingen sehe ich mich auch als Reformer, indem ich die Dinge hinterfrage, indem ich anschaue, ob die Zielrichtung stimmt, ob die Instrumente stimmen. Und bei den Stellvertretern heute geht es insbesondere auch darum - das ist auch nichts Neues in der CDU -, dass darauf zu achten ist, dass wir eine regionale Ausgewogenheit haben, weil unsere alles überragende Vorsitzende Angela Merkel kommt aus einem bevölkerungsarmen Bundesland, aus Mecklenburg-Vorpommern, mit relativ wenig CDU-Mitgliedern. Und deshalb ist bei den Stellvertretern in allererster Linie darauf zu achten, dass eben die starken Landesverbände wie Nordrhein-Westfalen oder wie beispielsweise Baden-Württemberg dort vertreten sind. Und dort haben die, die jetzt neu antreten, alle Möglichkeiten, sich zu profilieren und auch in ihren Landesverbänden dann jeweils unter Beweis zu stellen, ob sie dort richtig liegen, und das bleibt mal abzuwarten. Das wird ja heute auf diesem Wahlparteitag entschieden.
Heckmann: Bleibt abzuwarten, das heißt: Da höre ich eine gewisse Skepsis raus?
Flath: Das gehört bei den Konservativen dazu, nicht immer so überschwänglich zu sein, nicht überall sofort die Begeisterung zu zeigen, auf der anderen Seite aber auch das, was sich eben gerade in der CDU bewährt hat, und es stehen ja nun nicht gerade leichte Zeiten bevor, und dort, glaube ich, hat die CDU alle Flügel innerhalb der Partei. Das hat sich bei der Rentendebatte, die wir geführt haben, besonders gezeigt, dass die Sozialen bei uns genauso vorkommen wie die Vertreter der Wirtschaft, die Frauen, die Senioren, die Junge Union, und so sind wir im Grunde sehr breit und gut aufgestellt und ich freue mich auch, dass wir eine lebendige Partei sind, wo die Dinge offen diskutiert werden.
Heckmann: Herr Flath, Angela Merkel, Ursula von der Leyen, Julia Klöckner, dann die Ministerpräsidentinnen Christine Lieberknecht und Annegret Kramp-Karrenbauer - man hat den Eindruck, dass die Frauen den Ton angeben mittlerweile in der CDU. Wie groß ist die Begeisterung dafür aus Ihrer Sicht?
Flath: Das ist doch gut so, dass die Frauen in der CDU genauso den Ton angeben wie die Männer. Also das warten wir mal heute ab. Es wird sich aus Sachsen unser Ministerpräsident Stanislaw Tillich zu Wort melden, es wird Thomas de Maizière antreten, es wird Arnold Vaatz antreten und ich glaube, das steht der CDU gut zu Gesicht, dass sowohl Frauen als auch Männer hier das Sagen haben.
Heckmann: Also Sie fühlen sich da mittlerweile nicht untergebuttert oder so?
Flath: Nein, überhaupt nicht.
Heckmann: Der Fraktionschef der CDU in Sachsen, Steffen Flath, war das live hier im Deutschlandfunk. Herr Flath, danke Ihnen für das Gespräch und beste Grüße nach Hannover.
Flath: Bitte schön!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Steffen Flath: Schönen guten Morgen, Herr Heckmann.
Heckmann: Herr Flath, erst Köln, dann Frankfurt, Hamburg, Stuttgart, jetzt auch noch Karlsruhe hat die CDU verloren, von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ganz zu schweigen. Wahlforscher sagen, der CDU gelinge es nicht mehr, das Lebensgefühl der Städter anzusprechen. Vor allem junge Frauen kann sie nicht mehr erreichen. Können Sie an diesem Befund vorbei?
Flath: Also bestätigen zumindest kann ich den Befund nicht. Es stimmt wohl, dass wir schon mal in Großstädten bessere Wahlergebnisse hatten, aber in Großstädten werden nicht in erster Linie Parteien gewählt; da kommt es auch darauf an, Kandidaten zu haben, die sowohl die Programmatik der CDU vertreten, aber auf der anderen Seite auch eine Sprache sprechen, die in einer Großstadt ankommt. Und da haben wir offensichtlich gegenwärtig Probleme. Ich meine, ich kann von Sachsen aus das nicht in jedem einzelnen Fall einschätzen, ob in Stuttgart oder in Karlsruhe. Vielleicht wäre es auch notwendig gewesen, sich bei der Kandidatensuche etwas mehr Sorgfalt walten zu lassen.
Heckmann: Welche Probleme inhaltlicher Art sind es denn? Hat Ole von Beust Recht, der ehemalige Erste Bürgermeister von Hamburg, der sagt, die CDU gebe Antworten auf Fragen, die niemand mehr stellt?
Flath: Das würde ich so nicht sagen, weil eine Diskussion, die ist notwendig. Wer hätte gedacht, dass ein CDU-Bundesparteitag diese Frage behandelt, wie man mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften umgeht. Das gehört dazu. Aber auf der anderen Seite wird der Parteitag ja nicht von diesem Thema dominiert, sondern hier geht es tatsächlich um die Fragen, wie geht es in Europa weiter, oder wie meistern wir eine Energiewende, ohne dass uns die Leute auf die Barrikaden gehen, weil sie das nicht bezahlen können. Das sind schon Fragen, die die Leute bewegen, und darauf wird es auch heute bei diesem Parteitag Antworten geben.
Heckmann: Aber, Herr Flath, der Streit um die Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Steuerrecht steht ja doch in gewisser Hinsicht symbolisch. Sie vom Berliner Kreis sagen, das darf auf gar keinen Fall kommen. Der Bündnis-Grüne Volker Beck sagt, die CDU solle endlich aufhören, Homosexuelle zu diskriminieren.
Flath: Diesen Vorwurf kann ich nicht stehen lassen. Es geht nicht mehr darum, solche Lebensgemeinschaften zu diskriminieren - ganz im Gegenteil. Es wird auch in der CDU mit Respekt über Lebensgemeinschaften gesprochen, wo man eben nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere Verantwortung übernimmt.
Heckmann: Aber dieser Respekt, der drückt sich nicht aus.
Flath: Ach doch, dieser Respekt drückt sich schon aus, indem eben gerade nicht diskriminierend darüber gesprochen wird. Nur - und darauf kommt es uns ja im Berliner Kreis an - muss auch darüber eine Debatte geführt werden. Die ist im ländlichen Raum vielleicht schneller geführt als in der Großstadt. Aber die CDU stellt sich dieser Frage und ich meine, es gibt einen entscheidenden Unterschied zur Ehe. Die Ehe ist nicht nur hergeleitet aus der christlichen Tradition und Kultur, sondern es geht eben auch darum, nicht nur fürs Leben Verantwortung füreinander zu übernehmen, sondern die Ehe ist schon rein biologisch auch angelegt durch Frau und Mann, dass sie auch auf Nachwuchs, auf Kinder angelegt ist, und deshalb findet sie Erwähnung in der Verfassung, und zwar an ziemlich zentraler Stelle ...
Heckmann: Aber auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen können Kinder aufwachsen.
Flath: ... , dass der Staat zunächst einmal Ehe und Familie unter besonderen Schutz stellt, und damit ist überhaupt nicht in Abrede gestellt, dass auch in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften vieles gut und richtig gemacht wird. Nur man stelle sich vor, es würden alle in unserer Gesellschaft in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben, dann wäre es um die Zukunft wahrscheinlich schlecht bestellt, und deshalb halte ich es für gerechtfertigt, die Ehe zu privilegieren.
Heckmann: Na ja, gut. Ob diese Gefahr besteht, das bleibt dahingestellt. Der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak, der sieht das ganz anders. Der sagt, die CDU müsse endlich die gesellschaftlichen Realitäten anerkennen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière meint, die Ungleichbehandlung werde in Karlsruhe wohl keinen Bestand haben. Und auch Julia Klöckner, die designierte Vizeparteichefin, die hat sich gestern zu dem Thema geäußert. Hören wir mal kurz rein:
O-Ton Julia Klöckner: "Wenn eingetragene Lebenspartnerschaften füreinander Pflichten übernehmen sollen, das heißt füreinander einstehen auch in den Bedarfsgemeinschaften, so wie das Ehepaare tun, dann ist es schwierig, ihnen die Rechte zu verweigern."
Heckmann: Soweit also Julia Klöckner, die heute zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt werden soll. Haben Sie, Herr Flath, also die Zeichen der Zeit nicht erkannt?
Flath: Also so sehr unterscheiden sich ja diese Stellungnahmen auch wieder nicht. Vielleicht das Ergebnis könnte unterschiedlich sein in einem Abwägungsprozess. Das ist aber nicht ungewöhnlich in der Politik. Ich glaube, es ist wichtig - und auch das erwartet eine klare Mehrheit in der Bevölkerung; deshalb regieren wir auch nicht etwa an der Mehrheit vorbei und ich denke, als CDU (und das ist ja, was wir als Berliner Kreis immer wieder in die Debatte einbringen) denken wir auch an die Wähler, denken wir vor allen Dingen auch an unsere Stammwähler, und die verstehen so manche Diskussion nicht.
Heckmann: Und Ihre Stammwähler, die werden verschreckt durch eine solche Diskussion, oder durch solche Entscheidungen, dann möglicherweise diese Gleichstellung herbeizuführen?
Flath: Nein. Die würden verschreckt sein, wenn jetzt auch noch die CDU Ehe und Familie in ihrem Wert aufgeben würde. Dann würden wir die Mehrheit der Wähler verschrecken, aber das tun wir nicht. Aber gleichzeitig diskriminieren wir auch nicht andere, sondern erkennen durchaus an, dass in Lebenspartnerschaften auch Verantwortung gelebt wird.
Heckmann: Sie sagen's! Wenn Partner füreinander sorgen, ist das nicht auch ein konservativer Wert? Und wenn Sie sagen, Sie erkennen das an, in welcher Form tun Sie das?
Flath: Ja natürlich erkennen wir das an, indem wir das aussprechen. Und das ist doch wichtig. Und auf der anderen Seite aber auch: Es ist ja nur eine Form, wo der Staat Ehe und Familie, weil es eben das Fundament in der Gesellschaft bildet, steuerlich im Grunde gleichstellt, wie man in der Wirtschaft zum Beispiel mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts umgeht. Das drückt auch den Respekt gegenüber einer Ehe aus, wenn man sagt, wenn sich jemand dazu entschließt. Und eine Mehrheit in der Bevölkerung achtet die Ehe viel mehr, als vielleicht so manche tägliche Diskussion glauben machen will. Und da geht es auch um den Respekt, dass in einer Ehe entschieden wird, wie man das macht, wie man sich die Arbeit teilt, und ich glaube, das hat sich bewährt und dabei sollte die CDU unbedingt bleiben. Und ich gehe auch davon aus, dass es da heute auf dem Parteitag eine klare Mehrheit dafür gibt.
Heckmann: Neue Köpfe rücken in die Parteispitze auf. Julia Klöckner habe ich gerade eben schon erwähnt, Armin Laschet, Thomas Strobl. Sie sollen alle drei zu neuen stellvertretenden Vorsitzenden gewählt werden, sie alle gelten als Reformer. Geht das für Sie als Mitglied des Berliner Kreises eigentlich in die richtige Richtung?
Flath: Ja mit den Begriffen "Reformer" - In vielen Dingen sehe ich mich auch als Reformer, indem ich die Dinge hinterfrage, indem ich anschaue, ob die Zielrichtung stimmt, ob die Instrumente stimmen. Und bei den Stellvertretern heute geht es insbesondere auch darum - das ist auch nichts Neues in der CDU -, dass darauf zu achten ist, dass wir eine regionale Ausgewogenheit haben, weil unsere alles überragende Vorsitzende Angela Merkel kommt aus einem bevölkerungsarmen Bundesland, aus Mecklenburg-Vorpommern, mit relativ wenig CDU-Mitgliedern. Und deshalb ist bei den Stellvertretern in allererster Linie darauf zu achten, dass eben die starken Landesverbände wie Nordrhein-Westfalen oder wie beispielsweise Baden-Württemberg dort vertreten sind. Und dort haben die, die jetzt neu antreten, alle Möglichkeiten, sich zu profilieren und auch in ihren Landesverbänden dann jeweils unter Beweis zu stellen, ob sie dort richtig liegen, und das bleibt mal abzuwarten. Das wird ja heute auf diesem Wahlparteitag entschieden.
Heckmann: Bleibt abzuwarten, das heißt: Da höre ich eine gewisse Skepsis raus?
Flath: Das gehört bei den Konservativen dazu, nicht immer so überschwänglich zu sein, nicht überall sofort die Begeisterung zu zeigen, auf der anderen Seite aber auch das, was sich eben gerade in der CDU bewährt hat, und es stehen ja nun nicht gerade leichte Zeiten bevor, und dort, glaube ich, hat die CDU alle Flügel innerhalb der Partei. Das hat sich bei der Rentendebatte, die wir geführt haben, besonders gezeigt, dass die Sozialen bei uns genauso vorkommen wie die Vertreter der Wirtschaft, die Frauen, die Senioren, die Junge Union, und so sind wir im Grunde sehr breit und gut aufgestellt und ich freue mich auch, dass wir eine lebendige Partei sind, wo die Dinge offen diskutiert werden.
Heckmann: Herr Flath, Angela Merkel, Ursula von der Leyen, Julia Klöckner, dann die Ministerpräsidentinnen Christine Lieberknecht und Annegret Kramp-Karrenbauer - man hat den Eindruck, dass die Frauen den Ton angeben mittlerweile in der CDU. Wie groß ist die Begeisterung dafür aus Ihrer Sicht?
Flath: Das ist doch gut so, dass die Frauen in der CDU genauso den Ton angeben wie die Männer. Also das warten wir mal heute ab. Es wird sich aus Sachsen unser Ministerpräsident Stanislaw Tillich zu Wort melden, es wird Thomas de Maizière antreten, es wird Arnold Vaatz antreten und ich glaube, das steht der CDU gut zu Gesicht, dass sowohl Frauen als auch Männer hier das Sagen haben.
Heckmann: Also Sie fühlen sich da mittlerweile nicht untergebuttert oder so?
Flath: Nein, überhaupt nicht.
Heckmann: Der Fraktionschef der CDU in Sachsen, Steffen Flath, war das live hier im Deutschlandfunk. Herr Flath, danke Ihnen für das Gespräch und beste Grüße nach Hannover.
Flath: Bitte schön!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.