Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Buyx, sagte, nicht nur Patienten, sondern auch Ärzte, Pflegekräfte und Einrichtungen wollten Klarheit darüber, was genau sie dürfen und was nicht. Das bleibe nun ungeregelt.
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bätzing, sprach von einem existenziell wichtigen Thema, das nicht ungeregelt bleiben dürfe. Auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Kurschus, mahnte eine gesetzliche Regelung an, die bestehende Bedenken ausräume und eine überzeugende Mehrheit erhalten könnte.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Schuster, warnte vor einer „gesetzlichen Leerstelle“ und forderte eine neue gesellschaftliche Debatte, bei der auch die Religionsgemeinschaften verstärkt eingebunden werden müssten. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Welskop-Deffaa, mahnte ein neues Gesetzgebungsverfahren an. Es sei bedauerlich, dass auch drei Jahre nach dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts keine Entscheidung über einen rechtlichen Rahmen getroffen worden sei.
Es gibt aber auch positive Reaktionen auf das Scheitern der Anträge: Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Brysch, erklärte, das Nein der Abgeordneten habe das Land vor einem ethischen Dilemma bewahrt. Der Präsident der Diakonie Deutschland, Lilie, sieht nun die Chance, weiter in Politik und Gesellschaft darüber zu diskutieren, was Menschen mit Sterbewunsch gerecht wird. Ähnlich äußerte sich der Präsident der Bundesärztekammer, Reinhardt: Man habe Zeit gewonnen, denn die gesamtgesellschaftliche Debatte sei bislang noch nicht ausreichend geführt worden. Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Melching, mahnte eine differenziertere Sichtweise an. Er sagte im Deutschlandfunk, man könne bei Schwerstkranken nicht die gleichen Maßstäbe anlegen wie bei Menschen in einer Lebenskrise.
Bei Fachleuten hat das Scheitern der Gesetzentwürfe zur Suizidbeihilfe im Bundestag Erleichterung ausgelöst. Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, Melching, sagte im Deutschlandfunk, in der Debatte habe man gemerkt, dass in einigen Redebeiträgen die Praxiswirklichkeit gefehlt habe und manches durcheinander gebracht worden sei.
So könne man etwa bei Schwerstkranken nicht die gleichen Maßstäbe anlegen wie bei Menschen, die sich in einer Lebenskrise befänden, meinte Melching. Auch gebe es beim im Plenum angesprochenen Beispiel von Komapatienten bereits jetzt die Möglichkeit, dass Ärzte in Zusammenarbeit mit Angehörigen die Beatmung abstellen und den Tod mit sedierenden Medikamenten begleiten.
Für seinen Bereich der Palliativmedizin betonte Melching, dass man nun so weiterarbeiten könne wie bisher. Mit der Beratung von Menschen mit Sterbewünschen gehe viel Verantwortung einher. Hier verfüge man über die erforderliche Erfahrung. Es dürfe auch in Zukunft keinen - so wörtlich - "Kiosk" für sterbewillige Menschen geben.
Caritas fordert neues Gesetzgebungsverfahren
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Brysch, erklärte, das Nein der Abgeordneten habe das Land vor einem ethischen Dilemma bewahrt. Für eine wirksame Suizid-Prävention müsse es nun Rechtsansprüche geben auf kurzfristige Sprechstunden, Behandlungsplätze und aufsuchende Therapieangebote. Caritas-Präsidentin Welskop-Deffaa mahnte dagegen ein neues Gesetzgebungsverfahren an. Es sei bedauerlich, dass auch drei Jahre nach dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts weiterhin keine Entscheidung über einen rechtlichen Rahmen getroffen worden sei.
Diese Nachricht wurde am 06.07.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.