"Bei Ursula von der Leyen weiß man nicht, was man hat", sagte der Sozialdemokrat Andreas Schieder, der für die österreichische SPÖ im EU-Parlament sitzt, im Deutschlandfunk. Bis vor wenigen Tagen sei sie nie Teil der Diskussion gewesen und habe sich bislang auch nicht allen Fraktionen in Straßburg vorgestellt.
"Ich halte sie für den Posten für denkbar schlecht geeignet", sagt Schieder, und zwar auf Grundlage des Wenigen, was er bisher über sie wisse, vor allem aus der Innenpolitik. Als Demokrat werde er sich anhören, was sie in den kommenden Wochen zu sagen habe. Er geht aber davon aus, dass er von der Leyen "wahrscheinlich nicht das Vertrauen geben" wird.
Auch eine "überwältigende Anzahl" anderer Sozialdemokraten werde wahrscheinlich nicht für von der Leyen stimmen. "Ich sehe eine starke Mehrheit innerhalb der Fraktion, die von der Leyen und dieses ganze Paket sehr kritisch sehen." Das gelte auch für EU-Parlamentarier anderer Fraktionen.
Grundsatzfragen "nicht vom Tisch wischen"
Es gehe aber nicht in erster Linie um ein grundsätzliches Nein zu von der Leyen. "Die grundsätzlichen Fragen liegen schwer im Magen, die sollte man nicht vom Tisch wischen." Schieder geht es um "eine klare Message" an die Staats- und Regierungschefs, die die vorliegenden "schlechten Vorschläge" ausgehandelt haben.
"Viele Leute von den 200 Millionen, die an der Europawahl teilgenommen haben, haben sich darauf verlassen, dass ihre Stimme insofern Berücksichtigung findet, dass die politische Diskussion, die Spitzenkandidaten am Schluss auch die Europäische Kommission formen werden." Der EU-Rat habe zugelassen, "dass jetzt ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, der meilenweit von dieser Idee entfernt ist".
Visegrad-Staaten hätten Vorschlag mit Timmermans "zerstört"
Das sei ein großer Vertrauensschaden bei den Wählern. Ein fast fertiger Vorschlag mit Frans Timmermans habe auf dem Tisch gelegen, sei allerdings "von Viktor Orbán und den Visegrad-Staaten zerstört worden" mit dem Argument, Timmermans "wäre zu sehr für die europäischen Grundwerte eingetreten". "Dass mit so einem Argument der Kandidat beseitigt wird, ist allein schon ein Wahnsinn", sagt Schieder, "eigentlich sollte Europa geschlossen für seine Grundwerte stehen."
Schieder fürchtet, das gesamte Spitzenkandidatenmodell der Europawahl könne auf Jahre tot sein, wenn das Parlament jetzt nicht "Zähne zeige".