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ESC 2019 in Israel
Hoffnung auf ein verbindendes Ereignis

Nach Nettas Erfolg mit "Toy" ist dieses Jahr Israel Gastgeberland des Eurovision Song Contest. Sie glaubt an den ESC als verbindendes Ereignis und hält Aufrufe, den Wettbewerb aus Protest gegen Israels Besatzungspolitik zu boykottieren, für falsch.

Von Tim Aßmann |
    Die israelische Sängerin Netta Barzilai bei ihrem ESC-Sieg im Mai 2018
    "Wer den ESC boykottiert, verbreitet Dunkelheit", meint die israelische Sängerin Netta Barzilai, hier bei ihrem ESC-Sieg im Mai 2018 (imago stock&people)
    Ein Jahr ist es nun her, dass das Lied "Toy" Israel den vierten ESC-Sieg einbrachte. Seitdem war Netta Barzilai viel unterwegs, tourte durch Europa und brachte nach dem ESC-Hit zwei weitere Lieder heraus. Vor Allem in Israel ist es Netta gelungen an den Erfolg von "Toy" anzuknüpfen. Von einem Wahnsinnsjahr spricht die 26-Jährige, die nicht vergessen hat, wie es war, keinen Erfolg zu haben:
    "Ich spielte in Bars und auf Hochzeiten und versuchte, davon zu leben. Manchmal zahlten sie, teils auch mit Essen und Bier, und manchmal zahlten sie nicht. Ich sagte mir: Ich tue es für die Kunst und die Erfahrung."
    2017 verdiente Netta mit Musik ganze 650 Euro und überlegte, Kindergärtnerin zu werden. Dann gewann sie einen nationalen Nachwuchswettbewerb, durfte deshalb zum ESC, und der Rest ist Geschichte.
    "Wer den ESC boykottiert, verbreitet Dunkelheit"
    Dass das Finale nun in Israel ausgetragen wird, macht Netta Barzilai natürlich stolz. Die Aufrufe, den Wettbewerb wegen Israels Besatzungspolitik gegenüber den Palästinensern zu boykottieren, hält Netta für falsch. Sie glaubt an den ESC als verbindendes Ereignis:
    "Auf der gleichen Bühne zu stehen, egal welche Religion, Herkunft oder Hautfarbe Du hast. Alle diese Länder und Kulturen zusammen – das ist ein Festival des Lichts. Wer das boykottiert, verbreitet Dunkelheit."
    Israel wird in diesem Jahr durch Kobi Marimi vertreten. Auch er hat den Nachwuchswettbewerb gewonnen. Seine Ballade "Home" klingt allerdings ganz anders als Nettas "Toy". Für Kobi Marimi ist das ESC-Finale auf dem Tel Aviver Messegelände quasi ein Heimspiel. Er wurde nicht weit entfernt, im Vorort Ramat Gan, geboren. Mit 13 fing er an zu singen, wichtiger war ihm aber zunächst das Schauspiel.
    "Mir sagte mal eine Freundin, dass ich mich im Alltag auflade und die Energie auf der Bühne rauslasse. Ich habe Schauspielunterricht genommen, um auf der Bühne vor Publikum auftreten zu können."
    Kobi Marimi, Israels Kandidat für den ESC 2019
    Kobi Marimi, Israels Kandidat für den ESC 2019 (Tsafrir Abayov/AP images / picture alliance)
    "Dieses Lied passt sehr gut zum Kandidaten"
    Singen habe ihn als Kind und Jugendlicher nicht so richtig interessiert, weil es immer irgendwelche Regeln gegeben habe, sagt der heute 27-Jährige. Nun vertritt er Israel mit der Soulballade "Home", die extra für ihn geschrieben wurde und in der es darum geht, sich selbst zu behaupten. Viele seiner Landsleute glauben nicht an einen Erfolg von Kobi Marimi, finden das Lied zu getragen und langweilig. Vorjahressiegerin Netta ist auch eher skeptisch:
    "Dieses Lied passt sehr gut zum Kandidaten Kobi Marimi. Einen Sänger ohne eigene Lieder zu nehmen und dann einen Hit draus zu machen, wird schwer. Um den ESC zu gewinnen, braucht man einen großartigen Song. Dieser Song ist gut."
    Für die Israelis ist unabhängig vom Abschneiden des eigenen Beitrags vor allem eines wichtig: Sie sind die Gastgeber.