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Ethnische Konflikte
Die Unsicherheit in Mali wächst

In Mali sind inzwischen 13.000 UN-Soldaten eingesetzt, doch Sicherheit scheinen sie nicht schaffen zu können: Die Angriffe der Volksgruppen aufeinander nehmen zu – und es ist unklar, welche Rolle die staatliche Armee dabei spielt. Den Islamisten beschert die Situation Zulauf.

Von Bettina Rühl |
Der Opfer des Massakers von Ogossagou wird in Bamako, Mali, am 26.03.2019 gedacht.
Mali wird zunehmend unsicherer - laut den Vereinten Nationen wurden allein im vergangenen Jahr mindestens 500 Menschen bei Massakern und anderen Menschenrechtsverletzungen getötet. Im Bild: Gedenkfeier für Opfer des Massakers von Ogossagou, 26.03.2019 (imago images / Le Pictorium)
Binta Barry schüttet Reis in eine Aluschüssel, wäscht ihn gründlich. Die 29-jährige Malierin campiert seit dem 23. März auf dem Gelände des Krankenhauses in Sevaré, einer Stadt im Zentrum von Mali. Sie hat ein Massaker in ihrem Heimatdorf Ogossagou überlebt, bei dem fast 160 Menschen getötet wurden. Ihre zwölfjährige Tochter Fatmata wurde von einer Kugel im Arm getroffen und wird seitdem hier behandelt.
"Diese Leute sind einfach ins Dorf gekommen und haben angefangen, Menschen zu töten."
Die Angreifer seien Dogon gewesen, meint Binta Barry, also Angehörige einer Ethnie von Bauern. Binta Barry und die übrigen Dorfbewohner sind Fulani, ein Hirtenvolk. Seit 2015 kommt es immer wieder zu blutigen Konflikten zwischen Angehörigen dieser beider Volksgruppen. Das Massaker von Ogossagou im März erreichte die Nachrichtenmaschinerie Europas, alarmierte auch den Weltsicherheitsrat. Ravina Shamdasani ist Sprecherin des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen.
Sicherheitslage deutlich veschlechtert
"Diese Menschen werden gezielt angegriffen, Frauen, Männer und Kinder, einfach weil sie zum Volk der Fulani gehören."
Milizen der Dogon werfen den Fulani vor, islamistische Gruppen zu unterstützen, die im Norden und seit 2015 auch im Zentrum Malis operieren. Die Gewalt in dem westafrikanischen Land eskaliert trotz der Präsenz tausender internationaler Soldaten. Die Vereinten Nationen haben schon 2013 die Blauhelmmission Minusma entsandt, mit inzwischen 13.000 Soldaten. Die Bundeswehr beteiligt sich mit bis zu 1.100 Soldaten an der Mission. Außerdem kämpfen rund 1.000 französische Soldaten in einer eigenen Militäroperation gegen islamistische Terrorgruppen. Trotzdem hat sich die Sicherheitslage in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert. Seit 2015 entwickeln die Konflikte im Zentrum einen immer stärkeren ethnischen Charakter.
Binta Barry lag in ihrer Hütte in Ogossagou und schlief, als sie plötzlich Schüsse hörte und aus dem Fenster sah. Noch immer kann sie kaum über die Ereignisse reden, ihre Verwandte Mariam springt ein, macht aus Bintas hingeworfenen Worten verständliche Sätze.
"Sie war vor Angst wie gelähmt. Alle anderen flohen, aber sie konnte nicht weglaufen. Die Angreifer zogen die Leute aus ihren Hütten, zündeten die Hütten an, bis man auch bei ihr war und sie aus der Hütte zog. Aber man hat sie nicht getötet."
"Es war der Wille Gottes"
Etliche Hütten wurden mitsamt ihren Bewohnern in Brand gesetzt. Bintas Tochter Fatmata wurde auf der Flucht von hinten angeschossen. Mariam Barry, die nun übersetzt, war in der Nacht des Massakers nicht im Dorf, aber ihr einziger, fünf Jahre alter Sohn wurde getötet. Genauso wie ihre jüngere Schwester. Ihre Großmutter und ihre Schwiegermutter liegen noch immer mit schwersten Verbrennungen im Krankenhaus.
"Als meine Großmutter eingeliefert wurde, konnte sie nicht sprechen. Es hat drei Tage gedauert, bis sie reden konnte. Ihr Zustand hat mich so schockiert, dass ich sogar geheult habe. Aber ich habe jetzt trotzdem keine Vorbehalte gegen irgendwen. Es war der Wille Gottes, gegen Gott können wir nicht kämpfen."
Markttag im Dorf Dogon in Mali
Fulani gegen Dogon: Seit 2015 entwickeln die Konflikte im Zentrum Malis einen immer stärkeren ethnischen Charakter. Im Bild: Markttag im Dorf Dogon in Mali (picture alliance / dpa / Maxppp)
Der Krankenpfleger Doucouré Oumar kramt in einem Pappkarton, der neben dem Bett von Mariams Schwiegermutter steht, darin liegen ein paar frische Verbände und ein Zettel – die Patientenakte. Er habe, sagt der 25-Jährige, zum ersten Mal so viele schwer verletzte Opfer ethnischer Konflikte gesehen.
"Das war unmenschlich. Schockierend! Sehr schockierend."
Doucouré Oumar ist Soninké, sein Volk ist bei den jetzigen Konflikten außen vor. Aber das Massaker von Ogossagou hat für ihn und etliche andere Malier vieles verändert.
"Das hat mir Angst gemacht. Allen in meiner Familie geht das so. Nachts traut sich niemand mehr raus. Dabei wohnen wir in Sevaré, aber sogar hier in der Stadt haben die Leute jetzt Angst, auf die Straße zu gehen."
Ohne offizielle Erklärung - Regierung tritt zurück
Am Freitag, dem 5. April, gehen im Zentrum Bamakos Tausende auf die Straße, protestieren gegen die Unsicherheit und die Gewalt im Zentrum des Landes – wie schon oft in den vergangenen Wochen. Sie fordern den Rücktritt des Premierministers und etlicher seiner Minister, außerdem den Abzug der ausländischen Truppen. Organisiert hat die Demonstration der Hohe Islamische Rat von Mali. Das einflussreiche, höchste religiöse Gremium des Landes kündigt weitere Proteste für jeden Freitag an – bis die Regierung zurückgetreten ist. Keine zwei Wochen später, am 18. April, geben der Premierminister und sein gesamtes Kabinett ihre Ämter ab, ohne eine offizielle Erklärung.
Philipp Goldberg leitet das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako.
"Ich denke, in Anführungsstrichen war das schon eine kleinere Sternstunde der malischen Demokratie, weil sie jetzt erstmalig dazu führte, dass auch Mitglieder der Präsidentenpartei das Vertrauen der Regierung entzogen haben, und das gab’s vorher so nicht."
Neuer Regierungschef ist seither Boubou Cissé. Der Ökonom, der einige Jahre lang für die Weltbank arbeitete, gehörte seit 2013 jeder Regierung an, zuletzt war er Finanzminister. Der Familie des Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta steht er privat nahe. Seine Ernennung löste keine Euphorie aus, er gilt als Vertreter der politischen Klasse.
"Dennoch ist er ja nicht Mitglied der Partei des Präsidenten, und hat also durchaus auch eigene politische Ambitionen und Standpunkte immer vertreten."
Cissé bildete eine Regierung der nationalen Einheit. Im neuen – vergrößerten – Kabinett sitzen auch Politiker, die als Kritiker des Präsidenten und des bisherigen Kurses aufgefallen sind.
"Nichtsdestotrotz muss man natürlich sagen: Die Herausforderungen für diese neue Regierung sind sicherlich nicht kleiner geworden. Die Staatskassen sind immer noch leer. Und es wird jetzt sicherlich auch eine Herausforderung für die Regierung sein, Vertrauen zu schaffen, Vertrauen in die Politik, in die Demokratie, aber auch in die Integrität Malis, in den nationalen Zusammenhalt dieses Landes."
Der Staat schützt seine Bürger nicht
Laut den Vereinten Nationen wurden im allein im vergangenen Jahr mindestens 500 Menschen bei Massakern und anderen Menschenrechtsverletzungen getötet, die Opfer sind Fulani ebenso wie Dogon. Dem Staat wird vorgeworfen, seine Bürger nicht zu schützen. Überlebende berichten, die Armee sei – wenn überhaupt – trotz frühzeitiger Hilferufe meist erst nach dem Ende der Massaker eingetroffen. Außerdem habe die Regierung eine wichtige Dogon-Miliz überhaupt erst gebildet, statte sie mit Waffen und Fahrzeugen aus. Vorwürfe, die die Regierung bestreitet. Auf die Interviewanfrage des Deutschlandfunks haben innerhalb von drei Wochen weder die beiden zuständigen Ministerien noch der Regierungssprecher positiv reagiert.
Im westafrikanischen Mali hat Amtsinhaber Ibrahim Boubacar Keita die Präsidentenwahl gewonnen.
Zunehmend unter Druck, auch von der eigenen Regierung: Malis Präsident Ibrahim Boubacar Keïta (AFP/Michele CATTANI)
Währenddessen scheint sich die Sicherheitslage im Zentrum von Mali von Monat zu Monat zu verschlechtern, vor allem im so genannten Dogonland in der Nähe von Mopti. Guillaume Ngefa leitet die Menschenrechtsabteilung der UN-Mission für Mali.
"Fast jeden zweiten Tag finden Angriffe statt. Mal zwei oder drei, mal einer am Tag. Mit Toten oder ohne. Aber selbst wenn die Angreifer unbeteiligte Zivilisten verletzen, ohne sie zu töten, ist das ein schwerer Verstoß gegen die Menschenrechte."
Wer steckt hinter diesen Angriffen? Diese Frage treibt die Malierinnen und Malier seit Monaten um. Sind es Selbstverteidigungsmilizen beider Volksgruppen? Bewaffnete Islamisten? Kriminelle Gruppen oder ausländische Söldner? Es gibt viele Hypothesen, noch mehr Gerüchte, keine Beweise.
"Soldaten kamen erst nach dem Massakker"
Auf dem Sofa in einem Wohnzimmer am Rande von Bamako sitzt ein junger Mann, 30 Jahre alt, sprechen will er nur im Schutz der Anonymität. Der junge Mann trägt ein Häkelkäppi und einen kurzen Bart, er gehört zum Volk der Fulani. Für das Interview ist er extra die rund 700 Kilometer aus Ogossagou gekommen, er gehört zur Selbstverteidigungsmiliz des Ortes. Ein Treffen mit einer weißen Reporterin ist in der Hauptstadt unverfänglicher als auf dem Land. Was der junge Fulani von dem Massaker in Ogossagou berichtet, ist verstörend: Die malische Armee und die Jäger der Dogon seien Komplizen.
"Ich bin mir dessen so sicher, weil wir mit den Dogon aufgewachsen sind. Wir kennen uns alle, kennen von allen auch die Familien. Und bei dem Angriff auf Ogossagou war ich ja selbst als Kämpfer vor Ort. Wir wurden von anderen Fulani vor dem Angriff gewarnt. Mein älterer Bruder alarmierte daraufhin den Kommandanten der Militärbasis von Bankass. Auch alle staatlichen Stellen, die man informieren konnte, haben wir alarmiert und um Hilfe gebeten. Die Soldaten sind erst gekommen, als das Massaker vorbei war. Während des Gefechts haben wir Leute in Uniformen der malischen Armee gesehen, mit kugelsicheren Westen und modernen Waffen, wie sie auch die malische Armee hat."
"Das waren keine Soldaten der malischen Armee, das muss ganz klar gesagt werden", betont Guillaume Ngefa, Leiter der Menschenrechtsabteilung der UN-Mission für Mali. Seine Abteilung hat eine Ermittlungskommission nach Ogossagou geschickt, an der Menschenrechtsexperten, Forensiker und Ballistiker beteiligt waren.
"Bei den Ereignissen von Ogossagou waren etwa hundert traditionelle Jäger der Dogon die Täter, begleitet von jungen Männern aus den Dörfern der Nachbarschaft."
Mit dabei waren auch Männer in militärischen Uniformen, das bestätigt Ngefa. Aus seiner Sicht ist das jedoch kein Beleg für die Beteiligung der Armee: Uniformen sind überall erhältlich, in der Region sind außerdem etliche Selbstverteidigungsmilizen aktiv, die zum Teil straff militärisch organisiert sind und entsprechende Uniformen tragen.
Misstrauen gegen Staat und Armee
Angesichts der vielen Toten bezeichnet Ngefa den Angriff als ein mögliches Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sei er doch geplant, organisiert und koordiniert gewesen. Wer dahinter steckt, und warum die Armee erst nach dem Ende des Gemetzels eintraf, bleibt trotz der UN-Ermittlungen weiterhin unklar. Das schürt Angst, weitere Gerüchte und das Misstrauen gegen Staat und Armee. Deren Rolle, vor allem ihr Verhältnis zu den Dogon-Milizen, scheint immer wieder problematisch.
Im Radio läuft Musik der Fulani, ein lokaler Sender widmet sich besonders der Kultur dieses Volkes. Er gehört zu einer Internationalen Kulturorganisation der Fulani. Im Innenhof von deren Hauptquartier in Bamako sitzen zehn Männer auf Bastmatten, vertreiben sich die Zeit. Sie kommen aus dem Dorf Moniékana im Zentrum von Mali.
"Ich heiße Boukary Bila Tamboura. Sie sind in unser Dorf gekommen. Sie haben keine Fragen gestellt, sie haben einfach alle Männer aus den Hütten geholt, haben uns gefesselt, geschlagen und verhaftet – Jäger der Dogon zusammen mit Soldaten. Sie haben uns auf alle erdenkliche Weise misshandelt – ich weiß gar nicht, welche Quälerei sie uns nicht angetan haben."
Der 41-Jährige redet ruhig und unaufgeregt. Nach der brutalen Festnahme im Dorf habe das Militär sie über zwei Monate im Gefängnis gehalten. Seit zehn Wochen sind sie frei und in Bamako, unsicher, ob sie in ihr Dorf zurückkehren dürfen.
"Bis jetzt hat uns niemand gesagt, was man uns vorgeworfen hat. Aber während sie uns prügelten, haben sie immer wieder gesagt: Ihr seid schlechte Menschen!‘"
Gemeint war vermutlich der Vorwurf, die Dorfbewohner seien Sympathisanten oder Mitglieder einer der bewaffneten Gruppen. Auslöser dieser Verdächtigungen ist die Tatsache, dass der radikale Prediger Amadou Koufa, selbst ein Fulani, im Zentrum Malis besonders viele Fulani rekrutierte. Koufas Gruppe Katiba Macina ist mit dem Terrornetzwerk Al-Qaida und anderen islamistischen Gruppen in Mali verbündet. Vier von ihnen haben sich im März 2017 zusammengeschlossen, nennen sich Gruppe zur Unterstützung des Islam und der Muslime. Boukary und die anderen Männer in dem Innenhof betonen, mit den Islamisten nichts zu tun haben, sie sogar ihrerseits zu fürchten.
"An dem Tag, als sie uns verhaftet haben, wurden zwei Menschen zu Tode geprügelt. Wir wissen, dass sie durch die Schläge gestorben sind. Sie hatten uns zwar die Augen verbunden, aber wenn derjenige geschlagen wird, der neben dir sitzt, dann hörst du ja die Schreie und die Schläge. Einer ist noch vor Ort gestorben, der andere später im Krankenhaus."
Anderen mussten Arme oder Hände amputiert werden, berichtet Boukary, weil sie durch die zu engen Fesseln abgestorben waren.
Islamisten werden als Sicherheits-Garanten gesehen
In einigen Fällen hat die malische Regierung Übergriffe der Armee gegen die Bevölkerung zugegeben, darunter im Juni vergangenen Jahres außergerichtliche Hinrichtungen mit dutzenden Toten, die in Massengräbern gefunden wurden.
"Jeder, der in diesem Land lebt, wurde schon Opfer der Regierung."
Eine propagandistische Übertreibung, sie zeigt einen Ausschnitt aus der islamistischen Weltsicht: Derjenige, der diesen Satz sagt, gehört zur Terrorgruppe von Amadou Koufa, der Katiba Macina, die im Zentrum Malis operiert. Ein Mittelsmann hat den Kontakt hergestellt. Der Gesprächspartner gibt nur sein Alter an: Er sei 40. Unter seinem blauen Gewand zeichnet sich ein hagerer Körper ab. In der Terrorgruppe ist er, wie er sagt, für Öffentlichkeitsarbeit und so etwas wie "psychologische Kriegsführung" zuständig: Aus ihren Camps im Busch komme er regelmäßig in die Städte, um zu hören, was über die Islamisten geredet werde, und um neue Anhänger zu gewinnen.
Seine ersten Antworten im Gespräch sind Propaganda. Mit der Zeit wird er persönlicher und erzählt schließlich doch, was ihn vor rund drei Jahren zu den Islamisten trieb.
"Ich habe mit Zucker, Tee und vielen anderen Dingen gehandelt. Ich bin auf die Wochenmärkte in der Umgebung gefahren. Die Zollbeamten, die Polizisten – alle haben mir ständig Geld abgezwungen. Wenn du Glück hast, fragen sie dich an einem Tag nur ein Mal. Meist kommen sie ständig. Ständig! Vor allem wenn sie sehen, dass du Tee und Zucker dabei hast. Sie behaupten dann, dass das Schmuggelware ist, dass du keinen Zoll bezahlt hast, dass du das schwarz aus Mauretanien eingeführt hast und jetzt Zoll nachzahlen musst. Für alles, auch für Kekse und Speiseöl, verlangen sie Geld. So viel, dass dir am Ende nichts bleibt."
Islamisten ziehen immer mehr Malier in ihren Bann
Vor rund drei Jahren hätten dann auch Übergriffe der staatlichen Sicherheitskräfte gegen Fulani begonnen.
"Einige haben sie verhaftet und getötet. Andere haben sie verhaftet und eingesperrt. Einige haben sie verhaftet und verschwinden lassen. Wir wissen nicht, ob sie noch leben oder tot sind. In meiner Familie wurden mehr als 10 Menschen getötet."
Etwa zur selben Zeit habe die Katiba Macina die Kontrolle auch über sein Dorf übernommen.
Kämper der islamistischen Gruppe Ansar Dine in der Wüste nahe Timbuktu, Mali.
"Sie schlagen im Koran nach, welche Strafe demjenigen für sein Vergehen zusteht. Sie bringen nie jemanden einfach so um." - Kämper der islamistischen Gruppe Ansar Dine nahe Timbuktu. (picture alliance / AP Photo)
"Was mich von der Gruppe überzeugt hat, ist das: In meinem Dorf habe ich erlebt, was sie mit denjenigen tun, die etwas Falsches tun. Sie schlagen im Koran nach, welche Strafe demjenigen für sein Vergehen zusteht. Sie bringen nie jemanden einfach so um. Wenn ein Fall sie überfordert, kontaktieren sie einen der Höherstehenden. Was die Regierung macht, hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun."
Er aber heißt gut, was nicht zu rechtfertigen ist: Terroranschläge, den Mord an vermeintlichen Feinden des Islam, das Verminen von Straßen und Pisten, Entführungen, drakonische Strafen bei Verstößen gegen die vermeintlichen Regeln des Koran. Doch zieht die islamistische Ideologie immer mehr Malier in ihren Bann.
"Das liegt daran, dass die Menschen Fragen, Probleme und Bedürfnisse hatten. Die Möglichkeit, sich in diesen extremistischen Gruppen zu engagieren, erschien ihnen wie eine Art Antwort."
Baba Dakono arbeitet für das afrikanische Institut für Sicherheitsstudien ISS, er leitet das Büro in Bamako.
"Wir haben die Gründe für ihr Engagement untersucht und sind auf viele verschiedene Faktoren gestoßen. Am häufigsten genannt wird das Bedürfnis nach Schutz. Der religiöse Aspekt ist nicht der bestimmende, er spielt eher eine nachrangige Rolle."
Um die Attraktivität der Terrorgruppen zu brechen, heißt das, müsste vor allem der Staat seine ureigenen Pflichten erfüllen: Leben und Besitz schützen, Recht sprechen, Machtmissbrauch verhindern.