"Das Grundwasser ist belastet, aber alle reden von den Winzern, und von den Bauern. Man redet nicht von, ich sag jetzt mal, der Stahlindustrie."
"Landwirtschaft steht mit dem Rücken zur Wand, weil wir heute in der Gesellschaft für Probleme verantwortlich gemacht werden, die eigentlich nicht durch die Landwirtschaft hervorgerufen worden sind, sondern durch Meinungsmache von NGOs und Organisationen, die eine andere Landwirtschaft wollen."
Hubert Pauly ist Winzer im Ahrtal, Theo Brauweiler betreibt Ackerbau bei Siegburg. Sie fühlen sich, wie so viele Landwirte, zu Unrecht an den Pranger gestellt. Doch die gesellschaftlichen Nebenkosten der modernen Landwirtschaft sind nicht mehr zu übersehen: Bienensterben, Vogelsterben, Nitrate im Trinkwasser, multiresistente Keime im Schnitzel und Pestizidreste in Obst und Gemüse. Intensiver Ackerbau und Massentierhaltung schaffen Probleme, die nicht nur die Landwirtschaft, sondern die gesamte Gesellschaft betreffen.
Gleichzeitig gibt die Europäische Union jedes Jahr mehr als 50 Milliarden Euro für die Unterstützung der Bauern aus. Der regelmäßige Scheck aus Brüssel macht für die Höfe bis zu 40 Prozent der Einnahmen aus. In Brüssel hat nun eine Debatte über den Umbau der Agrarsubventionen begonnen. Im Kern geht es um nicht weniger als um die Frage, welche Landwirtschaft wir haben wollen. Soll die Agrarproduktion weiter wachsen? Oder wollen wir lieber eine kleinbäuerliche Landwirtschaft? Soll das Fleisch vor allem billig sein oder gesund? Und wie wichtig ist der Klimaschutz, wie wichtig der Erhalt der Natur?
Absurde Verteilungspolitik
Europaabgeordnete wie Maria Noichl fordern, dass die Agrarmilliarden aus Brüssel der ganzen Gesellschaft zugutekommen müssten. Die 51-jährige Bayerin aus Rosenheim sitzt für die SPD im Agrarausschuss.
"Das Geld, das an die Landwirte geht, wird momentan hauptsächlich nach Fläche vergeben. Das ist absurd. Wir brauchen endlich eine Abkehr von der Flächenbezahlung hin zu einer klaren Bezahlung für eine klare Mehrwertleistung. Öffentliche Gelder nur noch für öffentliche Leistungen. Wenn ein Landwirt mit seinem Grund und Boden was Gutes für die Öffentlichkeit macht, soll er dafür entlohnt werden."
Honorieren will die SPD-Europaabgeordnete vor allem Leistungen, für die ein Landwirt auf dem Markt nichts oder zu wenig bekommt. Wenn er beispielsweise Hecken für Vögel und Insekten anlegt, wenn er auf Düngemittel verzichtet und auf chemische Pestizide, dann soll er dafür Geld aus Brüssel bekommen, meint die Abgeordnete Noichl.
Für all diese Leistungen gibt es bereits heute Zuschüsse, aber sie machen nur einen Bruchteil der Agrarsubventionen aus. Die großen Summen werden nach wie vor für die bloße Bewirtschaftung der Flächen bezahlt. Rund 300 Euro bekommt jeder Landwirt pro Hektar, egal, was er auf dem Acker macht. Mit dem Ergebnis, dass in der gesamten Europäischen Union ein paar Tausend Großbetriebe 80 Prozent der EU-Milliarden abschöpfen. Es gibt nur eine Bedingung für diese Beihilfen: Die Betriebe müssen sich an die bestehenden Umwelt- und Tierschutzgesetze halten.
Die SPD-Europaabgeordnete Noichl hält das für falsch:
"Die Umweltgesetzgebung, die Gesetzgebung im Tierschutz ist die erste Basis. Die muss stehen, und dafür darf der Landwirt auch kein Geld bekommen, wenn er sich an ganz normale Regeln hält. Wir bekommen auch kein Geld, wenn wir bei der roten Ampel stehen bleiben. Alles drüber, alles on top, das soll honoriert werden."
Die Europäische Kommission will am Freitag in Brüssel ihre Vorschläge für die künftige Agrarförderung vorlegen. Bislang ist durchgesickert, dass Subventionen pro Betrieb auf 60.000 Euro pro Jahr begrenzt werden sollen. Ausnahmen soll es geben, wenn die Betriebe besonders viele Arbeitskräfte beschäftigen. Dann sollen sie auch mehr als 60 000 Euro jährlich an Zuschüssen bekommen können. Zum anderen will die EU-Kommission den Mitgliedsländern mehr Spielraum einräumen bei der Umschichtung der Mittel von Direktzuschüssen auf Umwelt- und Tierschutzprämien. Damit könnten die nationalen Regierungen stärker als bisher selbst entscheiden, wie viel EU-Gelder Bauern ohne Bedingungen bekommen – und wie viel sie darüber hinaus erhalten, wenn sie Besonderes für Mensch- und Tiergesundheit oder Umwelt leisten.
Nagelprobe für Julia Klöckner
Die für Freitag erwarteten Vorschläge aus Brüssel sind nur der Anfang. In den nächsten Monaten wird es wohl noch heftigen Streit im Europaparlament und bei den Agrarministern geben - sowohl über die Begrenzung der Direktzuschüsse als auch über die Umschichtung der Mittel. Am Ende müssen Parlament und Ministerrat die Reform gemeinsam beschließen.
Für die neue deutsche Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, CDU, wird die Diskussion um die Reform der Europäischen Agrarpolitik die erste Nagelprobe sein. Bisher hat sie sich mit Stellungnahmen zur Zukunft der europäischen Landwirtschaft erstaunlich zurückgehalten. In ihrer Regierungserklärung vom vergangenen März blieb Julia Klöckner eher wolkig:
"Uns geht es darum, Wälder, Wiesen, Flüsse zu schützen, aber auch zu nützen. Das geht Hand in Hand, und ich meine, wir sollten uns nicht in den Grabenkämpfen festhalten, sondern Rückenwind für unsere grünen Berufe auch auf europäischer Ebene dadurch geben."
Die meisten Bauern sehen in der neuen Bundeslandwirtschaftsministerin eine Fürsprecherin, die in Brüssel ihre Interessen verteidigen wird. So wie der Winzer Hubert Pauly.
"Die richtige Frau am richtigen Platz."
Julia Klöckner kommt selbst von einem Winzerhof und hat als Weinkönigin um mehr Verständnis für die deutsche Landwirtschaft geworben. In den vergangenen Wochen versprach sie immer wieder, sich dafür einzusetzen, dass die Agrarbeihilfen aus Brüssel nicht gekürzt werden. Auch die von der Kommission geplante Kappungsgrenze für EU-Beihilfen auf 60 000 Euro pro Bauernhof lehnt Klöckner kategorisch ab. Da bleibt sie ganz in der Tradition deutscher Agrarminister, die sich in Brüssel seit Jahren vehement und erfolgreich dafür eingesetzt haben, dass auch Großbetriebe von der EU gefördert werden.
Wie sich die neue Ministerin für die Umwelt einsetzen will, dazu gibt es bisher allerdings wenig Hinweise. Verbindliche Umweltmaßnahmen als Bedingung für EU-Beihilfen etwa sind von ihr nicht zu erwarten. Da ist sie sich mit dem Deutschen Bauernverband einig.
Die Mehrheit der deutschen Landwirte lehnt jede Einschränkung und Veränderung der Agrarsubventionen kategorisch ab. Theo Brauweiler ist Vorsitzender des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes. Er hält es für eine Zumutung, wenn Bauern für die EU-Gelder zusätzliche Leistungen erbringen sollten. Die Bevölkerung profitiere doch längst von der Landwirtschaft, man brauche nur vor die Tür zu gehen:
"Wenn es die Landwirte nicht geben würde, dann hätten wir Teile des Rhein-Sieg-Kreises, der würde verbuschen, da würde Unland entstehen. Alleine schon der Erhalt der Kulturlandschaft ist ein Grund, um diese Beihilfen zu bekommen."
Gesellschaft schaut kritischer hin
Das Argument ist nicht neu und in der Agrarpolitik weit verbreitet. Aber es hat über die Jahre an Kraft verloren. Landwirtschaft leistet nicht nur einen Beitrag zur Kulturlandschaft, sondern schafft auch Agrarwüsten. Hinzu kommt eine zunehmend kritischere Haltung in der Gesellschaft: Immer schwerer werde es, klagt Hubert Pauly vom Weinbauverband Ahr, Gehör zu finden für die Anliegen der Landwirte.
"Wir haben ja heute das große Problem der Lobby. 1950 gab es drei Millionen Betriebe in Deutschland, landwirtschaftliche Betriebe. Heute gibt es noch zehn Prozent davon, 300.000. Und die schrumpfen immer mehr."
Jahr für Jahr geben zwischen zwei und drei Prozent der Bauern auf, meist, weil sie keinen Hofnachfolger finden. Seit Jahrzehnten warnen praktisch alle Landwirtschaftsminister, dass irgendwann die Lebensmittelversorgung gefährdet sein werde. Doch bisher ist stets das Gegenteil eingetreten. Die knapp 300.000 Bauernhöfe von heute produzieren fast doppelt so viel wie die drei Millionen Höfe von vor 70 Jahren. Hört ein Landwirt auf, wird auf seinem Land weiter gewirtschaftet; er verkauft oder verpachtet sein Land an einen anderen Hof - und der wird dann umso größer. Deutschlands Bauern produzieren weit mehr Milch und Fleisch, als hierzulande konsumiert werden. Die Folge sind fallende Preise, klagende Landwirte und ein aggressiver Agrarexport in Entwicklungsländer, der dort viele Bauern in den Ruin treibt.
Das Hauptproblem der europäischen Landwirtschaft ist nicht das Höfesterben. Dass jedes Jahr Bauern aufgeben, ist der Preis für den Produktivitätsfortschritt. Früher gab eine Kuh 3.000 Liter Milch im Jahr, heute liegt der Schnitt bei 9.000 Litern. Spitzenzüchtungen, sogenannte Hochleistungskühe, kommen auf 20.000 Liter Milch pro Jahr. Statt wie früher sechs Kühe hat ein durchschnittlicher Milchhof heute 60 Kühe. Hätten alle Bauern weitergemacht, dann müssten die Deutschen heute 30 mal mehr Milch trinken oder Käse essen als in den 50er-Jahren. Nicht anders sieht es bei Fleisch und Getreide aus. Auch hier produzieren immer weniger Landwirte immer mehr.
Lebensgrundlagen in Gefahr
Deshalb müssten die Agrarpolitiker in Europa umdenken, fordert der CDU-Europaabgeordnete Karl-Heinz Florenz. Florenz ist selbst Landwirt:
"Als ich meine Ausbildung angefangen hab, hatte mein Vater 80 Mastschweine, ich hatte dann eine Generation später 800, und mein Nachbarssohn, der den gleichen Betrieb hat, der hat jetzt 3.000. Wenn man sich das vor Augen hält, dann kann man nicht sagen, weiter so."
Die deutsche Nationale Akademie der Wissenschaften warnte vor kurzem, dass der Pestizideinsatz einen Punkt erreicht habe, an dem wichtige Lebensgrundlagen ernsthaft in Gefahr seien. Auch die Wasserwerke schlagen Alarm, weil die Gülleflut aus den Tiermastbetrieben auf den Äckern ausgebracht wird und das Trinkwasser schwer belastet. Ärzte warnen, der großzügige Einsatz von Antibiotika in der Tiermast gefährde Menschenleben, weil damit die Ausbreitung multiresistenter Keime gefördert werde.
Zwar sind in der EU Antibiotika als Mastbeschleuniger inzwischen verboten. Doch wenn ein Tier krank wird, darf in Deutschland der ganze Stall mit Antibiotika versorgt werden. Das haben die Bauernverbände durchgesetzt - mit dem Ergebnis, dass in Schweine- und Hühnerställen doppelt so viele Antibiotika eingesetzt werden wie in allen deutschen Krankenhäusern zusammen. Selbst Reservemedikamente - entwickelt für Menschen, bei denen sonst nichts mehr anschlägt - selbst solche Reservemedikamente werden in der Massentierhaltung eingesetzt. Damit verlieren sie ihre Wirksamkeit für die Behandlung von Menschen. Jedes Jahr sterben allein in Deutschland 15.000 Patienten an multiresistenten Keimen, gegen die kein Antibiotikum mehr hilft. Tendenz steigend.
Die Landwirtschaft ist nicht allein an dieser Entwicklung schuld. Aber sie trägt einen großen Teil der Verantwortung. Nicht nur in den großen Bauernverbänden, auch bei vielen Landwirten fehlt bislang jedes Problembewusstsein. Das Umdenken falle schwer, räumt der CDU-Politiker und Landwirt Florenz ein, gerade unter konventionell wirtschaftenden Bauern.
"Nicht jeder, der sich über die Nachhaltigkeit Gedanken macht, ist ein Aussteiger oder ein Träumer, sondern ganz im Gegenteil. Es kann so nicht weiter gehen. Es muss eine ökologische Komponente da rein, aber nicht als Almosen, sondern als Dienstleistungsauftrag."
EU-Parlamentarier drängen auf Agrarwende
Karl-Heinz Florenz gehört zu den Europapolitikern, die voraus denken, weil sie sich Sorgen um die Zukunft der Landwirte machen. Es geht ihm um Nachhaltigkeit, aber auch darum, die Einkommen der Bauern zu sichern.
Die die meisten Landwirte argumentiert der CDU-Politiker Florenz, das eigentliche Problem seien die niedrigen Preise. Wären die Konsumenten bereit, mehr zu bezahlen, dann bräuchten die Bauern keine EU-Zuschüsse. Dann würden sie mit weniger Chemieeinsatz bessere Produkte herstellen und die Umwelt schonen.
"Ich bleib dabei, dass es eine falsche Strategie ist, wenn eine Bauernfamilie 3.000 Mastschweine halten muss, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn sie nur halb so viele Schweine haben auf derselben Fläche, dann haben sie weniger Gülle, dann haben sie weniger Antibiotika, das würde allen helfen. Voraussetzung ist aber, dass der Landwirt sein Betriebsergebnis weitgehend über den Markt bekommt."
Wie das gehen soll, das weiß auch der CDU-Abgeordnete Florenz nicht. Er will sich nicht der Forderung vieler Landwirte anschließen, dass die Europäische Union wieder Garantiepreise einführen soll. Damit habe die EU zu schlechte Erfahrungen gemacht, sagt er.
Gut 30 Jahre lang garantierte die Europäische Union feste Preise für Milch, Fleisch und Getreide. Solange Lebensmittel knapp waren, funktionierte das gut. Die hohen Garantiepreise schafften Anreize für die Bauern, mehr anzubauen und ihre Ställe zu erweitern. Mitte der 70er-Jahre kippte das System: Europas Bauern produzierten mehr als die Europäer essen wollten.
Doch die Landwirte steigerten ihre Produktion immer weiter, schließlich lohnte es sich, selbst in schlechten Lagen anzubauen und selbst in schlechter Qualität zu produzieren. Die Europäische Union kaufte – wie zugesichert - die Überproduktion zu festen Preisen auf.
Das war die Zeit der Milchseen, der Butterberge, der Getreidehalden. Die EU gab Milliarden aus, um den Bauern unverkäufliche Agrarprodukte abzukaufen und weitere Milliarden, um sie zu vernichten - oder mit hohen Verlusten in Afrika loszuschlagen. In den 90er-Jahren zog die EU dann die Notbremse. Die Garantiepreise wurden abgeschafft und durch Prämien pro Hektar ersetzt. Es ging darum, die Bauern weiter zu unterstützen, ohne die Produktion anzuheizen.
20 Jahre später rückt nun ein anderes Problem in den Fokus. Die immer intensiver und industrieller betriebene Landwirtschaft belastet zunehmend Natur, Umwelt und Gesundheit. Im Europäischen Parlament drängen viele auf eine neuerliche Wende. Die EU gebe jedes Jahr 50 Milliarden Euro für die Landwirtschaft aus, meint die österreichische Abgeordnete Karin Kadenbach, damit müsste man die Landwirtschaft endlich zukunftsfähig machen.
"Da denke ich an eine Landwirtschaft, die ganz bewusst gesunde Produkte produziert. Und hier laufen die Förderungen noch in die falsche Richtung. Die zukünftige Agrarpolitik müsste viel mehr darauf ausgerichtet sein, dass jene gefördert werden, die weniger Pestizide einsetzen, die gesunde Produkte produzieren, die vielleicht in schlechteren Lagen produzieren. Das würde eine Landwirtschaftspolitik rechtfertigen, wenn man sagt, sie ist nachhaltig."
Fokus auf Bioprodukte
Jeder Hektar ohne Chemieeinsatz sei ein Gewinn für die Allgemeinheit, so Kadenbach, das nutze auch denen, die selbst keine Bioprodukte kauften.
Karin Kadenbach sitzt für die österreichischen Sozialdemokraten im Ausschuss für Umwelt-, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Österreich ist bei der Förderung der Biolandwirtschaft den EU-Partnern einen guten Schritt voraus und drängt in Brüssel darauf, Bioprodukte auch für Kunden mit kleinem Geldbeutel erschwinglich zu machen.
"Die Frage der Preise ist eine, die a) natürlich durch den Markt bestimmt wird, aber auf der anderen Seite durch unsere Förderpolitik. Und wenn ich biologische Landwirtschaft zum Standard mache und nicht zur Ausnahme, dann habe ich auch die Menge der Produkte am Markt. Und dadurch werden diese Produkte auch finanziell leistbarer."
Es sind zwei sehr unterschiedliche Sichtweisen, die da in Brüssel aufeinanderprallen. Die einen haben vor allem die Sicherung der bäuerlichen Einkommen im Blick und wollen möglichst wenig an den Agrarbeihilfen verändern. Die anderen fordern, die Agrarmilliarden der ganzen Gesellschaft zugutekommen zu lassen.
Am Ende der Auseinandersetzung wird ein Kompromiss stehen. So wie bei der letzten Agrarreform vor sieben Jahren. Damals wollte die EU-Kommission jeden Bauern verpflichten, mindestens fünf Prozent seiner Anbauflächen ökologisch zu bewirtschaften. Dieses sogenannte "Greening" wurde von den Agrarministern schließlich akzeptiert, aber vor allem auf Druck der Bundesregierung durch viele Ausnahmen verwässert. Christian Rehmer vom Bund für Umwelt und Naturschutz hält Greening dennoch für eine gute Idee.
"Der Gedankenansatz war: Die pauschale Flächenprämie wird nicht mehr nur noch für die Einhaltung von Gesetzen bezahlt, sondern es gibt eine kleine Kopplung an bestimmte Zusatzauflagen, nämlich das Greening. Dass das nicht besonders gut und nicht besonders hoch war, ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite aber war: Immerhin fing man an zu sagen, du kriegst das Geld nicht mehr nur so, sondern du musst ein bisschen was dafür tun. Und wir sagen jetzt: Das Wort bisschen sollte gestrichen werden. Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen."
Das ist die Forderung, hinter die sich Umweltschützer wie Rehmer und Europaabgeordnete wie Maria Noichl gemeinsam stellen. Sie wollen das vor sieben Jahren vorsichtig begonnene Greening jetzt entschlossen ausbauen. Doch der aktuelle EU-Agrarkommissar Phil Hogan hat offenbar etwas anderes vor: Der Ire will es den nationalen Regierungen überlassen, wie viel Umwelt- und Naturschutz sie ihren Landwirten abverlangen, welche Anforderungen sie an das Tierwohl stellen und wie sie mit den Antibiotika umgehen. Umso geringer ist der Druck, den eigenen Bauern etwas zuzumuten.
Deutschland könnte hier eine entscheidende Rolle spielen: Drängt Julia Klöckner - die Landwirtschaftsministerin des größten EU-Landes und größten Beitragszahlers in Brüssel - darauf, die Gesundheit der Verbraucher und den Umweltschutz in den Mittelpunkt zu stellen, dann hat das Gewicht. Klöckner hätte Verbündete: Dänemark macht längst vor, wie konventionelle Mastbetriebe mit weniger Antibiotika auskommen, durch bessere Haltung, weniger Transporte und größere Ställe. Österreich würde die Biobauern gerne stärker unterstützen und Frankreich hat bereits vor 20 Jahren angefangen, die Agrarzuschüsse für Großbetriebe zu kürzen.
Die entscheidende Frage ist, ob die Bundesministerin für Landwirtschaft und Ernährung sich zu einer echten Reform in der Agrarpolitik durchringen kann. Gegen den Willen vieler Bauern.