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"Es ist natürlich eine Frage, wie man es genau macht"

Die genaue Bewertung der einzelnen Produkte sei die entscheidende Frage bei der Einrichtung von "Bad Banks", sagte der Obmann der Grünen im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, Alxeander Bonde. Er hält das Vorgehen der Bundesregierung bei dem Umgang mit sogenannten Schrottpapieren für richtig - spart aber trotzdem nicht mit Kritik.

Alexander Bonde im Gespräch mit Jochen Spengler |
    Jochen Spengler: Wohin mit dem Müll? Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück beraten heute Nachmittag mit Bundesbankpräsident Axel Weber und mit Vertretern des staatlichen Rettungsfonds SoFFin über staatliche Lösungen für die giftigen Papiere, die Ramschpapiere, die die Banken noch in ihren Tresoren und Bilanzen haben. Weltweit sind es mehr als drei Billionen, so schätzt man. Allein in Deutschland könnten Papiere im Buchwert von 300 Milliarden Euro sein, die in einer sogenannten Bad Bank entsorgt werden sollen.
    Am Telefon ist Alexander Bonde, für die Grünen als Obmann im Haushaltsausschuss. Guten Tag, Herr Bonde.

    Alexander Bonde: Schönen guten Tag, Herr Spengler!

    Spengler: Herr Bonde, wieso muss der Staat überhaupt eingreifen? Warum können die Banken ihre faulen Papiere nicht einfach abschreiben?

    Bonde: Das problematische, was die Bundesregierung ja jetzt zur Analyse führt, in Richtung "Bad Bank"-Überlegungen zu gehen, ist, dass die Krise der Finanzinstitute Auswirkungen auf die Vergabe von Krediten an die Wirtschaft hat und natürlich mit hohen Abschreibungen dann Eigenkapitalbedarf bei Banken entsteht, was in der Regel dadurch erreicht wird, dass die Kreditvergabe eingeschränkt wird. Das wiederum würde in der jetzigen Situation die konjunkturellen Schwierigkeiten weiter vergrößern. Das ist der Ausgangspunkt, weshalb die Bundesregierung sich heute trifft, um zu überlegen, wie so eine Konzeption aussehen kann.

    Spengler: Die Grünen - verstehe ich Sie richtig? - haben da nicht unbedingt eine Alternative, sondern dieses Vorgehen ist alternativlos, die faulen Kredite in irgendetwas auszulagern, was man vielleicht "Bad Bank" nennen könnte?

    Bonde: Es ist nicht alternativlos, aber man muss natürlich sozusagen klar sein, dass die Alternativen erhebliche Preise und andere erhebliche Risiken haben. Aber es ist natürlich eine Frage, wie man es genau macht und wie man mit dem Risiko dort umgeht, was entsteht, weil was nicht sein kann ist, dass die Banken, die über Jahre gute Gewinne gemacht haben - mit ihrer Risikostrategie, jetzt in der Krise zum Steuerzahler kommen, sozusagen ihre Krise beim Steuerzahler abladen und dann hinterher die Gewinner der Veranstaltung sind. Insofern kommt es sehr genau darauf an, wie man so eine Regelung macht, wie die Risiken ausgeglichen werden.

    Spengler: Wie würden Sie es denn machen?

    Bonde: Im Grundsatz, was zuerst einmal richtig ist, ist, dass die Bundesregierung Überlegungen ablehnt, die bedeuten, eine große "Bad Bank" zu machen, sozusagen die finanzpolitische Müllkippe, wo jeder anonym sein Zeug ablädt und der Steuerzahler dann über Jahrzehnte finanziert. Das ist schon mal richtig. Das heißt, es muss, wenn man so eine Lösung macht, bei Lösungen bleiben, wo erkennbar bleibt, welche Bank was verantwortet. Aber die entscheidenden Auseinandersetzungen werden dann laufen, wenn es darum geht: Was ist da heute noch was wert, also die genaue Bewertung der Produkte, und die Frage, mit welchen Gebühren in so einem Modell dann mit Bürgschaften und anderem operiert wird. An den Fragen entscheidet sich, ob zum Schluss alles zu Lasten der Steuerzahler geht, oder ob die Banken da ihren fairen Anteil an der Rettung tatsächlich auch beitragen. Das halte ich für die umstrittene Frage.

    Spengler: Herr Bonde, habe ich das richtig verstanden? Der "Giftmüll", der soll ja aus diesen Bilanzen verschwinden. Der Staat muss den Banken aber etwas dafür zahlen, für die Schrottpapiere. Sonst könnten die Banken die Papiere ja gleich abschreiben. Aber wie viel der Staat bezahlen soll, wer genau weiß, wie viel die wert sind, wer bewertet was, das ist das Problem.

    Bonde: Sehen Sie, da sind wir ja genau an diesem Streitpunkt, weil sie haben ja im Moment viele Produkte mit Schwierigkeiten. Sie haben diese klassischen Finanzierungsinstrumente aus den USA, wo zum Teil keinerlei Wert mehr drin ist, wo sie am Ende Rechte an irgendwelchen, sich zu Ruinen entwickelnden Altbauten in Arizona in den USA haben, aber sie haben da auch Werte drin wie Staatsanleihen europäischer Länder, die im Moment wenig wert sind, die aber weiter bedient werden, wo sie am Ende nicht mit einem Verlust rauskommen. Aber das ist unheimlich schwierig zu bewerten, und in der Frage dieser genauen Bewertung steckt dann am Ende die Fragestellung, haben sie da für die Banken noch mal einen feinen Weg rausgefunden, den die Steuerzahler finanzieren, oder haben sie dann tatsächlich eine faire Übernahme. Das ist der extrem schwierige Teil.

    Spengler: Um mal ganz konkret zu fragen, Herr Bonde. Diese Papiere, zum Beispiel von den amerikanischen Hypotheken-Darlehen, die nichts mehr wert sind, soll die der Steuerzahler finanzieren?

    Bonde: Nein. Sie haben die Situation, dass sie ja genau über diese Produkte sprechen, die in eine andere Bilanz müssen. Wenn sie - das ist jetzt eine Beschreibung des Projekts, nicht eine Position - wollen, dass die Risiken dieser Papiere aus den Bilanzen der Banken raus müssen, dann müssen diese Dinge in irgendeine andere Bilanz rein und da ist genau die Frage, zu welchem Preis wandern die von der Bank zur "Bad Bank". Das ist genau der Punkt, wo man genau schauen muss: Wie funktioniert das da. Der Steuerzahler kauft die nicht, aber dem steht ja eine Anleihe gegenüber, die mit einer Bürgschaft des Bundes gemacht wird, um in der Bilanz der Bank diesen Betrag, der dort abgeht, wieder gleichzustellen. Wenn eine Bank einen festgestellten Wert von einer Milliarde Produkte in die "Bad Bank" geben soll, dann machen die nach dem Modell von Finanzminister Steinbrück eine Anleihe von einer Milliarde, für die dann der Steuerzahler bürgt, womit dann die Bankbilanz gleich bleibt, aber die Risiken eines weiteren Wertverlustes der Produkte dann eben in dieser "Bad Bank" stecken. Das ist ja die Konstruktion, die da zu Grunde liegt.

    Spengler: Ja, und wir hoffen und beten dann alle, dass diese Bürgschaft niemals eingelöst werden muss?

    Bonde: Sehen Sie, das ist ja genau das Risiko, dass eine Bürgschaft im ersten Moment so klingt, als wäre es nicht dramatisch, aber in dem Moment, wo es dann richtig schiefgeht, steht der Steuerzahler da in der Haftung. Deshalb ist es eine ganz entscheidende Frage, wie die Regelungen dort stattfinden. Ich bin der Auffassung, man muss da ganz genau aufpassen, weil in den ersten Runden Bankenrettung bisher immer alles auf Kosten der Steuerzahler passiert ist. Wir sehen das bei den verschiedensten Dingen, die im Moment bei der SoFFin passieren, wo aus meiner Sicht man sich eine Illusion macht als Finanzministerium, was da tatsächlich an Gebühren reinkommt und wie hoch die Risiken sind. Die Bundesregierung rechnet nach wie vor mit Ausfallraten von fünf Prozent, was so eine Normalsituation bei Bürgschaften in guten Zeiten ist. Ich halte das für extrem risikoreich und glaube, dass man da mit einem wesentlich skeptischeren Szenario rechnen muss und die Ausfallrisiken wesentlich höher sind als in normalen Zeiten.

    Spengler: Geht das denn überhaupt Ihrer Ansicht nach, die Banken zu retten, ohne den Steuerzahler zu ruinieren?

    Bonde: Das ist eine Frage, wie man das macht und welche Leistungen man da auch von der Finanzbranche selber einfordert. Aber eine Lösung, wo sozusagen Verluste verschwinden und niemand dafür bezahlt, die gibt es nicht, weil es gibt nicht irgendwo zwischen den Sphären ein Finanz-Nirwana, wo so was auf einmal verschwindet, sondern da muss man sehr genau in solchen Regelungen klären, wer zahlt wann was und wer ist an welchen Risiken wie beteiligt. Da habe ich bisher den Eindruck, dass das trotz aller Beteuerungen in der Regel immer die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind, bei denen das Risiko verbleibt. Ich glaube, dass man bei solchen Lösungen härtere Maßgaben braucht und klarere Regelungen, wie auch die Finanzbranche im Risiko bleibt und wie auch geklärt wird, dass wenn die Zeiten wieder besser werden, die Institute sich nicht aus ihrer Verantwortung verabschieden. Da kann ich noch nicht an jedem Detail dessen, was der Finanzminister vor seinem Gespräch veröffentlicht hat, erkennen, dass das wirklich hart genug aufpasst, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler da nicht alleine gelassen werden.

    Spengler: Nun sind ja neben den Privatbanken auch Landesbanken betroffen. Wäre das nicht die Gelegenheit, sich der von vielen ja für überflüssig gehaltenen Landesbanken auf relativ elegante Weise zu entledigen?

    Bonde: Na ja, das interessante ist ja, dass diejenigen, die in den Landesbanken sitzen und spielen, die einzigen sind, die sie für relevant halten, nämlich die Landesregierungen, die daran beteiligt sind ...

    Spengler: Deswegen die Frage!

    Bonde: ... und da auch ihre finanzpolitischen Spielwiesen haben und ausleben. Ich glaube, dass die Krise der Landesbanken damit zu tun, dass es sie in der Größenordnung, in der es sie heute gibt, nicht braucht und dass tatsächlich die einzige Antwort das sein kann, dass man, wenn man sie stützen muss, dann aber auch einen Reformprozess einfordert, der auch bedeutet, dass sie in der Größenordnung und in der Anzahl, wie es sie heute gibt, deutlich reduziert werden müssen. Niemand braucht so viele Landesbanken und es ist auch klar, dass kaum eine davon ein wirklich überzeugendes Geschäftsmodell hat, wo klar ist, dass es dafür eine staatliche Bank bräuchte.

    Spengler: Das war die Meinung von Alexander Bonde, für die Grünen als Obmann im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Herr Bonde, danke für das Gespräch.

    Bonde: Danke Ihnen!