Tobias Armbrüster: Der Wahlkampf hat begonnen und das bemerken zurzeit auch die Familien. Alle politischen Parteien umwerben Väter und Mütter. Jüngstes Beispiel Bundesfamilienministerin von der Leyen von der CDU. Sie plädiert dafür, das Elterngeld künftig doppelt so lang auszuzahlen wie bisher, 28 Monate statt 14.
Am Telefon bin ich jetzt verbunden mit der kinder- und jugendpolitischen Sprecherin der FDP, mit Miriam Gruß. Guten Tag, Frau Gruß!
Miriam Gruß: Schönen guten Tag!
Barenberg: Was halten Sie vom Vorschlag von Frau von der Leyen, das Elterngeld doppelt so lang auszuzahlen?
Gruß: Es ist schon erstaunlich, dass die Ministerin jetzt diese Idee als ihre neue zündende Idee verkauft und angesichts der Wirtschaftskrise als notwendig erachtet, denn die FDP-Bundestagsfraktion war es, die im Dezember 2008 noch einen Antrag eingebracht hat, der in eine ähnliche Richtung gegangen ist und der natürlich abgelehnt worden ist – sowohl von der Union als auch von der SPD. Die Zielrichtung ist richtig, dass wir sagen, wenn beide Eltern gleichzeitig Teilzeit nehmen, dann darf die Bezugsdauer des Elterngeldes nicht reduziert werden. Wir hatten damals gefordert, nicht auf sieben Monate reduziert werden, sondern soll bei 14 Monaten Bezugsdauer bleiben. Ich finde es aber auf der anderen Seite erstens jetzt eben erstaunlich, dass die Ministerin ein paar Monate später das jetzt auf einmal als ihre Idee verkauft, und zum zweiten: Wieder einmal schade, dass sie solche Ideen nur durch die Medien kommuniziert und nicht mit dem Parlament. Ich kenne keine Gesetzesinitiative, die sie jetzt noch in dieser Legislaturperiode dahingehend einbringen will.
Armbrüster: Aber grundsätzlich unterstützen Sie diesen Vorschlag?
Gruß: Wir unterstützen noch nicht den Vorschlag, den Sie konkret gemacht hat, sondern nur die Zielrichtung, denn wir wissen noch nicht, wie der konkret aussehen soll. Wir haben ja keine Ahnung, wie dann tatsächlich in Elternzeit gegangen werden soll, wie das mit den Stunden aussieht, ob tatsächlich dann weiter bezahlt werden soll. Ich will erst konkret sehen, was die Ministerin genau meint, keine medialen Äußerungen, sondern ich will den Gesetzesentwurf sehen und am besten noch in dieser Legislaturperiode.
Armbrüster: Aber müssen wir nicht ziemlich rasch handeln, denn auch Frau von der Leyen sagt ja, mit diesem Vorschlag will sie auch auf die Wirtschaftskrise reagieren und Väter und Mütter dazu bringen, in Teilzeit zu arbeiten, vor allem wenn sie Angst haben, den Job zu verlieren, wenn sie ganz aussteigen?
Gruß: Das Handeln würde durchaus Sinn machen, deswegen fordere ich die Ministerin auf, jetzt noch in den nächsten verbleibenden Sitzungswochen eine Gesetzesinitiative zur Änderung des Elterngeldgesetzes einzubringen. Möglich wäre dies.
Armbrüster: Wie sehen Ihre Vorschläge konkret aus?
Gruß: Wir haben in unserem Antrag im Dezember 2008 gefordert, dass auf Basis des bisherigen Elterngeldes, wenn beide Eltern Teilzeit nehmen, dies nicht reduziert werden soll auf sieben Monate, sondern auf 14 Monate. Das heißt, beide Teile können 14 Monate insgesamt Elterngeld beziehen. Auch das würde schon eine deutliche Ausdehnung der bisherigen geltenden Gesetzeslage bedeuten.
Armbrüster: Nun sagen ja sicher viele Leute, die das hier hören, das Ganze ist doch nur eine Mogelpackung. Die Eltern bekommen im Grunde das gleiche Geld wie bisher, nur wird es halbiert, dafür bekommen sie es doppelt so lang. Wäre das nicht die Zeit, das Elterngeld auch mal deutlich anzuheben, wie ja auch im Beitrag von meinem Kollegen Frank Capellan gerade deutlich geworden ist?
Gruß: Zunächst mal müssen wir das Elterngeld evaluieren, bevor wir darüber reden, ob es angehoben werden soll. Wir haben ja jetzt noch nicht die konkreten Zahlen, dass das Elterngeld zu einer positiven Entwicklung geführt habe. Die Geburtenrate ist nicht gesunken. Ich gebe zu: Selbstverständlich die Bereitschaft der Väter oder auch, wie es die Ministerin in dem Beitrag gesagt hat, die Bereitschaft von Vätern, sich als Väter auch zu outen, ist gestiegen, aber konkrete Daten und Fakten haben wir nicht und deswegen erst eine Evaluation des Elterngeldgesetzes, bevor wir über eine erneute Erhöhung nachdenken.
Armbrüster: Nun entdecken ja gerade alle Parteien die Familien auch im Wahljahr als potenzielle Wähler. Ist hier nicht die Gefahr, dass sozusagen durch Wahlgeschenke Familienpolitik diskreditiert wird?
Gruß: Es ist de facto so, dass in den letzten drei Jahren durch alle Maßnahmen, die die Große Koalition beschlossen hat, eine durchschnittliche vierköpfige Familie 1600 Euro mehr im Jahr ausgeben musste als in den Jahren zuvor. Das ist Fakt und deswegen sage ich immer, es ist ein "linke Tasche, rechte Tasche"-Spiel, was hier Monat für Monat verkauft wird, wenn wieder neue Vorschläge zur Familienpolitik aufs Tableau kommen. Erst mal Evaluation der bisherigen familienpolitischen Maßnahmen. Wir haben nämlich viele, aber sie kommen de facto weniger bei den Eltern an, als es wünschenswert wäre. Das heißt, erst mal die bestehenden Leistungen wirklich anschauen. Das fordere ich vom Familienministerium und nicht jeden Tag neue Vorschläge, die wieder dem "linke Tasche, rechte Tasche"-Spiel gleichen.
Armbrüster: Wie sieht es denn aus in den Familien nach Erkenntnissen Ihrer Partei? Brauchen die Familien zusätzliche Unterstützung in der Krise?
Gruß: Die Familien brauchen tatsächlich Entlastung, und zwar vor allen Dingen die Familien, die in der Mitte der Gesellschaft leben, die morgens aufstehen, ihre Kinder in die Schule bringen, die hart arbeiten. Wir reden in Deutschland immer über die Heuschrecken und über diejenigen, die durch Kinderarmut oder wegen Arbeitslosigkeit natürlich darunter zu leiden haben. Die Mitte in Deutschland wird bisher oder wurde in den letzten Jahren von der Politik sehr vernachlässigt. Diejenigen Familien müssen wir tatsächlich entlasten. Das kann auf der einen Seite natürlich durch familienfördernde Maßnahmen geschehen, auf der anderen Seite aber einfach auch durch Entlastungsmaßnahmen. Mehrwertsteuererhöhung beispielsweise oder insgesamt die 19 Steuererhöhungen, die in den letzten drei Jahren vorgenommen worden sind, haben die Familien extrem viel Geld gekostet, und deswegen stehen die Familien jetzt schlechter da als vor der Großen Koalition.
Armbrüster: Das Elterngeld, das wir jetzt haben, wurde ja bei seiner Einführung 2007 auch deshalb kritisiert, weil es das Erziehungsgeld beiseite gedrängt hat. Zeigt diese Debatte, die wir jetzt führen, dass sich das Elterngeld sozusagen bewährt hat?
Gruß: Wie gesagt, wir haben noch keine Evaluation des Elterngeldes. Mir liegen keine Zahlen vor. Nichts desto Trotz ist es schon so, dass auch wir kritisiert haben, dass das bisherige Elterngeld, dass die vorzeitige Regelung, bevor das Elterngeld eingeführt wurde, gerade Studentinnen und Studenten jetzt schlechter stellt. Deswegen haben wir das Elterngeld damals kritisiert. Das muss jetzt evaluiert werden. Wir haben noch keine entsprechenden Zahlen. Auch die Geburtenrate ist entgegen der ersten Ankündigung der Ministerin nicht gestiegen.
Armbrüster: Aber ich höre da bei Ihnen heraus, dass Sie auch das Elterngeld doch für gut befinden?
Gruß: Grundsätzlich ist es eine gute Idee zu sagen, wir entlasten die Familien gerade zu Beginn, wenn das Kind auf die Welt gekommen ist, und wir ermöglichen ihnen einen Einstieg wieder ins Berufsleben. Ich kritisiere allerdings, wie ich auch zu Zeiten, als das Elterngeldgesetz diskutiert wurde, massiv kritisiert habe, nach wie vor, dass die Eltern vor einer Betreuungslücke stehen nach 12 oder 14 Monaten. Was ist denn dann, wenn das Elterngeld ausläuft? Wir haben nach wie vor große Defizite, was dann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie anbelangt, in Deutschland.
Armbrüster: Miriam Gruß war das, die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der FDP. Vielen Dank, Frau Gruß, für das Gespräch.
Gruß: Sehr gerne.
Am Telefon bin ich jetzt verbunden mit der kinder- und jugendpolitischen Sprecherin der FDP, mit Miriam Gruß. Guten Tag, Frau Gruß!
Miriam Gruß: Schönen guten Tag!
Barenberg: Was halten Sie vom Vorschlag von Frau von der Leyen, das Elterngeld doppelt so lang auszuzahlen?
Gruß: Es ist schon erstaunlich, dass die Ministerin jetzt diese Idee als ihre neue zündende Idee verkauft und angesichts der Wirtschaftskrise als notwendig erachtet, denn die FDP-Bundestagsfraktion war es, die im Dezember 2008 noch einen Antrag eingebracht hat, der in eine ähnliche Richtung gegangen ist und der natürlich abgelehnt worden ist – sowohl von der Union als auch von der SPD. Die Zielrichtung ist richtig, dass wir sagen, wenn beide Eltern gleichzeitig Teilzeit nehmen, dann darf die Bezugsdauer des Elterngeldes nicht reduziert werden. Wir hatten damals gefordert, nicht auf sieben Monate reduziert werden, sondern soll bei 14 Monaten Bezugsdauer bleiben. Ich finde es aber auf der anderen Seite erstens jetzt eben erstaunlich, dass die Ministerin ein paar Monate später das jetzt auf einmal als ihre Idee verkauft, und zum zweiten: Wieder einmal schade, dass sie solche Ideen nur durch die Medien kommuniziert und nicht mit dem Parlament. Ich kenne keine Gesetzesinitiative, die sie jetzt noch in dieser Legislaturperiode dahingehend einbringen will.
Armbrüster: Aber grundsätzlich unterstützen Sie diesen Vorschlag?
Gruß: Wir unterstützen noch nicht den Vorschlag, den Sie konkret gemacht hat, sondern nur die Zielrichtung, denn wir wissen noch nicht, wie der konkret aussehen soll. Wir haben ja keine Ahnung, wie dann tatsächlich in Elternzeit gegangen werden soll, wie das mit den Stunden aussieht, ob tatsächlich dann weiter bezahlt werden soll. Ich will erst konkret sehen, was die Ministerin genau meint, keine medialen Äußerungen, sondern ich will den Gesetzesentwurf sehen und am besten noch in dieser Legislaturperiode.
Armbrüster: Aber müssen wir nicht ziemlich rasch handeln, denn auch Frau von der Leyen sagt ja, mit diesem Vorschlag will sie auch auf die Wirtschaftskrise reagieren und Väter und Mütter dazu bringen, in Teilzeit zu arbeiten, vor allem wenn sie Angst haben, den Job zu verlieren, wenn sie ganz aussteigen?
Gruß: Das Handeln würde durchaus Sinn machen, deswegen fordere ich die Ministerin auf, jetzt noch in den nächsten verbleibenden Sitzungswochen eine Gesetzesinitiative zur Änderung des Elterngeldgesetzes einzubringen. Möglich wäre dies.
Armbrüster: Wie sehen Ihre Vorschläge konkret aus?
Gruß: Wir haben in unserem Antrag im Dezember 2008 gefordert, dass auf Basis des bisherigen Elterngeldes, wenn beide Eltern Teilzeit nehmen, dies nicht reduziert werden soll auf sieben Monate, sondern auf 14 Monate. Das heißt, beide Teile können 14 Monate insgesamt Elterngeld beziehen. Auch das würde schon eine deutliche Ausdehnung der bisherigen geltenden Gesetzeslage bedeuten.
Armbrüster: Nun sagen ja sicher viele Leute, die das hier hören, das Ganze ist doch nur eine Mogelpackung. Die Eltern bekommen im Grunde das gleiche Geld wie bisher, nur wird es halbiert, dafür bekommen sie es doppelt so lang. Wäre das nicht die Zeit, das Elterngeld auch mal deutlich anzuheben, wie ja auch im Beitrag von meinem Kollegen Frank Capellan gerade deutlich geworden ist?
Gruß: Zunächst mal müssen wir das Elterngeld evaluieren, bevor wir darüber reden, ob es angehoben werden soll. Wir haben ja jetzt noch nicht die konkreten Zahlen, dass das Elterngeld zu einer positiven Entwicklung geführt habe. Die Geburtenrate ist nicht gesunken. Ich gebe zu: Selbstverständlich die Bereitschaft der Väter oder auch, wie es die Ministerin in dem Beitrag gesagt hat, die Bereitschaft von Vätern, sich als Väter auch zu outen, ist gestiegen, aber konkrete Daten und Fakten haben wir nicht und deswegen erst eine Evaluation des Elterngeldgesetzes, bevor wir über eine erneute Erhöhung nachdenken.
Armbrüster: Nun entdecken ja gerade alle Parteien die Familien auch im Wahljahr als potenzielle Wähler. Ist hier nicht die Gefahr, dass sozusagen durch Wahlgeschenke Familienpolitik diskreditiert wird?
Gruß: Es ist de facto so, dass in den letzten drei Jahren durch alle Maßnahmen, die die Große Koalition beschlossen hat, eine durchschnittliche vierköpfige Familie 1600 Euro mehr im Jahr ausgeben musste als in den Jahren zuvor. Das ist Fakt und deswegen sage ich immer, es ist ein "linke Tasche, rechte Tasche"-Spiel, was hier Monat für Monat verkauft wird, wenn wieder neue Vorschläge zur Familienpolitik aufs Tableau kommen. Erst mal Evaluation der bisherigen familienpolitischen Maßnahmen. Wir haben nämlich viele, aber sie kommen de facto weniger bei den Eltern an, als es wünschenswert wäre. Das heißt, erst mal die bestehenden Leistungen wirklich anschauen. Das fordere ich vom Familienministerium und nicht jeden Tag neue Vorschläge, die wieder dem "linke Tasche, rechte Tasche"-Spiel gleichen.
Armbrüster: Wie sieht es denn aus in den Familien nach Erkenntnissen Ihrer Partei? Brauchen die Familien zusätzliche Unterstützung in der Krise?
Gruß: Die Familien brauchen tatsächlich Entlastung, und zwar vor allen Dingen die Familien, die in der Mitte der Gesellschaft leben, die morgens aufstehen, ihre Kinder in die Schule bringen, die hart arbeiten. Wir reden in Deutschland immer über die Heuschrecken und über diejenigen, die durch Kinderarmut oder wegen Arbeitslosigkeit natürlich darunter zu leiden haben. Die Mitte in Deutschland wird bisher oder wurde in den letzten Jahren von der Politik sehr vernachlässigt. Diejenigen Familien müssen wir tatsächlich entlasten. Das kann auf der einen Seite natürlich durch familienfördernde Maßnahmen geschehen, auf der anderen Seite aber einfach auch durch Entlastungsmaßnahmen. Mehrwertsteuererhöhung beispielsweise oder insgesamt die 19 Steuererhöhungen, die in den letzten drei Jahren vorgenommen worden sind, haben die Familien extrem viel Geld gekostet, und deswegen stehen die Familien jetzt schlechter da als vor der Großen Koalition.
Armbrüster: Das Elterngeld, das wir jetzt haben, wurde ja bei seiner Einführung 2007 auch deshalb kritisiert, weil es das Erziehungsgeld beiseite gedrängt hat. Zeigt diese Debatte, die wir jetzt führen, dass sich das Elterngeld sozusagen bewährt hat?
Gruß: Wie gesagt, wir haben noch keine Evaluation des Elterngeldes. Mir liegen keine Zahlen vor. Nichts desto Trotz ist es schon so, dass auch wir kritisiert haben, dass das bisherige Elterngeld, dass die vorzeitige Regelung, bevor das Elterngeld eingeführt wurde, gerade Studentinnen und Studenten jetzt schlechter stellt. Deswegen haben wir das Elterngeld damals kritisiert. Das muss jetzt evaluiert werden. Wir haben noch keine entsprechenden Zahlen. Auch die Geburtenrate ist entgegen der ersten Ankündigung der Ministerin nicht gestiegen.
Armbrüster: Aber ich höre da bei Ihnen heraus, dass Sie auch das Elterngeld doch für gut befinden?
Gruß: Grundsätzlich ist es eine gute Idee zu sagen, wir entlasten die Familien gerade zu Beginn, wenn das Kind auf die Welt gekommen ist, und wir ermöglichen ihnen einen Einstieg wieder ins Berufsleben. Ich kritisiere allerdings, wie ich auch zu Zeiten, als das Elterngeldgesetz diskutiert wurde, massiv kritisiert habe, nach wie vor, dass die Eltern vor einer Betreuungslücke stehen nach 12 oder 14 Monaten. Was ist denn dann, wenn das Elterngeld ausläuft? Wir haben nach wie vor große Defizite, was dann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie anbelangt, in Deutschland.
Armbrüster: Miriam Gruß war das, die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der FDP. Vielen Dank, Frau Gruß, für das Gespräch.
Gruß: Sehr gerne.