Dezember 1972. Es ist das letzte Mal, dass eine Apollo-Mission den Mond besucht. Ein letztes, wehmütiges Liedchen trällernd hüpfen die NASA- Astronauten durch die Krater und sammeln kiloweise Mondgestein. Eben dieses Gestein weckt jetzt, nach über vier Jahrzehnten, neue Fantasien - und zwar ökonomische Fantasien:
"Der Mond ist reich an Bodenschätzen, die man ausbeuten könnte. Seine Gesteine enthalten Sauerstoff, Eisen, seltene Erden und Helium-3. Das ist eine Substanz, die als Energiequelle der Zukunft interessant sein könnte", sagt Bernard Foing von der Europäischen Weltraumagentur ESA.
Helium-3 als Brennstoff für neue Fusionsreaktoren
Anders als gewöhnliches Helium besteht Helium-3 nicht aus vier Kernbausteinen, sondern nur aus drei. Auf der Erde ist es extrem selten und muss mit Kernreaktoren künstlich hergestellt werden. Häufiger findet es sich im Sonnenwind, als Folgeprodukt der Kernfusion in der Sonne. Auf der Erdoberfläche kommt dieser Sonnenwind nicht an, das verhindert die Atmosphäre. Der Mond dagegen besitzt kein Atmosphäre. Hier kann der Sonnenwind auf die Oberfläche aufschlagen und sich Helium-3 im Gestein ablagern. Schätzungen könnten es insgesamt zwei Millionen Tonnen sein.
Im Prinzip taugt Helium-3 als Brennstoff für künftige Fusionsreaktoren. In denen sollen leichte Kerne zu größeren verschmelzen und Energie freisetzen. Die Fusionsforscher versuchen es in ihren Prototypen bislang mit Wasserstoff. Doch Helium-3 hätte einen Vorteil.
"Mit Helium-3 wären Fusionsprozesse möglich, bei denen keine Neutronen frei werden. Damit wäre eine komplett saubere Kernfusion machbar, ohne radioaktiven Müll."
Gewaltige Kosten
Zehn Tonnen Helium-3 würden reichen, um Europa ein Jahr lang mit Strom zu versorgen, rechnet Foing vor. Allerdings müssten dafür über 100.000 Tonnen Mondgestein durchgesiebt und mit speziellen chemischen Methoden vom Helium befreit werden - theoretisch zwar möglich, aber angesichts gewaltiger Kosten noch reine Science-Fiction. Deshalb schmieden die Forscher erst mal bescheidener Pläne. Einfacher als Helium nämlich ließe sich das im Mondgestein steckende Eisen gewinnen.
"Eisen liegt im Mondgestein in Form kleinster Tröpfchen vor. Mithilfe von Mikrowellen könnte man sie aus dem Gestein herauskriegen. Und es wäre das Schlauste, das Eisen direkt dort oben zu gewinnen."
Dieses Eisen würde man nicht etwa zur Erde verfrachten, davon gibt's hier schließlich genug. Stattdessen träumen die Experten davon, es gleich auf dem Mond zu verarbeiten - zum Beispiel in Fabriken, in denen 3D-Printer Bauteile für Satelliten oder Weltraumstationen herstellen. Der Vorteil, so Foing:
"Auf dem Mond herrscht nur ein Sechstel der Schwerkraft, die wir auf der Erde haben. Deshalb braucht eine Rakete für den Start in den Weltraum viel weniger Energie, nur ein Vierzigstel. Der Mond wäre also ein lukrativer Weltraumbahnhof, um Material für Satelliten oder Weltraumstationen in den Orbit zu schießen."
Mondboden soll bald mit Robotern untersucht werden
Die ersten Schritte in Richtung einer solchen Vision sind schon gemacht, sagt Bernard Foing. Denn Daten, an welchem Stellen auf dem Mond man das Gestein untersuchen sollte, gibt es schon, etwa durch die europäische SMART-1-Mission.
"Als Nächstes wollen wir auf dem Mond landen, um den Boden dort mit Robotern genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir denken da an eine Art Robotercamp, in dem sich mehrere Maschinen für die Suche koordinieren. Dabei wollen wir auch Techniken erproben, wie man die Rohstoffe aus dem Boden holen könnte."
Eines aber steht fest: Die Investitionen für den lunaren Bergbau wären enorm - und allein von ESA oder NASA nicht zu schultern. Also müsste sich auch die Wirtschaft einklinken. Und tatsächlich: Erste Anzeichen dafür gibt es schon.
"Der Google Lunar X-Price ist ein mit 30 Millionen Dollar dotierter Preis, bei dem ein Roboter erfolgreich auf dem Mond landen soll."
Bis Ende 2015, erzählt Google-Sprecherin Anita Heward, wollen 18 Teams, ihre persönliche Mondlandung schaffen. Einige wollen dabei nach Mondgestein graben und eine Kommunikations-Infrastruktur für spätere Erkundungen aufbauen:
"Mit unserem Preis wollen wir helfen, die Kosten runterzubringen. Im Moment kostet eine Mondlandung etliche Millionen und dauert viele Jahre. Wir wollen das schneller und billiger machen und dadurch die Basis für eine kommerzielle Nutzung schaffen."
Mancher Experte aber vermutet, dass es sich um einen PR-Gag handelt, der Google helfen soll, das Image der Datenkrake loszuwerden. Ob es also auf dem Mond statt singender Astronauten jemals singende Bergbau-Arbeiter geben wird, darf im Moment wohl eher bezweifelt werden.