"Die Gesichter der Kinder zu sehen, wenn Semra vorliest, manchmal sitzen die da mit offenem Mund und das finde ich toll."
Christa Steinhauer und Semra Celik nennen sich selbst "Vorlese-Omas", alle vierzehn Tage kommen sie in die Kita Henriette Ackermann Straße in Köln Ossendorf. Zur Freude der Kinder, die es sich auf einer Decke gemütlich gemacht haben.
"Ich finde es schön, weil Geschichten so schön sind."
Semra Celik liest auf Türkisch vor, obwohl heute nur zwei Kinder die Sprache überhaupt verstehen. Trotzdem lauschen alle gespannt, wenn sie die Geschichte vom Glitzerfisch vorträgt, der eine Glitzerschuppe verloren hat und sich nun auf den Weg macht, um sie wiederzufinden.
"Am Anfang haben die gefragt, was machst du denn hier? Warum machst du das?"
Inzwischen fragen die Kinder eher: Was heißt das und sie begrüßen Semra Celik mit "Merhaba!", auf Türkisch so viel wie "Hallo!"
"Es ist schon schön mit einer anderen Sprache, die man sonst gar nicht hört im Alltag, führt die Kinder dazu, dass sie sich auch für andere Sprachen interessieren."
Positive Effekte
Markus Rothe ist einer der Erzieher in der Kita. Das Vorlesen findet er für die pädagogische Arbeit auf jeden Fall unterstützend.
"Wir lesen auch oftmals hier Geschichten vor, nach dem Mittagessen, um noch mal die Kinder ein bisschen zur Ruhe zu führe. Und da merkt man, die Kinder, die das auch zu Hause üben, die können einfach viel besser sich konzentrieren und viel besser zuhören als die Kinder, wo man eher das Gefühl hat, das zuhause nicht so viel passiert."
Ob Vorlesen ein bekanntes Ritual ist oder eher nicht, das merkt auch Vorlese-Oma Christa Steinhauer schnell.
"Es gab durchaus Kinder, wo wir den Eindruck hatten, da wird zuhause wirklich wenig vorgelesen und die haben auch keine Bücher."
Ein Grund mehr, das in der Kita zu tun, denn Vorlesen hat eindeutig positive Auswirkungen auf Kinder, erklärt Lukas Heymann von der Stiftung Lesen.
"Vorlesen wirkt sich auf den Schulerfolg aus, und zwar nicht nur auf die Deutschnote, Kinder denen vorgelesen wurde, sind besser in der Schule."
Jedes Jahr führt die Stiftung eine bundesweite Vorlesestudie durch. Dieses Jahr hat sie gut 500 Kinder zwischen fünf und zehn Jahren befragt. Das Ergebnis: Gut 90 Prozent der Kinder sagen, dass ihnen Vorlesen immer oder fast immer gefällt. Und über 80 Prozent der Kinder, denen vorgelesen wurde, sagen außerdem, dass sie gerne zur Schule gehen. Eine Gruppe profitiert ganz besonders:
"Man kann schon sagen, dass vor allem die Jungen durch das Vorlesen profitieren. Bei den Jungs sind es enorme Unterschiede, die wir dort messen können, da sagen uns 44 Prozent der Jungen dass ihnen Lesen Spaß macht, hingegen sind das nur 24 Prozent der Jungen, denen nicht vorgelesen wurde."
Bildungshilfe Vorlesen
Durch das Vorlesen wächst bei Kindern der Wortschatz, sie können sich besser konzentrieren und auch ihre Kreativität wird gefördert. Sie lernen durch die Geschichten außerdem, sich in andere hineinzuversetzen. Das haben frühere Untersuchungen der Stiftung Lesen gezeigt.
Am Vorlesen schätzen die Kinder übrigens besonders, dass sie dabei die volle Aufmerksamkeit der Eltern bekommen.
Papa und Mama sind zwar die beliebtesten Vorlesepersonen, aber auch Erzieher und Lehrerinnen schneiden gut ab, genauso Ehrenamtliche wie die Vorlese-Omas in der Kita Henriette Ackermann Str.