Es geht bei den EU-Außenministern in Luxemburg heute um die Lage in Syrien und in Libyen, um die Zusammenarbeit mit der Türkei und die Vorbereitung eines Gipfels mit den afrikanischen Ländern. Aber letztlich geht es im Kern immer auch oder sogar in erster Linie um das Flüchtlingsproblem. Und da die meisten Flüchtlinge momentan aus Syrien kommen, ist eine Befriedung Syriens ganz oben auf der Agenda, wenn es darum geht, an den Ursachen zu arbeiten, warum Menschen ihr Leben hinter sich lassen und oft genug riskieren. Deshalb will die EU nach den Worten der EU-Außenbeauftragten Mogherini, ihre diplomatischen Anstrengungen verstärken.
"Wir haben mit unseren Partnern in der Region beschlossen, endlich einen politischen Prozess zu starten, um den Krieg in Syrien zu beenden. Wir werden das unter dem Dach der Vereinten Nationen machen."
Undurchsichtige Rolle Russlands
Sicher ist, man wird auch mit dem syrischen Regime reden müssen. Und man wird Russland einbinden müssen. Russland spielt in Syrien eine wichtige, wenngleich nicht ganz durchsichtige Rolle, wenn es etwa um die Frage geht, gegen wen genau sich die aktuellen russischen Luftschläge in Syrien richten. Wirklich gegen IS-Extremisten? Oder sollen sie doch auch oder mehr noch andere Oppositionsgruppen gegen das Assad-Regime treffen?
Trotz des gespannten Verhältnisses zur EU, vor allem wegen des Ukraine-Konflikts, hat Russland in der vergangenen Woche im UN-Weltsicherheitsrat einem Mandat zugestimmt, dass das verschärfte militärische Vorgehen der EU im Mittelmeer gegen Schlepper auf hoher See billigt. Viele Schlepper agieren von Libyen aus, denn dort bleiben kriminelle Schlepperbanden nahezu unbehelligt, weil in Libyen politisches Chaos vorherrscht.
"Ohne Stabilisierung Libyens werden uns kaum entscheidende Schritte gegen die Migrationsströme aus Nordafrika und der Subsahara-Region gelingen."
Sagt Bundesaußenminister Steinmeier. Und deshalb knüpft er genauso wie die EU-Außenbeauftragte Mogherini erhebliche Hoffnungen an die Versuche des UN-Vermittlers Leon, aus zwei rivalisierenden libyschen Regierungen eine Einheitsregierung zu schmieden. Fortschritte auf diesem Weg scheint es in der vergangenen Woche gegeben zu haben. Ob das schon der erhoffte Durchbruch ist, werden die nächsten Wochen zu zeigen haben.
"Natürlich ist das zuallererst eine Sache der Libyer selbst. Aber ich hoffe, dass sie diese Gelegenheit wahrnehmen werden."
Zusammenarbeit mit der Türkei wird debattiert
Eine dritte außenpolitische Facette des Flüchtlingsthemas, über die die EU-Außenminister reden werden, ist die bessere Unterstützung für und bessere Zusammenarbeit mit jenen Ländern, die besonders stark von der großen Zahl der Flüchtenden aus Krisen-Regionen betroffen sind - teilweise deutlich stärker noch als die EU-Länder. Die Türkei etwa. Mit deren Präsident Erdogan sind in der vergangenen Woche bei seinem Besuch in Brüssel Grundzüge eines gemeinsamen Aktionsplans zum Umgang mit der Flüchtlingskrise vereinbart worden. Erdogan hatte schon länger mehr Unterstützung von der EU gefordert.
"In unserem Land sind heute fast 2,5 Millionen Migranten. 300.000 aus dem Irak, 2,2 Millionen aus Syrien. Wir haben die Menschen nicht einfach weitergeschickt."
Das soll und muss unterstützt werden – das war spätestens nach den Gesprächen von Erdogan mit EU-Kommissionspräsident Juncker klar. Es geht dabei genauso um gemeinsame Anstrengungen zur Verbesserung der Lebenssituation der Flüchtlinge in der Türkei wie zur Verhinderung von illegalen Migrationsbewegungen. Junckers Sprecher Margaritis Schinas:
"Wir müssen besser zusammenarbeiten. Der Wille, schnell zu konkreten Verabredungen zu kommen, ist eindeutig auf beiden Seiten da. Vorzugsweise sollen sie noch vor dem EU-Gipfel Ende der Woche vorliegen."
Allerdings ist dieser Zeitplan durch den blutigen Doppelanschlag am Samstag in Ankara wohl nicht mehr zu halten. Geplante Gespräche der EU-Kommission in Ankara Anfang dieser Woche sind wegen des schrecklichen Geschehens verschoben worden.
Nicht abschließend geklärt ist die umstrittene Frage, ob die Türkei, wie die sechs Länder des West-Balkans, als EU-Beitrittskandidat als sicheres Herkunftsland gelten kann. In dem Fall könnten aus der Türkei in die EU kommende Asylbewerber schneller zurückgeschickt werden. Wegen des Umgangs Ankaras mit den Kurden hat beispielsweise Bundesinnenminister De Maiziere weiter Bedenken:
"Es gibt darüber Diskussionen aber noch keine Entscheidung."