Bitterkalt ist es an diesem Morgen - in Tartu, dem "Oxford des Baltikums", wie die Universitätsstadt in Süd-Estland manchmal genannt wird. Dimitri Selenka lächelt gequält. "Viel zu kalt," meint der 28-Jährige. Es ist kurz nach halb neun. Der schlaksige Familienvater muss erst einmal warten: Schon am frühen Morgen sind alle Plätze an den orangenen Schaltern der "Töötukassa", des Arbeitsamts, besetzt.
"Ich bin hier, weil mein Arbeitsvertrag ausgelaufen ist - als Schiffskonstrukteur auf einer Werft. Zum dritten Mal bin ich nun schon hier, denn ständig fehlten irgendwelche Unterlagen. Mir wäre natürlich lieber, ich würde einen neuen Job finden. Aber das hat bislang nicht geklappt."
Wie Dimitri geht es vielen Esten: Gut jeder Fünfte steht ohne Job da. Reet Treia kennt die Zahl nur zu gut. Die gelernte Psychologin berät im hinteren Bereich der "Töötukassa", in einem Extra-Büro, Unternehmen, die wegen der Wirtschaftskrise Personal abbauen müssen. "Der Sommer war hart, doch langsam geht es bergauf" – meint Treia.
"Ich denke, das liegt auch am Euro. Dass die EU in Brüssel uns in den Euroraum aufnimmt, ist ein Vertrauensbeweis. Investoren wissen das zu schätzen. Wir spüren das auch hier in Tartu: Ich bekomme wieder mehr Anfragen aus dem EU-Ausland von potenziellen Investoren."
Auf den Euro setzt auch Kristian Haller. Der Mittfünfziger ist Vizerektor der "Universität von Tartu". Als solchem steht ihm ein stattliches Arbeitszimmer im strahlend weißen, neoklassizistischen Hauptgebäude zu.
"Der Euro ist auf jeden Fall ein Vorteil für uns. Durch ihn können wir noch besser wirtschaften, der Handel mit den EU-Ländern wird noch einfacher. Für mich ist der Euro eine Art Eintrittskarte. Er ist das Symbol, dass wir im Klub der entwickelten Länder angekommen sind. Technisch verändert sich kaum etwas. Unsere Krone war ja von Beginn an erst an die Mark und dann an den Euro gekoppelt."
Europa fest im Visier hat auch das "Estnische Genom Zentrum" der Universität von Tartu. So protzig das Hauptgebäude der Universität daher kommt, so unscheinbar wirkt die Biobank. Schon seit längerem drängt Institutsleiter Andres Matspalu darauf, aus dem schlichten Flachbau auszuziehen.
"Letztes Jahr sind wir von der EU als eines von 17 Projekten zu einem regionalen Exzellenzzentrum ernannt worden. Das hatte handfeste finanzielle Vorteile für uns: Es gab 1,3 Millionen Euro aus Brüssel. 50.000 Menschen sind bei uns mit ihrem genetischen Fingerabdruck gespeichert. Wir sind jetzt schon eine der größten Biobanken Europas – auch wenn wir immer noch dabei sind, unsere Datenbank auszuweiten."
… meint der Wissenschaftler mit dem zerzausten Haar – nur um hinzuzufügen, für ihn bedeute die Euroeinführung vor allem eines: Planungssicherheit.
In Tartu ist die Gemeinschaftswährung jetzt schon allgegenwärtig: Überall in der Stadt künden poppige Plakate von der neuen Währung, sind die Preise in den Supermärkten seit Juli nicht nur in Kronen ausgeschildert, sondern auch in Euro. So sollen heimliche Preiserhöhungen verhindert werden.
Über den Euro hat sich Dimitri Selenka noch keine großartigen Gedanken gemacht. Gerade hat er die noch fehlenden Unterlagen im Arbeitsamt abgeben können.
"Ich habe an der Universität von Tartu Chemie studiert, aber nicht abgeschlossen. Seit neustem, habe ich gerade erfahren, bietet der Staat Studienabbrechern an, ihr Studium zu beenden. Ich sollte wirklich meinen Abschluss nachholen. Vielleicht habe ich ja als Chemiker bessere Chancen."
Für sein Studium müsste Dimitri nichts zahlen: Vater Staat erlässt ehemaligen Studienabbrechern die Gebühren. Als 17. Euroland, hat Ministerpräsident Ansip verkündet, solle sich Estland in eine "Wissensgesellschaft" verwandeln.
"Ich bin hier, weil mein Arbeitsvertrag ausgelaufen ist - als Schiffskonstrukteur auf einer Werft. Zum dritten Mal bin ich nun schon hier, denn ständig fehlten irgendwelche Unterlagen. Mir wäre natürlich lieber, ich würde einen neuen Job finden. Aber das hat bislang nicht geklappt."
Wie Dimitri geht es vielen Esten: Gut jeder Fünfte steht ohne Job da. Reet Treia kennt die Zahl nur zu gut. Die gelernte Psychologin berät im hinteren Bereich der "Töötukassa", in einem Extra-Büro, Unternehmen, die wegen der Wirtschaftskrise Personal abbauen müssen. "Der Sommer war hart, doch langsam geht es bergauf" – meint Treia.
"Ich denke, das liegt auch am Euro. Dass die EU in Brüssel uns in den Euroraum aufnimmt, ist ein Vertrauensbeweis. Investoren wissen das zu schätzen. Wir spüren das auch hier in Tartu: Ich bekomme wieder mehr Anfragen aus dem EU-Ausland von potenziellen Investoren."
Auf den Euro setzt auch Kristian Haller. Der Mittfünfziger ist Vizerektor der "Universität von Tartu". Als solchem steht ihm ein stattliches Arbeitszimmer im strahlend weißen, neoklassizistischen Hauptgebäude zu.
"Der Euro ist auf jeden Fall ein Vorteil für uns. Durch ihn können wir noch besser wirtschaften, der Handel mit den EU-Ländern wird noch einfacher. Für mich ist der Euro eine Art Eintrittskarte. Er ist das Symbol, dass wir im Klub der entwickelten Länder angekommen sind. Technisch verändert sich kaum etwas. Unsere Krone war ja von Beginn an erst an die Mark und dann an den Euro gekoppelt."
Europa fest im Visier hat auch das "Estnische Genom Zentrum" der Universität von Tartu. So protzig das Hauptgebäude der Universität daher kommt, so unscheinbar wirkt die Biobank. Schon seit längerem drängt Institutsleiter Andres Matspalu darauf, aus dem schlichten Flachbau auszuziehen.
"Letztes Jahr sind wir von der EU als eines von 17 Projekten zu einem regionalen Exzellenzzentrum ernannt worden. Das hatte handfeste finanzielle Vorteile für uns: Es gab 1,3 Millionen Euro aus Brüssel. 50.000 Menschen sind bei uns mit ihrem genetischen Fingerabdruck gespeichert. Wir sind jetzt schon eine der größten Biobanken Europas – auch wenn wir immer noch dabei sind, unsere Datenbank auszuweiten."
… meint der Wissenschaftler mit dem zerzausten Haar – nur um hinzuzufügen, für ihn bedeute die Euroeinführung vor allem eines: Planungssicherheit.
In Tartu ist die Gemeinschaftswährung jetzt schon allgegenwärtig: Überall in der Stadt künden poppige Plakate von der neuen Währung, sind die Preise in den Supermärkten seit Juli nicht nur in Kronen ausgeschildert, sondern auch in Euro. So sollen heimliche Preiserhöhungen verhindert werden.
Über den Euro hat sich Dimitri Selenka noch keine großartigen Gedanken gemacht. Gerade hat er die noch fehlenden Unterlagen im Arbeitsamt abgeben können.
"Ich habe an der Universität von Tartu Chemie studiert, aber nicht abgeschlossen. Seit neustem, habe ich gerade erfahren, bietet der Staat Studienabbrechern an, ihr Studium zu beenden. Ich sollte wirklich meinen Abschluss nachholen. Vielleicht habe ich ja als Chemiker bessere Chancen."
Für sein Studium müsste Dimitri nichts zahlen: Vater Staat erlässt ehemaligen Studienabbrechern die Gebühren. Als 17. Euroland, hat Ministerpräsident Ansip verkündet, solle sich Estland in eine "Wissensgesellschaft" verwandeln.