Bettina Klein: An Aufforderungen, den sogenannten Steueroasen die Wirtschaftsgrundlage zu entziehen, fehlt es im Augenblick wahrlich nicht. Doch es ist leichter gesagt als getan. Nicht mal in Europa lässt sich eine grundsätzliche Einigung darüber herstellen, das Geld könnte ja sehr leicht in Nicht-EU-Staaten geschafft werden. Weltweit erscheint es noch etwas komplizierter. Allerdings sind Maßnahmen gegen die Steuerflucht keineswegs ausgeschlossen. Die Debatte darüber ist jedenfalls nun in vollem Gange.
Gestern hat sich Thomas Eigenthaler im Deutschlandfunk dazu geäußert. Er ist der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft. Meine Kollegin Christine Heuer fragte zunächst, wie man seiner Ansicht nach illegalen Geschäften mit Steueroasen einen Riegel vorschieben kann.
Thomas Eigenthaler: Man muss national denken, aber auch international. National stellen wir fest, dass man natürlich die Dinge auch bei Betriebsprüfungen und durch Steuerfahndung zu einem guten Teil überprüfen könnte, wenn denn Personal da wäre. Aber wir stellen fest: Leider, leider, muss ich sagen, dass das Personal in den Finanzämtern in den letzten zehn Jahren deutlich abgebaut wurde. Wie soll man da effektiv sich um Einkommensmillionäre kümmern?
Und international müsste die Zusammenarbeit natürlich wesentlich verbessert werden. Es kann doch nicht sein, dass jeder einzelne Staat in der Oasenproblematik selbstständig agiert. Dort muss abgesprochener gehandelt werden. Es müssen schwarze Listen her, es muss deutlich definiert werden, wer ist eine Steueroase, und dann müssen rechtliche Folgen gezogen werden mittels des Strafrechts, aber auch mittels des Steuerrechts.
Christine Heuer: Wenn Sie vom Strafrecht sprechen, wollen Sie es strafbar machen, Geld in Steueroasen überhaupt zu verfrachten, oder wollen Sie strafbar machen, was ja schon strafbar ist, nämlich dass Steuern hinterzogen werden?
Eigenthaler: Man muss die Dinge wahrscheinlich noch verschärfen. Wenn sich herausstellt, dass jemand unversteuertes Geld in solchen Oasen gebunkert hat, müsste es meines Erachtens einen deutlichen Strafzuschlag geben.
Heuer: Wer von Frankreich aus Geld in Steueroasen transferieren möchte, der muss ohnehin eine zusätzliche Steuer zahlen. Ist das ein gutes Instrument?
Eigenthaler: Das ist natürlich ein Instrument, wenn man ganz genau weiß, dass Geld verbracht wird. Dazu müssen Sie eine ordentliche Überweisung dokumentieren, und dann kann man eine solche Strafsteuer wirksam festsetzen. Nur meistens finden die Dinge ja im Verborgenen statt, sie laufen vielleicht gar nicht über Deutschland, sondern die Überweisung folgt von einer Oase zur anderen. Dann bringt die Strafsteuer nichts mehr.
Heuer: Die USA machen Druck auf Banken, das ist der amerikanische Weg und fordert Kundendaten von Banken, die dort Geschäfte machen wollen. Wieso machen wir das nicht nach?
Eigenthaler: Mir ist dieser amerikanische Weg sehr sympathisch. Ich habe das bereits vor einigen Monaten deutlich erklärt, als wir um ein geplantes Steuerabkommen mit der Schweiz diskutierten. Ich habe nicht verstanden, warum die Amerikaner sehr hart gegen diese Banken vorgehen und die Banken dann auch die Flügel gestreckt haben, während die deutsche Bundesregierung ein eher softes Abkommen vorgelegt hat. Ich habe Bundesminister Schäuble immer wieder gedrängt, hier härter vorzugehen. Leider ist er meinem Rat nicht gefolgt.
Heuer: Warum nicht?
Eigenthaler: Nun, ich vermute, Deutschland ist natürlich etwas kleiner. Man möchte es sich auch nicht mit dem Nachbarn Schweiz allzu sehr verscherzen. Dort bestehen auch intensive wirtschaftliche Verbindungen. Trotzdem ist das Vorbild der Amerikaner wesentlich effektiver und vorbildhafter.
Heuer: Also Deutschland ist Ihnen zu unentschlossen gegen Leute, die ihr Geld illegal in Sicherheit bringen?
Eigenthaler: Man müsste schärfere Regeln definieren und Deutschland müsste auch international eine aktivere Rolle spielen im Kampf gegen Steueroasen. Wir sind ein wichtiges Land, wir können Meilensteine setzen und insbesondere in Europa einen Diskussionsprozess anstoßen.
Heuer: Nun hat Wolfgang Schäuble ja die Journalisten heute aufgefordert, ihre Informationen aus Offshore-Leaks an die Behörden weiterzugeben. Würde das den Ermittlern ein Großreinemachen ermöglichen? Wäre das ein großer Schritt nach vorne?
Eigenthaler: Diese Aufforderung von Bundesminister Schäuble, die Informationen herauszugeben, unterstütze ich ausdrücklich. Nach allem, was zu hören ist, muss von einem strafrechtlichen Anfangsverdacht ausgegangen werden, ein Anfangsverdacht bezüglich Steuerhinterziehung und vermutlich auch von Geldwäsche.
Die Medien sollten diese Informationen schnellstmöglich an die Verfolgungsbehörden herausgeben, damit die dortigen Überprüfungen zügig in die Wege geleitet werden können und dass nicht unnötig Beweismittel verschwinden.
Heuer: Nun sagen die Medien, die diese Informationen bekommen haben, da steckten auch viele Informationen über Dritte drin, die gar nicht an diesen Geschäften beteiligt sind.
Eigenthaler: Nun, das kann ja bei einer Überprüfung festgestellt werden. Die Fahndungsbehörden müssen das Steuergeheimnis wahren, sie breiten ihre Arbeit nicht auf dem offenen Markt aus, und wenn sich etwas als irrelevant herausstellt, wird man das sehr schnell beerdigen. Es gilt, die Spreu vom Weizen zu trennen. Es gibt Anhaltspunkte, dass sehr werthaltige Informationen vorhanden sind.
Heuer: Sie haben vorhin beklagt, dass es zu wenige Steuerermittler in Deutschland gibt. Wie wollen Sie denn mit den wenigen Ermittlern diese Flut an Informationen überhaupt durchsehen?
Eigenthaler: Das ist natürlich ein ganz großes Problem. Aber die deutschen Behörden müssen natürlich nicht alle Datensätze durchsehen. Es sind ja auch viele ausländische Steuerzahler darauf. Aber Sie sprechen ein grundsätzliches Problem an, dass wir Steuerhinterziehung, dass wir Geldwäsche, dass wir diesen Tricksereien kaum hinterherkommen. Es ist ein Kampf David gegen Goliath. Und leider hilft uns die Politik nicht. Im Gegenteil: Sie beschenkt uns mit Stellenreduzierungen, obwohl wir ein Plus an Stellen gebrauchen könnten.
Klein: Thomas Eigenthaler, der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Die Fragen stellte Christine Heuer.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Gestern hat sich Thomas Eigenthaler im Deutschlandfunk dazu geäußert. Er ist der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft. Meine Kollegin Christine Heuer fragte zunächst, wie man seiner Ansicht nach illegalen Geschäften mit Steueroasen einen Riegel vorschieben kann.
Thomas Eigenthaler: Man muss national denken, aber auch international. National stellen wir fest, dass man natürlich die Dinge auch bei Betriebsprüfungen und durch Steuerfahndung zu einem guten Teil überprüfen könnte, wenn denn Personal da wäre. Aber wir stellen fest: Leider, leider, muss ich sagen, dass das Personal in den Finanzämtern in den letzten zehn Jahren deutlich abgebaut wurde. Wie soll man da effektiv sich um Einkommensmillionäre kümmern?
Und international müsste die Zusammenarbeit natürlich wesentlich verbessert werden. Es kann doch nicht sein, dass jeder einzelne Staat in der Oasenproblematik selbstständig agiert. Dort muss abgesprochener gehandelt werden. Es müssen schwarze Listen her, es muss deutlich definiert werden, wer ist eine Steueroase, und dann müssen rechtliche Folgen gezogen werden mittels des Strafrechts, aber auch mittels des Steuerrechts.
Christine Heuer: Wenn Sie vom Strafrecht sprechen, wollen Sie es strafbar machen, Geld in Steueroasen überhaupt zu verfrachten, oder wollen Sie strafbar machen, was ja schon strafbar ist, nämlich dass Steuern hinterzogen werden?
Eigenthaler: Man muss die Dinge wahrscheinlich noch verschärfen. Wenn sich herausstellt, dass jemand unversteuertes Geld in solchen Oasen gebunkert hat, müsste es meines Erachtens einen deutlichen Strafzuschlag geben.
Heuer: Wer von Frankreich aus Geld in Steueroasen transferieren möchte, der muss ohnehin eine zusätzliche Steuer zahlen. Ist das ein gutes Instrument?
Eigenthaler: Das ist natürlich ein Instrument, wenn man ganz genau weiß, dass Geld verbracht wird. Dazu müssen Sie eine ordentliche Überweisung dokumentieren, und dann kann man eine solche Strafsteuer wirksam festsetzen. Nur meistens finden die Dinge ja im Verborgenen statt, sie laufen vielleicht gar nicht über Deutschland, sondern die Überweisung folgt von einer Oase zur anderen. Dann bringt die Strafsteuer nichts mehr.
Heuer: Die USA machen Druck auf Banken, das ist der amerikanische Weg und fordert Kundendaten von Banken, die dort Geschäfte machen wollen. Wieso machen wir das nicht nach?
Eigenthaler: Mir ist dieser amerikanische Weg sehr sympathisch. Ich habe das bereits vor einigen Monaten deutlich erklärt, als wir um ein geplantes Steuerabkommen mit der Schweiz diskutierten. Ich habe nicht verstanden, warum die Amerikaner sehr hart gegen diese Banken vorgehen und die Banken dann auch die Flügel gestreckt haben, während die deutsche Bundesregierung ein eher softes Abkommen vorgelegt hat. Ich habe Bundesminister Schäuble immer wieder gedrängt, hier härter vorzugehen. Leider ist er meinem Rat nicht gefolgt.
Heuer: Warum nicht?
Eigenthaler: Nun, ich vermute, Deutschland ist natürlich etwas kleiner. Man möchte es sich auch nicht mit dem Nachbarn Schweiz allzu sehr verscherzen. Dort bestehen auch intensive wirtschaftliche Verbindungen. Trotzdem ist das Vorbild der Amerikaner wesentlich effektiver und vorbildhafter.
Heuer: Also Deutschland ist Ihnen zu unentschlossen gegen Leute, die ihr Geld illegal in Sicherheit bringen?
Eigenthaler: Man müsste schärfere Regeln definieren und Deutschland müsste auch international eine aktivere Rolle spielen im Kampf gegen Steueroasen. Wir sind ein wichtiges Land, wir können Meilensteine setzen und insbesondere in Europa einen Diskussionsprozess anstoßen.
Heuer: Nun hat Wolfgang Schäuble ja die Journalisten heute aufgefordert, ihre Informationen aus Offshore-Leaks an die Behörden weiterzugeben. Würde das den Ermittlern ein Großreinemachen ermöglichen? Wäre das ein großer Schritt nach vorne?
Eigenthaler: Diese Aufforderung von Bundesminister Schäuble, die Informationen herauszugeben, unterstütze ich ausdrücklich. Nach allem, was zu hören ist, muss von einem strafrechtlichen Anfangsverdacht ausgegangen werden, ein Anfangsverdacht bezüglich Steuerhinterziehung und vermutlich auch von Geldwäsche.
Die Medien sollten diese Informationen schnellstmöglich an die Verfolgungsbehörden herausgeben, damit die dortigen Überprüfungen zügig in die Wege geleitet werden können und dass nicht unnötig Beweismittel verschwinden.
Heuer: Nun sagen die Medien, die diese Informationen bekommen haben, da steckten auch viele Informationen über Dritte drin, die gar nicht an diesen Geschäften beteiligt sind.
Eigenthaler: Nun, das kann ja bei einer Überprüfung festgestellt werden. Die Fahndungsbehörden müssen das Steuergeheimnis wahren, sie breiten ihre Arbeit nicht auf dem offenen Markt aus, und wenn sich etwas als irrelevant herausstellt, wird man das sehr schnell beerdigen. Es gilt, die Spreu vom Weizen zu trennen. Es gibt Anhaltspunkte, dass sehr werthaltige Informationen vorhanden sind.
Heuer: Sie haben vorhin beklagt, dass es zu wenige Steuerermittler in Deutschland gibt. Wie wollen Sie denn mit den wenigen Ermittlern diese Flut an Informationen überhaupt durchsehen?
Eigenthaler: Das ist natürlich ein ganz großes Problem. Aber die deutschen Behörden müssen natürlich nicht alle Datensätze durchsehen. Es sind ja auch viele ausländische Steuerzahler darauf. Aber Sie sprechen ein grundsätzliches Problem an, dass wir Steuerhinterziehung, dass wir Geldwäsche, dass wir diesen Tricksereien kaum hinterherkommen. Es ist ein Kampf David gegen Goliath. Und leider hilft uns die Politik nicht. Im Gegenteil: Sie beschenkt uns mit Stellenreduzierungen, obwohl wir ein Plus an Stellen gebrauchen könnten.
Klein: Thomas Eigenthaler, der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Die Fragen stellte Christine Heuer.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.