Archiv


Es wird leider wärmer

Als ungemütlich kalt wird der April den meisten Menschen hierzulande in Erinnerung bleiben - aber verglichen mit der international gültigen Vergleichsperiode von 1961 bis 1990 war er trotzdem um 0,7 Grad zu warm. Viele werden dies als überraschend empfinden, aber unser Gefühl für das Wetter hat sich anscheinend im Zuge des Klimawandels geändert. Zahlen und Fakten zum Thema sammelt der Deutsche Wetterdienst.

Von Dieter Nürnberger | 03.05.2012
    Georg Ehring, Sie haben den langfristigen Vergleich für den Monat April angeführt – der Deutsche Wetterdienst hat heute Vormittag in Berlin auch noch komplexere Zahlenbeispiele vorgelegt: So lag in Deutschland die Durchschnittstemperatur für das Gesamtjahr 2011 sogar um 1,4 Grad Celsius über dem langjährigen Mittelwert von 8,2 Grad. Man kann diese Werte auch zuspitzen, in dem festgestellt wird, dass 2011 immerhin das viertwärmste Jahr seit Beginn der deutschlandweiten Messungen im Jahr 1881 war. Und schaut man auf die vergangenen 30 Jahre, dann stellt der Deutsche Wetterdienst sogar fest, dass davon 24 zu warm ausfielen. Auch der diesjährige Winter bestätige diese eindeutige Tendenz – hierzulande liegt man somit auch im ersten Quartal 2012 schon wieder im Plus, sprich: Es ist zu warm – im Vergleich zu den bisherigen Durchschnittswerten. Deshalb sollte das Thema Klimawandel unbedingt ernst genommen werden, sagt Paul Becker, der Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes.

    "Wir merken den Klimawandel schon ganz deutlich – bei den Temperaturerhöhungen sehen wir dies fast jedes Jahr. Wir sehen aber auch in den Niederschlägen eine Veränderung bei der Verteilung. Im Jahresmittel bleibt es zwar im Wesentlichen gleich, doch die Verschiebung hin zu trockneren Sommern, auch zu nasseren Wintern findet jetzt auch schon statt. Unsere Klimamodelle zeigen diesen Trend, der sich in Zukunft fortsetzen wird."

    Doch leider würden diese Fakten noch immer infrage gestellt, da würden ein paar kalte Tage in einem sonst durchschnittlichen Winter für manche selbst ernannte Experten schon ausreichen, um Zweifel zu säen, um die Ergebnisse der Klimaforschung anzuzweifeln. Aber es gebe nun einmal auch beim Klima Variabilitäten, sprich: eine Art Zick-Zack-Kurs. Entscheidend jedoch seien die langfristigen Vergleiche – und hier seien die Ergebnisse eindeutig.

    Der Deutsche Wetterdienst hofft, dass sich diese Erkenntnisse nun in Deutschland auch institutionalisieren. Die Kommunen, die Länder und auch der Bund sollten dieses Wissen in gesetzliche Regelungen mit einfließen lassen. Das könnte beispielsweise Vorschriften im Baurecht oder bei der Stadtplanung betreffen. Wetterdienst-Experte Paul Becker.

    "Bei der Stadtplanung geht es beispielsweise um das Anlegen von Frischluft-Schneisen. Wie viel dazu benötigte Grünfläche leiste ich mir? Da gibt es schon bekannte Faustformeln: Es sollten mehrere Grünflächen sein, die aber auch mindestens ein Hektar groß sein sollten. Ein Viertel der Fläche einer Stadt sollte begrünt sein, dann ist man auf der richtigen Seite. Es wäre zudem gut, wenn die Menschen innerhalb von fünf Minuten einen schattigen Platz erreichen können. Solche Dinge sollten in das künftige Handeln einfließen."

    Wissenschaftler fordern ja bekanntlich, den globalen Temperaturanstieg in den kommenden Jahrzehnten auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen. Nur so sei der Klimawandel noch beherrschbar. Es werde jedoch auch kein Land auf der Erde geben, wo die Folgen nicht spürbar seien, so der Deutsche Wetterdienst. Ziel müsse es daher auch sein, die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Forschung verbessern. Noch einmal der Vizepräsident des Wetterdienstes Paul Becker - die Industriestaaten sollten ihre Erkenntnisse deshalb auch den Schwellen- und Entwicklungsländern schnell zur Verfügung stellen.

    "Ganz wichtig ist, dass diese Länder die Klimasimulationsergebnisse bekommen. Das ist aber nur eine Seite der Medaille. Wir kennen aber auch schon viele Modelle, die die Auswirkungen konkret beschreiben. Was bedeutet dies für die Landwirtschaft? Oder für den Verkehrssektor, oder generell für die Gesundheit? Da haben wir inzwischen ein beträchtliches Wissen angesammelt. Diese Modelle gelten zwar häufig für Mitteleuropa, aber sie lassen adaptieren auf die Verhältnisse beispielsweise in Afrika. Sie könnten dort auch eingesetzt werden, auch dort eine Entscheidungsgrundlage bilden."

    Ein positives Beispiel sei beispielsweise eine UN-Initiative des vergangenen Jahres mit genau diesem Ziel – nämlich den Wissenstransfer zu vertiefen. Um schließlich, so die Hoffnung des Deutschen Wetterdienstes, auch gemeinsam handeln zu können.

    In Berlin hat der DWD heute berichtet, wie sich Klimaerwärmung in unseren Breiten bemerkbar macht.