„Was wir verabredet haben, setzen wir Schritt für Schritt um. Und so tritt jetzt der dauerhafte Stabilisierungsmechanismus in Kraft, so, wie wir das immer gesagt haben.“
Finanzminister Wolfgang Schäuble zeigte sich erleichtert. Endlich, nach zähen Verhandlungen und viel Gegenwind, konnte der Rettungsschirm ESM am 8. Oktober 2012 starten:
„Das zeigt, wir sind berechenbar, wir sind verlässlich, und irgendwann werden es die Finanzmärkte auch begreifen.“
Die Eurozone am Abgrund
Die drei Buchstaben ESM stehen für Europäischer Stabilitätsmechanismus. Diese neu geschaffene Institution sollte nichts Geringeres leisten, als die Eurozone vor dem Zerfall zu retten. Klaus Regling, Leiter des ESM:
„Die Gründungsväter des Euro konnten sich nicht vorstellen, dass ein Mitgliedsland in der Währungsunion den Marktzugang verliert. Deshalb gab es auch keine Institution, die dann einspringen kann.“
Im Frühjahr 2010 drohte genau dieses Szenario: Damals verkündete die griechische Regierung, dass sie ihre Schulden nicht mehr bezahlen könne. Die Finanzmärkte spielten verrückt, und Griechenland drohte in eine unkontrollierte Pleite zu rutschen - mit unabsehbaren Folgen für alle anderen Länder der Eurozone. In hektisch einberufenen, nächtelangen Gipfeln einigte man sich auf die Einrichtung eines Rettungsschirms. Er sollte drei Jahre gelten und Kredite in Höhe von 440 Milliarden Euro garantieren, erinnert sich Klaus Regling:
„Es gab nichts, es gab keine Telefonnummer, es gab keine E-Mailadresse, es gab keine Büroräume, es gab keine Mitarbeiter.“
Klaus Regling baute diesen Rettungsschirm mit Sitz in Luxemburg gleichsam aus dem Nichts auf. Der Finanzexperte hatte lange beim IWF in Washington gearbeitet und war als Staatssekretär am Entwurf des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts beteiligt gewesen.
Schon bald zog die Schuldenkrise weitere Kreise, auch andere Euroländer kamen ins Schlingern. Die Finanzmärkte brauchten dringend ein überzeugendes Signal, um Spekulationen über ein Ende der Währungsunion auszuräumen. Aus dem befristeten sollte nun ein dauerhafter Rettungsschirm werden, der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM.
Schon bald zog die Schuldenkrise weitere Kreise, auch andere Euroländer kamen ins Schlingern. Die Finanzmärkte brauchten dringend ein überzeugendes Signal, um Spekulationen über ein Ende der Währungsunion auszuräumen. Aus dem befristeten sollte nun ein dauerhafter Rettungsschirm werden, der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM.
Heftige Kritik und Klagen vor dem BVG
Für Klaus Regling, der auch Chef dieser Nachfolgeinstitution wurde, war der ESM ein Meilenstein, um die in Turbulenzen geratene Eurozone wieder zu stabilisieren. Doch seine Geburt war von heftigen Debatten begleitet. In Deutschland musste das Bundesverfassungsgericht diverse Klagen verhandeln. Die Kritiker waren gegen die Vergemeinschaftung von Schulden und befürchteten, dass der Bundestag sein Haushaltsrecht verliere und deutsche Steuergelder unkontrolliert in den Süden Europas fließen würden. Im Sommer 2012 verkündete Andreas Voßkuhle, der damalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts:
„Die Verfassungsbeschwerden und das Organstreitverfahren sind teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. Trotz der eingegangenen Verpflichtung bleibt die Haushaltsautonomie des Deutschen Bundestages hinreichend gewahrt.“
Wie der ESM funktioniert
Mit diesem Urteil konnte der ESM am 8. Oktober 2012 seine Arbeit aufnehmen. Sein Finanzpolster von rund 700 Milliarden Euro besteht zum größten Teil aus Garantiezusagen der beteiligten Länder. Für den deutschen Anteil zog das Bundesverfassungsgericht 2012 eine Obergrenze von 190 Milliarden Euro. Der ESM nimmt zu guten Konditionen Kredite am Kapitalmarkt auf, die er an die hilfsbedürftigen Länder weiterleitet. Die profitieren so von niedrigen Zinsen und langen Laufzeiten.
Fünf Länder erhielten bislang ESM-Gelder: Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Zypern. Mit der Kreditvergabe verloren sie ihre finanzielle Unabhängigkeit und mussten umfassende Reformen durchführen. Doch, so Klaus Regling
Fünf Länder erhielten bislang ESM-Gelder: Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Zypern. Mit der Kreditvergabe verloren sie ihre finanzielle Unabhängigkeit und mussten umfassende Reformen durchführen. Doch, so Klaus Regling
„Wir sehen, dass diese fünf Länder, die von den Rettungsschirmen ihre Kredite bekommen haben, ihre Hausaufgaben machen. Sie haben ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessert, reduzieren die Haushaltsdefizite und, entscheidend, setzen mehr Strukturreformen um als jedes andere Land in Europa. Und wir wissen aus der Wirtschaftsgeschichte: Länder, die in diesem Umfang Reformen vornehmen, werden mittelfristig eine sehr gute Wachstumsperspektive haben. Und deshalb wird die Rückzahlung möglich sein, wenn dieser Prozess fortgesetzt wird.“
Portugal, Irland Spanien und Zypern stehen mittlerweile wieder auf eigenen Beinen. Nur Griechenland muss noch ESM-Kredite zurückzahlen - spätestens bis 2060.