Jürgen Liminski: Es rächt sich heute, dass bei der Einführung des Euro so getan wurde, als könnte man die Mentalitäten von heute auf morgen ändern, denn weder die Mentalität der Völker, noch der Banker hat sich geändert. Im Gegenteil: die Banken haben gut am griechischen Patienten verdient und die Völker in den PIIGS-Ländern haben immer mit einem gerüttelt Maß an Inflation, an Währungslabilität gelebt. Dennoch wird am Euro festgehalten. Auch Bundespräsident Köhler sprach sich dafür aus. Er sagte gestern:
O-Ton Horst Köhler: Der Euro hat Europa bisher gute Dienste geleistet, ganz eindeutig. Wenn wir keine schweren Fehler machen, wird er das auch in Zukunft tun und im Weltwährungssystem ein Anker der Stabilität bleiben. Das war er und das bleibt er. Es ist möglich!
Liminski: Bundespräsident Horst Köhler. Den Euro retten, heißt also die Devise. In diesem Sinn soll Griechenland geholfen werden. Darüber und insbesondere über die Rolle der Banken wollen wir nun sprechen mit Jürgen Trittin, dem Vorsitzenden der Fraktion Die Grünen im Bundestag. Guten Morgen, Herr Trittin.
Jürgen Trittin: Guten Morgen!
Liminski: Herr Trittin, nun geht es ganz schnell mit der Griechenland-Hilfe. Auch die Opposition will zustimmen. Wenn man, wie vor einem Jahr in London vereinbart, eine neue Finanzarchitektur in Angriff genommen hätte, wäre die Lage dann jetzt eine andere?
Trittin: Ich glaube nicht, dass es jetzt sehr schnell geht. Weil Deutschland so lange gezögert hat, kommt die Hilfe spät. Sie wird deswegen teuerer ausfallen müssen, als sie im März oder im Februar hätte ausfallen müssen. Aber richtig bleibt: das was uns vor einem Jahr versprochen worden ist, dass man nämlich aus der Pleite um die faulen Hauskredite der USA, die sogenannte Subprime Crisis gelernt habe und jetzt bessere Aufsichten hätte, dass man bestimmte risikoreiche Geschäfte begrenzen würde, all dieses ist nicht geschehen und sicherlich wäre, wenn solche Maßnahmen in Kraft getreten wären, diese Krise nicht in dieser Schärfe aufgetreten. Aber noch mal: dass es sich so zuspitzen konnte, das hat sehr viel damit zu tun, dass die deutsche Bundesregierung, die deutsche Kanzlerin vorneweg, das was alle gesehen haben, dass man nämlich intervenieren und handeln müsste, über Wochen und Monate blockiert hat.
Liminski: Aber damit keine Zweifel auftreten: Sie werden dem Gesetz doch zustimmen, so dass das bis nächsten Freitag über die Bühne gelaufen ist?
Trittin: Wir haben der Kanzlerin bereits im März im Bundestag vorgehalten, dass hier schneller gehandelt werden muss, dass hier etwas getan werden muss. Wenn sie sich jetzt mit wochenlanger Verspätung und nachdem sie der gesamten deutschen Bevölkerung etwas anderes erzählt hat – sie hat sich ja als "Madame Nein!" abfeiern lassen – auf unsere Position umschwenkt, weil es unabweisbar ist, warum sollten wir dem dann nicht zustimmen. Es kommt wie gesagt zu spät, es hätte bei früherem Handeln auch weniger Geld sein können.
Liminski: Ist nach Ihrer Meinung die Beteiligung der Banken so richtig, oder muss da mehr getan werden?
Trittin: Die Beteiligung der Banken, so wie sie jetzt vorgesehen ist, geht gegen null. Wir haben keine Integration der Gläubiger. Gerade in einer Situation, wo Griechenland ja für drei Jahre vom Markt faktisch genommen werden soll als Nachfrager für Kredite – das wird uns ja alles in allem 100 bis 120, also alle Länder zusammen kosten; Deutschland dürfte mit 24 Milliarden dabei sein -, in einer solchen Situation könnte man sich in der Tat über die Frage Beteiligung der Gläubiger durch Umschuldung und Ähnlichem unterhalten. Wenn man das nicht will, dann muss man sich darüber unterhalten, wie diese Krise zu finanzieren ist. Dafür wäre dann ein Hilfsprodukt eine Bankenabgabe. Eine solche Bankenabgabe würde oder müsste sehr viel höher als das ausfallen, was in Deutschland vorgesehen ist. Wir würden ernsthaft damit rechnen, dass man ungefähr ein Aufkommen von jährlich von neun bis zehn Milliarden bräuchte.
Liminski: Stimmen Sie für eine Börsenumsatz- oder Finanztransaktionssteuer? Das wäre ja auch ein Mittel, um die Devisen- und Währungsspekulationen einzudämmen.
Trittin: Die Grünen vertreten seit ich weiß nicht wie vielen Jahren (oft belächelt) diese Frage, dass es nicht angehen kann, wenn ich mir ein Brötchen kaufe, ich dafür Mehrwertsteuer bezahlen muss, aber wenn ich mehrfach am Tage mit obskuren Papieren an der Börse handele, dafür keinen einzigen Pfennig Umsatzsteuer bezahlen muss. Wenn man eine solche Finanztransaktionssteuer in Europa endlich einführen würde, dann hätte man zwei Dinge erreicht. Erstens: Spekulation wären nicht verboten, sie hätte aber einen Preis und sie würde also gedämpft werden. Und zweitens: Für solche Krisen, wie sie jetzt zyklisch immer wieder auftreten – und ich fürchte auch immer wieder auftreten werden – erzeugt man so Einnahmen, um solche Krisen zu bewältigen, damit nicht am Ende wieder das alte Gesetz gilt, jahrelang wird über solche Papiere sehr, sehr viel Geld verdient und in dem Moment, wo das natürliche Risiko eintritt und Verluste auftreten, müssen diese Verluste dann von den Steuerzahlern getragen werden.
Liminski: Für eine Finanztransaktionssteuer oder eine Börsenumsatzsteuer hat sich auch Gregor Gysi heute Morgen hier im Deutschlandfunk ausgesprochen.
Trittin: Es geht mir mit Herrn Gysi so wie mit Frau Merkel. Wenn Frau Merkel endlich anfängt zu handeln gegen die Krise, dann lobe ich sie dafür, und wenn Herr Gysi die alte Idee der Grünen an dieser Stelle aufnimmt, dann begrüße ich auch das.
Liminski: Herr Trittin, werden wir von den Banken erpresst mit dem Argument der Systemrelevanz?
Trittin: Es gibt einen inneren Zusammenhang, der sich zum Beispiel zeigt an der deutschen Gläubigerstruktur. Ein hoher Anteil der griechischen Kredite, die in deutscher Hand gehalten werden, wird zurzeit wiederum gehalten von Banken wie der Commerzbank, der Hypo Real Estate und der Landesbank Baden-Württemberg. Sie mögen daran erkennen, was passiert, wenn man von "die Banken" spricht. Das alles sind verstaatlichte beziehungsweise inzwischen teilverstaatlichte Banken. Das heißt über kurz oder lang, in diesem konkreten Falle landet es bei dem Steuerzahler. Die Systemrelevanz der Banken zu begrenzen, ist eigentlich im Grundsatz relativ einfach. Man muss aufhören, sie so groß werden zu lassen. Wir brauchen ein kleineres, ein dezentraleres Bankensystem. Wer nicht groß ist, kann nicht systemrelevant sein.
Liminski: In den USA ist man genau in diesem Punkt weitergekommen. Da ist ein Gesetzentwurf in der Debatte für eine Regulierung der Finanzmärkte und dazu gehört eben auch eine Beschränkung der Größe, so dass keine Bank mehr mit diesem Argument der Systemrelevanz kommen könnte. Ist das auch in Deutschland machbar?
Trittin: Ich halte das für richtig. Nur müssen Sie sich auch da über die Dimensionen im Klaren sein. Die Banken in den USA haben einen ganz anderen Umfang als auch die größte deutsche Bank. Nichts desto Trotz ist das, was Obama dort vorgeschlagen hat, richtig. Die deutschen Vorschläge zu einer Bankenregulierung hängen dort weit hinterher, wie übrigens auch Obamas Bankenabgabe in Deutschland, wenn man sie auf Deutschland übertragen würde, nicht eine Milliarde erbringen würde, wie sie Herr Schäuble vor hat, sondern eben zehn. Da hieße es doch tatsächlich, von den USA zu lernen.
Liminski: Werden Sie wegen der Griechenland-Hilfe einen Nachtragshaushalt beantragen?
Trittin: Wir haben immer vertreten, dass wir in Deutschland eine gesetzliche Ermächtigung durch den Haushaltsgesetzgeber brauchen. Was da formal oben drübersteht, ist nicht meine primäre Sorge. Nur das, was die Bundesregierung anfänglich vorhatte, diese Hilfe, nachdem sie sie über Wochen und Monate hinweg blockiert hat, quasi am Parlament vorbei auf den Weg zu bringen, da haben wir mittlerweile erfolgreich einen Riegel vorgeschoben.
Liminski: Herr Trittin, eine Frage zu den Rating-Agenturen. Braucht Europa nicht eine eigene unabhängige Rating-Agentur, statt sich immer auf die Angelsachsen zu verlassen?
Trittin: Ich glaube, wir brauchen nicht nur eine eigene europäische Rating-Agentur; wir brauchen auch eine Rating-Agentur, die in anderer Weise finanziert wird, die nämlich wirklich unabhängig ist, und dafür plädieren wir, für die Einführung einer europäischen Rating-Agentur bei der Europäischen Zentralbank. Es kann nicht sein, dass Agenturen, Rating-Agenturen die gleichen Produkte begutachten, die sie selber herausgeben und an denen sie selber dann durch die Herausgabe verdienen.
Liminski: Damit sind Sie vielleicht ausnahmsweise auch mal einer Meinung mit FDP-Chef Westerwelle.
Trittin: Es ist immer sehr interessant, wenn die Krise aktuell ist, dann übernehmen viele der anderen Parteien Vorschläge aus den Reihen der Grünen. Das Entscheidende wird sein, ob aus dieser Krise dies dann gelernt wird und das auch tatsächlich in Gesetzesinitiativen umgesetzt wird. Ich will Ihnen nur ein Beispiel geben: Als die Subprime-Krise offenbar wurde, haben alle gesagt, wenn man solche Papiere weiterverkauft, muss ein bestimmter Teil des Risikos beim Verkäufer, also bei der Bank bleiben, die das verkauft. Wir haben damals für 15 Prozent plädiert, die EU-Kommission hat zehn Prozent vorgeschlagen, auf Druck der deutschen Bundesregierung müssen sie gerade mal fünf Prozent des Risikos behalten. Das ist kein wirksamer Schutz vor solchen Spekulationen.
Liminski: Die Banken stärker an der Finanzkrise und auch an der Griechenland-Hilfe beteiligen. Das war hier im Deutschlandfunk der Vorsitzende der Fraktion Die Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin. Besten Dank für das Gespräch, Herr Trittin.
Trittin: Schönen guten Tag!
O-Ton Horst Köhler: Der Euro hat Europa bisher gute Dienste geleistet, ganz eindeutig. Wenn wir keine schweren Fehler machen, wird er das auch in Zukunft tun und im Weltwährungssystem ein Anker der Stabilität bleiben. Das war er und das bleibt er. Es ist möglich!
Liminski: Bundespräsident Horst Köhler. Den Euro retten, heißt also die Devise. In diesem Sinn soll Griechenland geholfen werden. Darüber und insbesondere über die Rolle der Banken wollen wir nun sprechen mit Jürgen Trittin, dem Vorsitzenden der Fraktion Die Grünen im Bundestag. Guten Morgen, Herr Trittin.
Jürgen Trittin: Guten Morgen!
Liminski: Herr Trittin, nun geht es ganz schnell mit der Griechenland-Hilfe. Auch die Opposition will zustimmen. Wenn man, wie vor einem Jahr in London vereinbart, eine neue Finanzarchitektur in Angriff genommen hätte, wäre die Lage dann jetzt eine andere?
Trittin: Ich glaube nicht, dass es jetzt sehr schnell geht. Weil Deutschland so lange gezögert hat, kommt die Hilfe spät. Sie wird deswegen teuerer ausfallen müssen, als sie im März oder im Februar hätte ausfallen müssen. Aber richtig bleibt: das was uns vor einem Jahr versprochen worden ist, dass man nämlich aus der Pleite um die faulen Hauskredite der USA, die sogenannte Subprime Crisis gelernt habe und jetzt bessere Aufsichten hätte, dass man bestimmte risikoreiche Geschäfte begrenzen würde, all dieses ist nicht geschehen und sicherlich wäre, wenn solche Maßnahmen in Kraft getreten wären, diese Krise nicht in dieser Schärfe aufgetreten. Aber noch mal: dass es sich so zuspitzen konnte, das hat sehr viel damit zu tun, dass die deutsche Bundesregierung, die deutsche Kanzlerin vorneweg, das was alle gesehen haben, dass man nämlich intervenieren und handeln müsste, über Wochen und Monate blockiert hat.
Liminski: Aber damit keine Zweifel auftreten: Sie werden dem Gesetz doch zustimmen, so dass das bis nächsten Freitag über die Bühne gelaufen ist?
Trittin: Wir haben der Kanzlerin bereits im März im Bundestag vorgehalten, dass hier schneller gehandelt werden muss, dass hier etwas getan werden muss. Wenn sie sich jetzt mit wochenlanger Verspätung und nachdem sie der gesamten deutschen Bevölkerung etwas anderes erzählt hat – sie hat sich ja als "Madame Nein!" abfeiern lassen – auf unsere Position umschwenkt, weil es unabweisbar ist, warum sollten wir dem dann nicht zustimmen. Es kommt wie gesagt zu spät, es hätte bei früherem Handeln auch weniger Geld sein können.
Liminski: Ist nach Ihrer Meinung die Beteiligung der Banken so richtig, oder muss da mehr getan werden?
Trittin: Die Beteiligung der Banken, so wie sie jetzt vorgesehen ist, geht gegen null. Wir haben keine Integration der Gläubiger. Gerade in einer Situation, wo Griechenland ja für drei Jahre vom Markt faktisch genommen werden soll als Nachfrager für Kredite – das wird uns ja alles in allem 100 bis 120, also alle Länder zusammen kosten; Deutschland dürfte mit 24 Milliarden dabei sein -, in einer solchen Situation könnte man sich in der Tat über die Frage Beteiligung der Gläubiger durch Umschuldung und Ähnlichem unterhalten. Wenn man das nicht will, dann muss man sich darüber unterhalten, wie diese Krise zu finanzieren ist. Dafür wäre dann ein Hilfsprodukt eine Bankenabgabe. Eine solche Bankenabgabe würde oder müsste sehr viel höher als das ausfallen, was in Deutschland vorgesehen ist. Wir würden ernsthaft damit rechnen, dass man ungefähr ein Aufkommen von jährlich von neun bis zehn Milliarden bräuchte.
Liminski: Stimmen Sie für eine Börsenumsatz- oder Finanztransaktionssteuer? Das wäre ja auch ein Mittel, um die Devisen- und Währungsspekulationen einzudämmen.
Trittin: Die Grünen vertreten seit ich weiß nicht wie vielen Jahren (oft belächelt) diese Frage, dass es nicht angehen kann, wenn ich mir ein Brötchen kaufe, ich dafür Mehrwertsteuer bezahlen muss, aber wenn ich mehrfach am Tage mit obskuren Papieren an der Börse handele, dafür keinen einzigen Pfennig Umsatzsteuer bezahlen muss. Wenn man eine solche Finanztransaktionssteuer in Europa endlich einführen würde, dann hätte man zwei Dinge erreicht. Erstens: Spekulation wären nicht verboten, sie hätte aber einen Preis und sie würde also gedämpft werden. Und zweitens: Für solche Krisen, wie sie jetzt zyklisch immer wieder auftreten – und ich fürchte auch immer wieder auftreten werden – erzeugt man so Einnahmen, um solche Krisen zu bewältigen, damit nicht am Ende wieder das alte Gesetz gilt, jahrelang wird über solche Papiere sehr, sehr viel Geld verdient und in dem Moment, wo das natürliche Risiko eintritt und Verluste auftreten, müssen diese Verluste dann von den Steuerzahlern getragen werden.
Liminski: Für eine Finanztransaktionssteuer oder eine Börsenumsatzsteuer hat sich auch Gregor Gysi heute Morgen hier im Deutschlandfunk ausgesprochen.
Trittin: Es geht mir mit Herrn Gysi so wie mit Frau Merkel. Wenn Frau Merkel endlich anfängt zu handeln gegen die Krise, dann lobe ich sie dafür, und wenn Herr Gysi die alte Idee der Grünen an dieser Stelle aufnimmt, dann begrüße ich auch das.
Liminski: Herr Trittin, werden wir von den Banken erpresst mit dem Argument der Systemrelevanz?
Trittin: Es gibt einen inneren Zusammenhang, der sich zum Beispiel zeigt an der deutschen Gläubigerstruktur. Ein hoher Anteil der griechischen Kredite, die in deutscher Hand gehalten werden, wird zurzeit wiederum gehalten von Banken wie der Commerzbank, der Hypo Real Estate und der Landesbank Baden-Württemberg. Sie mögen daran erkennen, was passiert, wenn man von "die Banken" spricht. Das alles sind verstaatlichte beziehungsweise inzwischen teilverstaatlichte Banken. Das heißt über kurz oder lang, in diesem konkreten Falle landet es bei dem Steuerzahler. Die Systemrelevanz der Banken zu begrenzen, ist eigentlich im Grundsatz relativ einfach. Man muss aufhören, sie so groß werden zu lassen. Wir brauchen ein kleineres, ein dezentraleres Bankensystem. Wer nicht groß ist, kann nicht systemrelevant sein.
Liminski: In den USA ist man genau in diesem Punkt weitergekommen. Da ist ein Gesetzentwurf in der Debatte für eine Regulierung der Finanzmärkte und dazu gehört eben auch eine Beschränkung der Größe, so dass keine Bank mehr mit diesem Argument der Systemrelevanz kommen könnte. Ist das auch in Deutschland machbar?
Trittin: Ich halte das für richtig. Nur müssen Sie sich auch da über die Dimensionen im Klaren sein. Die Banken in den USA haben einen ganz anderen Umfang als auch die größte deutsche Bank. Nichts desto Trotz ist das, was Obama dort vorgeschlagen hat, richtig. Die deutschen Vorschläge zu einer Bankenregulierung hängen dort weit hinterher, wie übrigens auch Obamas Bankenabgabe in Deutschland, wenn man sie auf Deutschland übertragen würde, nicht eine Milliarde erbringen würde, wie sie Herr Schäuble vor hat, sondern eben zehn. Da hieße es doch tatsächlich, von den USA zu lernen.
Liminski: Werden Sie wegen der Griechenland-Hilfe einen Nachtragshaushalt beantragen?
Trittin: Wir haben immer vertreten, dass wir in Deutschland eine gesetzliche Ermächtigung durch den Haushaltsgesetzgeber brauchen. Was da formal oben drübersteht, ist nicht meine primäre Sorge. Nur das, was die Bundesregierung anfänglich vorhatte, diese Hilfe, nachdem sie sie über Wochen und Monate hinweg blockiert hat, quasi am Parlament vorbei auf den Weg zu bringen, da haben wir mittlerweile erfolgreich einen Riegel vorgeschoben.
Liminski: Herr Trittin, eine Frage zu den Rating-Agenturen. Braucht Europa nicht eine eigene unabhängige Rating-Agentur, statt sich immer auf die Angelsachsen zu verlassen?
Trittin: Ich glaube, wir brauchen nicht nur eine eigene europäische Rating-Agentur; wir brauchen auch eine Rating-Agentur, die in anderer Weise finanziert wird, die nämlich wirklich unabhängig ist, und dafür plädieren wir, für die Einführung einer europäischen Rating-Agentur bei der Europäischen Zentralbank. Es kann nicht sein, dass Agenturen, Rating-Agenturen die gleichen Produkte begutachten, die sie selber herausgeben und an denen sie selber dann durch die Herausgabe verdienen.
Liminski: Damit sind Sie vielleicht ausnahmsweise auch mal einer Meinung mit FDP-Chef Westerwelle.
Trittin: Es ist immer sehr interessant, wenn die Krise aktuell ist, dann übernehmen viele der anderen Parteien Vorschläge aus den Reihen der Grünen. Das Entscheidende wird sein, ob aus dieser Krise dies dann gelernt wird und das auch tatsächlich in Gesetzesinitiativen umgesetzt wird. Ich will Ihnen nur ein Beispiel geben: Als die Subprime-Krise offenbar wurde, haben alle gesagt, wenn man solche Papiere weiterverkauft, muss ein bestimmter Teil des Risikos beim Verkäufer, also bei der Bank bleiben, die das verkauft. Wir haben damals für 15 Prozent plädiert, die EU-Kommission hat zehn Prozent vorgeschlagen, auf Druck der deutschen Bundesregierung müssen sie gerade mal fünf Prozent des Risikos behalten. Das ist kein wirksamer Schutz vor solchen Spekulationen.
Liminski: Die Banken stärker an der Finanzkrise und auch an der Griechenland-Hilfe beteiligen. Das war hier im Deutschlandfunk der Vorsitzende der Fraktion Die Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin. Besten Dank für das Gespräch, Herr Trittin.
Trittin: Schönen guten Tag!