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Es werden bereits "Eurobonds durch die Hintertür" gemacht

Die Europäische Zentralbank gebe bereits viel Geld in die Mitgliedstaaten, allerdings außerhalb jeglicher politischer Kontrolle durch die Parlamente, kritisiert die SPD-Europaabgeordnete Evelyn Gebhardt. Sie fordert, dass diese Gelder unter demokratischer Kontrolle "richtig ausgegeben werden".

Evelyn Gebhardt im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Am 17. Juni wird in Griechenland das Parlament neu gewählt. Das sind nur sechs Wochen nach der letzten Wahl. Den Parteien ist es aber nicht gelungen, in Griechenland eine Regierung zu bilden. Jetzt sollen die Wählerinnen und Wähler wieder das Wort haben. Die letzte Umfrage in Griechenland sieht das Linksbündnis SYRIZA vorne mit 28 Prozent, die Konservativen dahinter mit 24 Prozent und die Sozialisten nur bei 15 Prozent. Bekanntlich hat sich SYRIZA darauf festgelegt, die Reform- und Sparbeschlüsse mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds werden nicht umgesetzt. Das bedeutet für die Staats- und Regierungschefs der EU, es wird jetzt ziemlich ernst.
    Der EU-Gipfel hat noch keine Beschlüsse gefasst, das war auch nicht so vorgesehen, das soll erst im Juni erfolgen. Aber schon jetzt wurde genau verfolgt und beobachtet, welchen Eindruck hinterlässt der neue französische Präsident Hollande bei seinem ersten Auftritt. Evelyn Gebhardt ist seit langen Jahren Europaabgeordnete der SPD. Sie ist gut mit den französischen Gegebenheiten vertraut, war unter anderem Mitglied in einem wirtschaftspolitischen Beraterkreis von Amtsvorgänger Nicolas Sarkozy. Diesen Arbeitskreis hat sie aber dann verlassen. Guten Tag, Frau Gebhardt.

    Evelyn Gebhardt: Guten Tag.

    Meurer: Wissen Sie genau, was der neue französische Staatspräsident europapolitisch will?

    Gebhardt: Francois Hollande ist ein sehr pro-europäischer Präsident. Ich kenne ihn ja persönlich schon lange und weiß, dass ihm das eine Herzensangelegenheit ist. Allerdings muss die Politik auch so gestaltet sein, dass sie nicht nur Wirtschaftspolitik und Finanzpolitik bedeutet, sondern auch Politik für die Bürger, für die Menschen und in deren Sinne.

    Meurer: Es geht aber im Moment um die Wirtschafts- und die Finanzpolitik. Was stellt sich Francois Hollande unter Wachstumsimpulsen vor?

    Gebhardt: Ich denke, dass er sich darunter vorstellt, dass wir neben den Sparbemühungen, neben dem Fiskalpakt einen Wachstumspakt brauchen, eine Perspektive für die Bürger und Bürgerinnen zu schaffen, in dem auch wirklich die Unternehmen, die Wirtschaft auch weiter wachsen kann und dafür sorgen kann, auch wieder Arbeitsplätze zu schaffen, vor allem, um der Jugendarbeitslosigkeit zu begegnen.

    Meurer: Die Kanzlerin sagt ja mittlerweile selbst, Angela Merkel, Sparen und Wachstum, das ist überhaupt kein Widerspruch, das alles kann man zueinanderfassen. Kann man diesen Dualismus so einfach glattbügeln?

    Gebhardt: Was heißt glattbügeln? Man kann beides vereinbaren. Man muss sparen, wir müssen unsere Haushalte in Ordnung bringen, das ist ganz klar, und da müssen wir unsere Bemühungen fortsetzen. Aber wir müssen auch überlegen, wo haben wir unsere Prioritäten, wenn wir Geld ausgeben, welche Art und Weise von Wachstum wir nach vorne bringen wollen, und vor allem, in welche Richtung wir unsere Gesellschaft auch weiterführen wollen, und das sind die Fragen, die Francois Hollande auch stellt und dies sind auch Fragen, die ich für richtig halte.

    Meurer: Hollande hat einige Erwartungen geweckt im Wahlkampf. Kann es ihm ausreichen, wenn jetzt darauf verwiesen wird, dass man Fördertöpfe anzapft?

    Gebhardt: Wir haben Fördertöpfe in der Europäischen Union und wir müssen uns überlegen, werden sie richtig angewandt, oder muss man die vielleicht nicht aktualisieren und dafür sorgen, dass sie besser ausgegeben werden. Ich denke, da ist gar nichts falsches dran, wenn man das tut.

    Meurer: Also beim Thema Wachstum könnte es eine Annäherung oder eine gemeinsame Politik zwischen Berlin und Paris geben, wenn ich das richtig interpretiere. Aber da gibt es noch das andere Thema: Eurobonds. Francois Hollande scheint, an diesem Thema festhalten zu wollen. Warum sieht man das Thema in Frankreich ganz anders als bei uns?

    Gebhardt: Also Frau Merkel sieht das anders. Die SPD sieht es nicht unbedingt ganz anders als Francois Hollande. Was uns zurzeit sehr stört ist, dass eigentlich Eurobonds durch die Hintertür zurzeit gemacht werden. Die Europäische Zentralbank gibt viel Geld in die Mitgliedsstaaten hinein, um eben auch Unterstützung zu geben, allerdings außerhalb jeglicher politischen Kontrolle durch die Parlamente. Und was wir wollen ist, dass das auf einem richtigen Weg gemacht wird, damit auch die Kontrollen richtig gemacht werden und wir auch als Parlamentarier mit entscheiden können, in welcher Art und Weise und in welcher Höhe solche Bonds denn tatsächlich ausgegeben werden.

    Meurer: Was ist aber an der Argumentation falsch, Frau Gebhardt, dass man sagt, Länder, die gut haushalten, kriegen einen guten Zinssatz und die, die schlecht haushalten, kriegen einen schlechten Zinssatz für ihre Anleihen?

    Gebhardt: Zurzeit haben wir ja das Problem, gerade mit dieser Art und Weise, wie Politik gestaltet wird, dass Deutschland tatsächlich sehr günstig Geld bekommt und dieses Geld zum Teil auch an Griechenland zum Beispiel zu wesentlich höheren Konditionen weitergibt. Ich bin mir nicht sicher, dass es richtig ist, dass wir uns auf Kosten der Griechen bereichern.

    Meurer: Ist Deutschland Profiteur Ihrer Meinung nach der Krise?

    Gebhardt: Deutschland ist durchaus. Noch ist Deutschland Profiteur. Allerdings wenn wir nicht dafür sorgen, dass die Wirtschaft in den anderen Staaten, gerade Spanien, Italien, Portugal, aber auch Frankreich, sich verfestigt, dann werden unsere Exportmöglichkeiten in Frage gestellt werden und das wäre dann ein großes Problem für Deutschland.

    Meurer: Würden Eurobonds nicht bedeuten, Frau Gebhardt, dass Deutschland mehr Geld bezahlen muss?

    Gebhardt: Nein, das glaube ich nicht, denn wir haben ja schon Gelder, die ausgegeben werden die Europäische Zentralbank, und wir möchten, dass diese Gelder richtig ausgegeben werden, und zwar unter Kontrolle der Parlamentarier, unter Kontrolle der Demokratie und nicht so, wie es zurzeit gemacht wird.

    Meurer: Angela Merkel, so hat man hier den Eindruck, braucht beim EU-Gipfel im Juni nur Nein zu sagen, und dann gibt es keine Eurobonds. Ist da nicht jetzt schon klar, wer sich durchsetzen wird?

    Gebhardt: Da bin ich mir nicht so sicher, denn Frau Merkel wird auch darauf angewiesen sein, dass Herr Hollande mitmacht. Die deutsch-französische Zusammenarbeit ist äußerst wichtig und ich würde es für sehr falsch halten, wenn in Deutschland die Regierung sagen würde, na ja, ist uns jetzt egal, was mit Frankreich geschieht. Wir müssen eine gemeinsame Lösung finden, denn nur wenn Deutschland und Frankreich zusammenarbeiten, können wir Europa wieder aus der Misere herausbringen. Deutschland allein wird es auf jeden Fall nicht schaffen können.

    Meurer: Es wird am Nachmittag noch ein Treffen geben in Berlin zwischen der Kanzlerin und der Opposition, also auch den SPD-Spitzen. In der SPD ist man im Moment in der Frage der Eurobonds, ich will mal sagen, bestenfalls gespalten. Würden Sie der Spitze in Berlin raten, hier offensiv auf Eurobonds zu setzen, obwohl die deutsche Öffentlichkeit da eigentlich weit überwiegend sich gegen diese Idee wendet?

    Gebhardt: Ich würde auf jeden Fall raten, sehr stark auf Wachstumspolitik zu gehen und mindestens den Weg der Projektbonds zu gehen, das heißt projektorientierte Ausgabe von Geldern. Das wäre ein Vorläufer, das wäre schon gut, wenn das wenigstens in die Wege geleitet werden könnte.

    Meurer: Evelyn Gebhardt, SPD-Europaabgeordnete, zurzeit in Straßburg, für uns im Deutschlandfunk nach dem EU-Sondergipfel. Besten Dank, Frau Gebhardt, und auf Wiederhören!

    Gebhardt: Bitte schön! Auf Wiederhören.

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