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Es wird wieder ein Disput erwartet

Das jährliche Treffen des Dachverbandes der Burschenschaften hat begonnen. Im vergangenen Jahr schlugen die Wogen hoch, denn manche Vertreter forderten, dass der chinesisch-stämmige Kai Ming Au kein Recht haben sollte, Mitglied zu sein. Dieses Jahr kandidiert er für ein Amt im Vorstand.

Von Blanka Weber |
    "Ich mache eine reine Verhandlungsleitung und positioniere mich weder auf der einen noch auf der anderen Seite."

    Christoph Basedows gehört einer Burschenschaft in Rostock an – diese hat derzeit den Vorsitz im Dachverband. Es gäbe viel intern zu klären, vermutlich gehört auch die Personalie Kai Ming Au dazu. Als öffentliches Statement klingt es so:

    "Kai Ming Au ist Verbandsbruder wie jeder andere auch. Er ist ja im letzten Jahr in den Fokus der Öffentlichkeit geraten, wir behandeln ihn als ganz normalen Verbandsbruder und ich hab’ jetzt von ihm nicht mehr oder weniger gehört als von jedem andere Verbandsbruder auch."

    Dabei hat gerade der Deutsch-Chinese wie kein anderer die Schlagzeilen bestimmt. Seine Eltern sind Einwanderer, Kai Ming gehört einer Burschenschaft in Mannheim an und will jetzt für das Amt der Nachwuchsförderung kandidieren – was nicht allen gefallen dürfte – doch das ist: intern:

    "Ich freue mich immer, wenn ein Verbandsbruder für ein Ehrenamt kandidiert und wünsche ihm natürlich viel Erfolg."

    Durch den Dachverband geht ein Riss. Auf der einen Seite die als Burschenschaftliche Gemeinschaft und auf der anderen eine Neugründung: Die Initiative Burschenschaftliche Zukunft – IBZ: Liberale Stimmen gewinnen an Einfluss und an Mitgliedsbünden, 24 sind es aktuell. Ihr Sprecher ist Jörg Havekamp aus Freiburg:

    "Wir sind nicht gegründet, die BG anzugreifen. Wir glauben jedoch, dass wir uns in Zukunft mit Themen beschäftigen sollten, die junge Menschen ansprechen, als da wären: Wie wollen wir Europa gestalten, mit Datenschutz umgehen. Wie wollen wir mit Meinungsfreiheit umgehen."

    Die Burschenschaftliche Gemeinschaft ließ ihrerseits wissen, es muss möglich sein, Zitat, dass zu Vorgängen der jüngeren Zeitgeschichte auch kritische Meinungen zu vertreten.

    Stein des Anstoßes war Norbert Weidner – der Vorstandsmitglied des Dachverbandes und verantwortlich für die "Burschenschaftlichen Blätter". Er hatte sich kürzlich zum vom NS-Regime ermordeten Theologen Dietrich Bonhoeffer geäußert und dessen Verurteilung rein juristisch für gerechtfertigt bezeichnet. Weidner ist FDP-Mitglied in Nordrhein-Westfalen. Die Partei will ihn jetzt ausschließen. Die liberalen Burschenschaften fordern ebenfalls Konsequenzen, sagt Jörg Havekamp:

    "Wir erwarten von Norbert Weidner, dass er sich der Diskussion auf dem Burschentag stellt. Dass er sich erklärt. Das ist bisher noch nicht passiert und dann werden wir entscheiden, wie weiter vorzugehen ist."

    Eine klare Linie gegen die NPD-Mitglieder in den Burschenschaften fordert unterdessen ein Blog – offenbar aus den eigenen Reihen initiiert. Die Namen bleiben anonym, die Gesichter auch. Die veröffentlichten Dokumente sind aus internem Schriftverkehr, sagen die Macher – nur so können wir erreichen, dass die Rechten in den eigenen Reihen Farbe bekennen müssen und der Verband kritisch Nabelschau betreiben muss. Es ist ein Disput im Internet.

    Der liberalen Strömung geht das schon wieder zu weit – man wisse nicht, wer offiziell dahinter stehe und sei deshalb reserviert.

    "Kontraproduktiv in dem Sinne, dass es sich um eine Mischung aus Fakten, Namen und blinden Vorwürfen handelt, die wir nicht überprüfen können."

    Die Initiatoren des Blogs sehen das anders und befürchten, dass Restriktionen gegen den umstrittenen Schriftleiter Norbert Weidner unterbleiben werden. Ob Kai Ming Au’s Kandidatur Erfolg hat, wird sich in den kommenden Tagen in Eisenach zeigen.