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Eskalation in Katalonien
Puigdemont will sich nicht fügen

Katalonien hat keine autonome Regierung mehr, die Region wird nun von Madrid aus gelenkt. Der entmachtete Regionalpräsident Carles Puigdemont hat zum friedlichen Widerstand gegen Spaniens Maßnahmen aufgerufen, auch wenn ihm bis zu 30 Jahre Gefängnis drohen.

Von Burkhard Birke |
    Der katalanische Regionalchef Puigdemont soll wegen "Rebellion" angeklagt werden - Foto aufgenommen am 27.10.2017
    Der katalanische Regionalchef Puigdemont soll wegen "Rebellion" angeklagt werden (imago)
    "Wir wollen weiter arbeiten, um das demokratische Mandat zu erfüllen und ein Maximum an Stabilität und Ruhe zu suchen angesichts der logistischen Schwierigkeiten zu suchen, in der sich unser Land in bisher unbekannten Umständen befindet."
    Carles Puigdemont will weitermachen und sich nicht fügen. Er und seine Regierung sind entmachtet worden. 144 Spitzenbeamte haben ihren Job verloren. Der Chef der Polizei Josep Lluis Trapero wurde durch seinen Stellvertreter ersetzt. Das Parlament ist aufgelöst. Für den 21. Dezember sind Neuwahlen in der Autonomieregion anberaumt.
    Die Aufgaben des Regionalpräsidenten hat mit der Anwendung des Artikels 155 der spanischen Verfassung formal Soraya de Saenz Santamaria, die stellvertretende spanische Ministerpräsidentin übernommen. Die Staatssekretäre der Ministerien übernehmen die entsprechenden Ressorts in Katalonien.
    Katalonien bleibt gespalten
    "Die Maßnahmen sind ein wenig übertrieben", meint Taxifahrer David, "aber sie waren nötig, denn die Generalitat, die Regionalregierung, hat sich nicht gut verhalten."
    "Wir stecken in einer Sackgasse, aber ich hoffe, es geht vorwärts mit der Republik Katalonien", meint Marie Carmen.
    Zwei Stimmen, zwei Meinungen. Katalonien ist und bleibt gespalten. Nach Jubel und Partystimmung der Separatisten vergangene Nacht, meldeten sich heute in verschiedenen Städten wie Lleida Unionisten zu Wort. Juan Carrillo ist einer von ihnen:
    "Ich will dieses mächtige Spanien, ich will Europa und keine Grenzen, und wenn wir über Wirtschaft sprechen: Das wäre der Ruin, wenn sich 17 Regionen in Spanien für unabhängig erklärten."
    30 Jahre Gefängnis
    Die Meinungshoheit der Straße gehört freilich eher den Separatisten. Deren Parteien debattieren, ob und wenn wie sie an den Wahlen teilnehmen. Die Antikapitalisten der CUP haben angekündigt, den Urnengang zu boykottieren.
    Die abgesetzte Regierung um Carles Puigdemont überlegt indes verfassungsgebende Wahlen auszurufen. Das wäre der nächste Schritt nach der Erklärung der Unabhängigkeit durch das katalanische Parlament gestern und ein weiterer in die Illegalität.
    Die spanische Staatsanwaltschaft beabsichtigt Strafverfahren gegen die Mitglieder der katalanischen Regierung und das Präsidium des Parlamentes wegen Rebellion. Darauf stehen 30 Jahre Gefängnis. Dessen unbeirrt will Carles Puigdemont weiter für die Unabhängigkeit kämpfen und hat zum Widerstand aufgerufen.
    "Meine Botschaft an Sie lautet: Geduld, Ausdauer und Perspektive. Die beste Art unsere Ziele und Interessen zu verteidigen ist die demokratische Opposition gegen die Anwendung des Artikels 155."
    Ausdrücklich mahnte Puigdemont dazu, sich friedlich und zivil zu verhalten - was auch immer darunter zu verstanden sein mag.
    "Ich würde mich Anweisungen aus Madrid widersetzen, " sagt Lehrerin Marie Carmen. Mit zivilem Ungehorsam, Streiks und Massenkundgebungen ist zu rechnen, wenn Madrid gewaltsam versucht, seinen Willen durchzusetzen.